Vorige Woche konnte die Gewerkschaft UAW im Süden der USA große Wahlerfolge bei VW erzielen. Jetzt will sie ihren Siegeszug fortsetzen und sich gegen ausländische Unternehmen wehren.
„Ich bin überwältigt, dass wir erreicht haben, was wir uns vorgenommen hatten“ und „sagt Mercedes, dass sie die nächsten sind“, verkündete die US-amerikanische VW-Mitarbeiterin Lisa Elliot ihre Freude und kämpferische Haltung nach der Abstimmung am letzten Freitag über eine gewerkschaftliche Vertretung bei Volkswagen in Tennessee.
Ein historischer Sieg
Beim VW-Werk in der Stadt Chattanooga, die im südlichen Bundesstaat Tennessee liegt, stimmten 73 Prozent der Beschäftigten für eine gewerkschaftliche Vertretung durch die United Auto Workers (UWA). In den Medien wird der Sieg der Gewerkschaft nicht grundlos als historisch bezeichnet: Es ist der erste Gewerkschaftssieg in einem Montagewerk im Süden der USA, das einem ausländischem Hersteller gehört. Die südlichen Bundesstaaten sind bekannt dafür, eher gewerkschaftsfeindlich eingestellt zu sein. Noch Anfang letzter Woche sprachen sich mit Tennessee sechs republikanische Gouverneure von US-Südstaaten gegen die Gewerkschaft aus.
Für Arbeiter:innen des VW-Werks bedeutet diese Errungenschaft, dass sie erstmals ihre Tarifverträge und Arbeitsregelungen als Mitarbeiter:innen nicht alleine aushandeln müssen.
Kämpferisch weiter im Süden
Die UAW zeigt sich über die Erfolge bei VW sehr froh, aber noch lange nicht zufrieden. Über die letzten Jahre haben sich zahlreiche Hersteller aus dem Ausland in südlichen Bundesstaaten angesiedelt, um dort vor der sonst sehr mächtigen UAW sicher zu sein.
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Nun möchte die Gewerkschaft ihren Wahlerfolg fortsetzen und auch bei anderen Unternehmen angreifen. Sie fordern unter anderem Arbeiter:innen bei Mercedes, Toyota, BMW und Honda dazu auf, sich zu organisieren. Dabei führen sie z.B. an, dass sich der Gewinn von Mercedes allein in den letzten Jahren um 200 Prozent erhöht habe. Anstatt nun die Rekordgewinne mit den Arbeiter:innen zu teilen, seien im Zeitraum von März bis November letzten Jahres 1,9 Millionen US-Dollar für Aktienrückkäufe ausgegeben worden. Auch für andere Unternehmen kritisieren sie die enorm hohen Profite und extrem geringen oder null Lohnsteigerungen für die Arbeiter:innen an.
Vom 13. bis zum 17. Mai werden in Alabama Wahlen der UAW-Gewerkschaft stattfinden, der Wahlkampf läuft vor allem nach dem jetzigen Erfolg bei VW auf Hochtouren. Bei Mercedes werden rund 5.000 Arbeiter:innen die Chance haben, für die UAW zu stimmen.
„Die Mitarbeiter sind Mercedes scheißegal“
In ihrem Wahlkampf fokussiert sich die Gewerkschaft auf Mercedes und hat in Deutschland formal Beschwerde eingelegt: Der UAW-Präsident Shawn Fains wirft Mercedes vor, in den USA aktiv eine Gewerkschaftsgründung zu verhindern. Zum Beispiel soll Arbeiter:innen mit einer Betriebsschließung gedroht worden sein, wenn sie eine Arbeiter:innenvertretung bilden wollten, und es seien deswegen auch schon Personen gefeuert worden. Konkret lautet die Anschuldigung, gegen das deutsche „Lieferkettengesetz” zu verstoßen. Dieses Gesetz verbietet es Konzernen, „das Recht der Arbeitnehmer auf Gründung einer Gewerkschaft zu missachten“, so Fains.
Der Kampf zwischen UAW und Mercedes und den anderen Unternehmen bleibt spannend. Ob die Gewerkschaft bei den anstehenden Wahlen im Mai weitere Erfolge für sich erzielen kann und auch die Frage, ob die Vorwürfe gegen Mercedes fallen gelassen werden oder eine strafrechtliche Verfolgung für das Unternehmen mit sich ziehen, bleibt noch abzuwarten.