Am Montag gingen in Tschechien tausende Menschen auf die Straße. Sie protestierten gegen das umfangreiche Sparpaket der tschechischen Regierung und die damit einhergehende Senkung des Lebensstandards für tschechische Arbeiter:innen. Bestreikt wurde auch ein deutscher Konzern.
Anlass für die Proteste Anfang der Woche in Tschechien war ein “Konsolidierungspaket”, das der Präsident Petr Pavel letzte Woche unterzeichnet hatte. Dieses beinhaltet unter anderem einen Anstieg von Steuern für Arbeiter:innen, sowie das Streichen von Sozialleistungen. Zudem plant die tschechische Regierung zum Jahreswechsel eine Rentenreform, die das Renteneinstiegsalter erhöhen soll. Ein weiterer Grund für die Streiks und Proteste, vor allem an Schulen, ist die schlechte Bezahlung im öffentlichen Dienst.
Gewerkschaftsbund ruft zu landesweitem Streik auf
Der Böhmisch-Mährische Gewerkschaftsbund (ČMKOS) rief deshalb gemeinsam mit vielen weiteren Gewerkschaften zu einem landesweiten Streik am Montag auf. Zentrum der Proteste war Tschechiens Hauptstadt Prag, wo mehrere tausend Menschen demonstrierten. Bei den Aktionen kam es wiederholt zu Parolen und Rücktrittsforderungen gegenüber der Regierung.
Der Streik erfuhr weitläufige Unterstützung, laut einer Umfrage seien ungefähr zwei Drittel aller Tschech:innen auf der Seite der Protestierenden.
Streiks auch an Schulen und bei Škoda
Doch es wurde nicht nur in Prag gestreikt, der Protest fand über das ganze Land verteilt statt, so etwa auch in Jungbunzlau (Mladá Boleslav). Dort liegt das Stammwerk der Automobilmarke Škoda Auto, die vollständig dem deutschen VW-Konzern gehört. Dieses wurde ebenfalls bestreikt. Die Produktion in allen Škoda-Werken wurde für zwei Stunden eingestellt, und die Metallgewerkschaft KOVO rief zu einer Protestversammlung auf, an der laut eigenen Angaben zwischen 10.000 – 11.000 Menschen teilnahmen.
Das Konsolidierungspaket betrifft allerdings auch das tschechische Bildungssystem: Um das Haushaltsdefizit auszugleichen, soll unter anderem die Menge von Unterrichtsstunden verringert werden. Aus diesem Grund und um gegen die besonders schlechte Bezahlung von nicht-lehrendem Personal an tschechischen Schulen zu kämpfen, schlossen sich die Bildungsgewerkschaften der ČMKOS an und riefen ebenfalls zum Streik am Montag auf.
In der Folge blieben rund 7.000 Schulen in der Tschechischen Republik geschlossen und beteiligten sich stattdessen am Streik. In Prag kam es zu einer gemeinsamen Demonstration von Lehrer:innen und Schüler:innen. Diese endete am Bildungsministerium, wo dem zuständigen Minister Mikuláš Bek ein offener Brief mit scharfer Kritik überreicht werden sollte.
Kein Vertrauen in die Regierung?
Der Unmut gegenüber der tschechischen Regierung ist nicht neu. Bereits im September gingen in Prag mehrere tausend Menschen auf die Straße, um gegen dren Ukraine-Politik, aber auch die steigenden Lebenshaltungskosten zu protestieren. Diese Demonstration, die von der rechten PRO-Partei organisiert wurde, zeigt, dass die Tschech:innen einen Ausweg aus ihrer schlechten Lage suchen.
Tschechische Arbeiter:innen sind besonders hart von den Teuerungen der letzten Jahre getroffen worden. Insbesondere die Preise für Energie und Lebensmittel sind inzwischen so stark angestiegen, dass viele Tschech:innen harte Einschnitte machen müssen.
Sowohl wegen der turbulenten politischen und wirtschaftlichen Lage, als auch wegen Korruptionsvorwürfen mussten sich Ministerpräsident Petr Fiala und seine Regierung am 19. Oktober einem Misstrauensvotum unterziehen. Dieses konnten sie jedoch für sich entscheiden: 101 Stimmen wären nötig gewesen um Fiala abzusetzen, es stimmten jedoch nur 85 Abgeordnete dafür.