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Samstag, April 27, 2024
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    Frühe Bescherung des VGH Baden-Württemberg: Musikboxenverbot in Freiburg bleibt bestehen

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    Kurz vor Weihnachten hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg zum Eilantrag gegen das Musikboxenverbot in Freiburg entschieden und dem Klagebündnis eine Absage erteilt. Mit dem Beschluss hat der VGH die Praxis der Stadt Freiburg, junge Menschen aus dem öffentlichen Raum zu verdrängen, unterstützt und Tür und Tor für weitere Beschränkungen des öffentlichen Raums geöffnet. – Ein Kommentar von Alexandra Baer

    Der Verwaltungsgerichthof (VGH) Baden-Württemberg hat uns am 19. Dezember ein verfrühtes Weihnachtsgeschenk gemacht und den Eilantrag auf Außervollzugsetzung der Freiburger Parkanlagensatzung abgelehnt. Die Satzung über öffentliche Park-, Spiel- und Sportanlagen („Parkanlagensatzung“) wurde im Mai 2023 von der Stadt Freiburg erlassen und verbietet u.a. die Nutzung von Musikboxen und Musikinstrumenten in Parks nach 23 Uhr. Bei Verstoß gegen die Parkanlagensatzung können dreistellige Bußgelder oder sogar ein Nutzungsverbot des Parks verhängt werden. Die Ablehnung des Antrags durch das VGH bedeutet, dass die Satzung nun bis zur Entscheidung der Hauptsache in Kraft bleiben wird.

    Das Klagebündnis, das gegen die Parkanlagensatzung vorgegangen ist, zeigt sich betroffen und übt in ihrer Pressemitteilung Kritik am Beschluss des VGH. Antragstellerin und Klägerin Aenne Wagner kommentiert: „Für junge Menschen in Freiburg ist die Entscheidung ein weiterer Rückschlag. Ihre Interessen wurden erst vom Gemeinderat übergangen und werden jetzt auch von dem Gericht nicht ausreichend gewichtet.“

    Musikboxenverbot verdrängt junge Menschen aus öffentlichen Räumen

    Das Musikboxenverbot betrifft besonders junge Menschen, die öffentliche Parks als Orte der Erholung und des Austauschs miteinander nutzen. Gerade in Städten wie Freiburg, in denen die Stadt kaum Räume zur Verfügung stellt, an denen Jugendliche ohne Konsumzwang zusammenkommen können, sind Parks wichtige soziale und kulturelle Freiräume.

    Ein pauschales Verbot von Musikboxen und Musikinstrumenten von 23 bis 6 Uhr in öffentlichen Parks – ungeachtet der Lautstärke – stellt somit einen tiefen Eingriff in die Rechte von jungen Menschen und anderen Parkbesucher:innen dar. Das Verbot nimmt auch keine Rücksicht darauf, dass in Teilen von Freiburger Parks teilweise mehrere hundert Meter Abstand zu Wohnhäusern besteht.

    Kein Platz für die Jugend: Freiburg verbietet “Tonwiedergabegeräte” und “Musikinstrumente” in Parks nach 23 Uhr – Proteste laufen

    VGH: Keine Verhältnismäßigkeitsprüfung notwendig

    Der VGH Baden-Württemberg bewertet das Musikboxenverbot als weniger tiefgreifenden Eingriff: Es hat sich nicht mal mehr damit auseinandergesetzt, ob ein pauschales Verbot erforderlich ist und beispielsweise ein zielgerichtetes Verbot lauter Musik in der Nähe von Wohnhäusern ausreichend gewesen wäre. Rechtsanwalt David Werdermann kritisiert zudem, dass der VGH die Lebensrealität junger Menschen verkenne, indem es behauptet, dass junge Menschen nicht auf die Parkanlagen angewiesen sind.

    Es wird aber noch absurder: Der VGH hält das „beiläufige Spielen und Abspielen von Musik beim Laufen oder Radfahren“ für eine genehmigungsbedürftige und -pflichtige Sondernutzung von Straßen.“ Ein Weihnachtsspaziergang mit Musik muss also unbedingt genehmigt werden!

    Kläger und Antragssteller Maxim Kramer kritisiert auch: „Die rechtliche Bewertung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg öffnet über den Fall des Musikverbots hinaus Tür und Tor für weitere Beschränkungen des öffentlichen Raums ohne vernünftigen Grund. Laut dem Gericht handelt es sich bei der Parkanlagensatzung um eine Widmungsregelung mit der Folge, dass es auf die Verhältnismäßigkeit nicht ankommen soll. Das ist mit einem effektivem Grundrechtsschutz nicht vereinbar.“

    Klagebündnis will weiter gegen Musikboxenverbot vorgehen

    Die Kläger:innen haben bereits angekündigt, dass sie die Absage des VGH nicht auf sich sitzenlassen wollen und weitere rechtliche Schritte prüfen wollen. Gleichzeitig soll auf politischem Wege gegen die Freiburger Sicherheitspolitik vorgegangen werden.

    • Autorin Seit 2023. Angehende Juristin, interessiert sich besonders für Migration und Arbeitskämpfe. Alexandra ist leidenschaftliche Fußballspielerin und vermisst die kalte norddeutsche Art in BaWü.

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