Derzeit beginnen die Verhandlungen über den nächsten Bundeshaushalt. Christian Lindner strebt dabei einen Sparkurs an, der in der Regierung nicht unumstritten ist. Der Militärhaushalt soll davon jedoch nicht betroffen sein.
Bis zum 19. April sollen die einzelnen Ministerien ihre Ausgabenwünsche für das kommende Jahr bei Bundesfinanzminister Christian Lindner geltend machen. Zuvor soll der FDP-Mann seine Regierungskolleg:innen jedoch schon mit Nachdruck darauf hingewiesen haben, welche Einsparungen er von ihnen erwarte, wie der Spiegel in einer Recherche berichtet.
Wo gespart werden soll und wo nicht
Das Nachrichtenmagazin beruft sich dabei auf erste konkrete Zahlen „aus Koalitionskreisen“. Demzufolge soll bei dem über die letzten Jahre stark angewachsenen Militärhaushalt, ebenso wie beim Umwelt- und Justizministerium nicht gespart werden. Die jeweiligen Haushalte sollen sich wohl in ähnlichen Größenordnungen bewegen, wie im laufenden Jahr, scheinbar aber auch nicht an die Inflationsrate von rund 3 Prozent angepasst werden. Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) wird aber wohl weiter auf das Sondervermögen für die Bundeswehr zurückgreifen können.
In anderen Ministerien sollen hingegen größere Einsparungen stattfinden: So soll der Etat des Außenministeriums von Annalena Baerbock (Grüne) um 1,6 Milliarden auf 5,1 Milliarden Euro abgesenkt werden. Laut Spiegel könnte es deshalb Einsparungen in humanitären Hilfsprogrammen oder der auswärtigen Kulturpolitik geben. Im Ministerium für „Entwicklungszusammenarbeit“ soll der Haushalt von 11,2 auf 9,8 Milliarden Euro reduziert werden.
Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) soll mit 39 Milliarden Euro, also rund fünf Milliarden weniger, haushalten müssen. Die etwa 900 Millionen Euro Einsparungen im Ministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend von Lisa Paus (Grüne) sollen vor allem Förderprogramme wie die Freiwilligendienste betreffen. Außerdem soll im Bundesbildungsministerium unter Bettina Stark-Watzinger (FDP) eine weitere Milliarde eingespart werden.
Von Arbeits- und Sozialminister Hubertus Heil (SPD) werden derweil wohl keine konkreten Einsparungen im Haushalt verlangt. Stattdessen soll ihm gegenüber intern klargestellt worden sein, dass sein Ministerium indirekte Einsparungen einbringen müsse. So hatte Christian Lindner bereits öffentlich eine „Vermittlungsoffensive” für Arbeitslose gefordert. Eine solche ist bereits für Ukrainer:innen angelaufen und soll nun auf alle Bürgergeldempfänger:innen ausgeweitet werden. Das passt zu den Bemühungen, die Sanktionsmaßnahmen beim Bürgergeld wieder auszuweiten.
„Konsolidierungskurs“ in der Regierung nicht unumstritten
Christian Lindner bezeichnet seinen Sparkurs selbst als „Konsolidierungskurs“. Dieser ist aber auch in der Bundesregierung nicht unumstritten. Das liegt nicht nur daran, dass die anderen Minister:innen aus Eigeninteresse über die Kürzungen in ihren Häusern aufgebracht sind.
Im Kern werden die Einsparungen v.a. deshalb kritisiert, weil andere Regierungsmitglieder dadurch wichtige Großprojekte in Gefahr sehen. Das gilt etwa für die Innenministerin Nancy Faeser, die für die innere Militarisierung Deutschlands zeichnet. Die SPD-Politikerin hatte erst zu Wochenbeginn in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung betont, dass es „Sicherheit […] nicht zum Nulltarif“ gäbe – und dabei wohl die Haushaltsverhandlungen im Hinterkopf. Ihr Etat soll um etwa 1,2 Milliarden Euro sinken, wie der Spiegel berichtet.
Genauso gibt es immer wieder Unzufriedenheit darüber, dass die Militärausgaben nicht noch weiter steigen oder der Inflationsrate angepasst werden.
„Kanonen und Butter, das ist Schlaraffenland“ – Aufrüstung auf dem Rücken der Arbeiter:innen
Daneben bestehen auch innerhalb der Ampel-Regierung Zweifel an Einsparungen im sozialen Bereich. So hatte Kanzler Olaf Scholz (SPD) bereits im Februar demonstrativ klar gemacht, dass Empfänger:innen von Sozialleistungen sich keine Sorgen um ihre Bezüge machen müssten. Auch Vizekanzler Robert Habeck pflichtet ihm bei: „Die Rechnung, wir bauen den Sozialstaat ab, denn wir brauchen mehr Geld fürs Militär, fände ich fatal“, so der Grüne in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.
Ebenda lässt Habeck aber auch vermuten, dass es Grünen und SPD dabei weniger darum gehen dürfte, die Armen in der Gesellschaft zu unterstützen, sondern sich selbst vor größeren Protesten zu schützen: „Wir sind nicht nur in einer Phase der äußeren Bedrohung. Auch die Demokratie ist unter Druck, viele Menschen wenden sich ab, der Kitt der Gesellschaft wird porös. Deswegen sind soziale Ausgaben nötig, um das Land zusammenzuhalten“, so Habeck.