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Machtkampf um Moldau und Transnistrien

In der prorussischen Seperatistenregion auf moldawischem Staatsgebiet, Transnistrien, soll möglicherweise ein weiteres Referendum abgehalten werden, um die Aufnahme in das russische Staatsgebiet durchzusetzen. Jedoch stehen weder Wille noch Sicherheit der Menschen in Transnistrien im Vordergrund.

Das geopolitische Tauziehen um den kleinen Staat Moldau an der ukrainischen Westgrenze zwischen Russland und der EU nimmt in den letzten Wochen offenbar an Fahrt auf.

Eine zentrale Rolle spielt dabei die separatistische Region Transnistrien im Osten des kleinen Landes, deren Regierung seit Jahren auf eine Aufnahme ins russische Staatsgebiet hinarbeitet.

Die prorussischen Kräfte in Transnistrien erhöhen den Druck

Für Aufmerksamkeit sorgte zuletzt, dass für den 28. Februar ein Kongress der „Abgeordneten aller Ebenen von Transnistrien“ angekündigt wurde. Dieses Gremium tritt sehr selten zusammen. Das letzte Mal im Jahr 2006, um ein einige Monate später stattfindendes Referendum zu planen, bei dem erstmals die Aufnahme in die Russische Föderation gefordert wurde.

Erwartet wird nun, dass entweder am 28. Februar ein neues Referendum beschlossen werden könnte, um der seit 2006 unerfüllt gebliebenen Forderung Nachdruck zu verleihen, oder der Kongress auf die seit 2006 bestehende Forderung verweist. Eine angekündigte Rede des russischen Präsidenten Wladimir Putin am nächsten Tag wird gewissermaßen als Reaktion auf diesen Vorgang erwartet.

Bemerkenswert ist auch, dass am 7. Februar in Russland ein Treffen zwischen dem prorussischen Politiker aus Moldau, Ilan Shor, und Leonid Kalaschnikow stattfand. Kalaschnikow ist ein russisches Regierungsmitglied und brachte Anfang 2022 persönlich den Gesetzesentwurf ein, mit dem beschlossen wurde, dass Russland die sogenannten Volksrepubliken Donezk und Luhansk anerkennen würde. Dieser Vorgang ging dem russischen Überfall auf die Ukraine am 24. Februar 2022 voraus.

Offenbar steigert Russland zugleich seine Bemühungen, Menschen in Transnistrien bereits die russische Staatsbürgerschaft zu verleihen. Der Prozess wird als bisher zu „bürokratisch“ beschrieben.

Selbst pro-westliche Beobachter:innen gehen davon aus, dass es sich bei den skizzierten Schritten auch um eine Reaktion darauf handelt, dass EU-Ratspräsident Charles Michel im Dezember 2023 bekannt gab, dass die EU nun Mitgliedschaftsverhandlungen mit Moldau vorbereite.

Gegen Russland und innere Proteste: EU will Republik Moldau „absichern“

Es bleibt unklar, wie es weitergeht

Trotz der oben skizzierten Parallelen, bleibt jedoch fraglich, ob auch der restliche weitere Verlauf der Auseinandersetzung dem in der Ukraine gleichen wird.

Der kleine Staat Moldau hat mit Rumänien und der Ukraine nur zwei Nachbarstaaten, wobei diese das Staatsgebiet komplett umschließen. Auch ein Zugang zum Schwarzen Meer fehlt dem Land mit seinen etwa 2,6 Millionen Einwohner:innen somit. Schon die Kontrolle und Versorgung eines solchen Gebiets würde wohl eine erhebliche Herausforderung für Russland darstellen. Außerdem würde eine Annexion des Gebiets mitten im Krieg mit der Ukraine als eine erhebliche zusätzliche Eskalation verstanden werden.

Beim pro-russischen Transnistrien jedoch handelt es sich jedoch um eine separatistische Region mit nur 470.000 Einwohner:innen, von denen laut russischer Regierung knapp über 200.000 russische Staatsbürger:innen sind. Offiziell und völkerrechtlich gehört das Gebiet zur Republik Moldau, faktisch jedoch steht es bereits stark unter russischem Einfluss und wird auch von russischen Soldat:innen besetzt.

Schon 1990 hatte dieses Gebiet seine Unabhängigkeit von der moldawischen Sowjetrepublik erklärt. Seit 1992 ist russisches Militär dort stationiert. Allerdings wird die Region offiziell von keinem Staat, auch nicht von Russland als unabhängig anerkannt.

Schon 2006 wurde dort eine Volksabstimmung abgehalten, mit dem Ergebnis, dass Transnistrien offiziell in das Staatsgebiet der Russischen Föderation aufgenommen werden solle. Dieser Wunsch wird immer wieder von transnistrischen Politiker:innen wiederholt, bisher jedoch nicht erfüllt.

Auch die Tatsache, dass der Konflikt schon derart lange ungeklärt anhält, lässt es eher unwahrscheinlich erscheinen, dass er nun – ganz plötzlich – zugunsten der russischen Föderation gelöst wird. Als Manövriermasse und Druckmittel im Machtkampf dienen Transnistrien, Moldau und seine Bewohner:innen jedoch allemal – für Russland und für die EU.

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