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Streikwelle rollt weiter: ÖPNV-Arbeiter:innen in NRW stimmen mit 97% für unbefristeten Streik

In Nordrhein-Westfalen haben die Beschäftigten des Öffentlichen Personennahverkehrs mit überwältigender Mehrheit für einen unbefristeten Streik gestimmt. Bislang gingen die Forderungen der sie vertretenden DGB-Gewerkschaft ver.di und die Angebote der kapitalistischen ÖPNV-Betriebe deutlich auseinander. Ob es nun auch wirklich zu einem unbefristeten Streik kommt, entscheiden die Stellvertreter:innen von ver.di.

Seit dem 19. März fand in NRW eine Urabstimmung bei ver.di statt. In dieser konnten die Arbeiter:innen entscheiden, ob sie einem unbegrenzten Streik, einem sogenannten „Erzwingungsstreik”, zustimmen oder nicht. Das Ergebnis wurde am Dienstagnachmittag, 10. April, veröffentlicht: 97 Prozent der Befragten stimmten pro Erzwingungsstreik. Damit haben die Arbeiter:innen in großer Einigkeit gezeigt, dass sie bereit sind, den Arbeitskampf konsequenter zu führen, als es von Seiten der Gewerkschaft bis jetzt der Fall war.

NRW: Erneuter Streik im ÖPNV am Donnerstag

Die Forderungen von ver.di an die ÖPNV-Betriebe

Die Forderungen selbst sind – wie von den DGB-Gewerkschaften gewohnt – sehr niedrig gehalten:

  • Entlastungstage für alle Beschäftigten im ÖPNV,
  • identischer Ort für Arbeitsbeginn und -ende,
  • Zulage ab dem 1. Tag bei vorübergehender Übertragung höherwertiger Tätigkeiten,
  • Schicht- und Wechselschichtzulage für den Fahrdienst,
  • 100 Prozent Jahressonderzahlung (auch Weihnachtsgeld genannt),
  • Überstunden ab der 1. Minute und in der individuellen Stufe ohne Abzug,
  • Zulage für Vorhandwerker/Gruppenführer/Teamleiter nach individueller Stufe.

Diese Forderungen wurden bis jetzt von den Verkehrsbetrieben nicht angenommen. Ihre Vertreter:innen begründen dies mit der Unterfinanzierung der Kommunen. Dementsprechend stellten sie eigene Forderungen „zur Steigerung der Produktivität“ in der ersten Verhandlungsrunde auf.

Die Gegenforderungen der ÖPNV-Unternehmen

  • 43 Stundenwoche freiwillig,
  • Überstunden werden regelmäßig ausgezahlt,
  • Abbau soll nachrangig erfolgen,
  • Anreizsysteme zur Übernahme zusätzlicher Dienste auf betrieblicher Ebene regelbar,
  • im Krankheitsfall eine Vergütung nach Tabellenentgelt, nicht nach dem Durchschnittsverdienst der letzten 3 Monate,
  • Vorweggewährung von Entgeltstufen zur Personalbindung,
  • Streichung des Kündigungsschutzes nach 15 Beschäftigungsjahren,
  • Möglichkeit für Beschäftigte, nach Eintritt in die Regelaltersrente weiterzuarbeiten,
  • Laufzeit deutlich über den 31.12.2025 hinaus.

Zusammenfassend fordern die Verkehrsbetriebe demnach: mehr arbeiten, auf Dauer weniger Geld verdienen und weniger Rechte für den Schutz der Arbeiter:innen.

Ob der unbefristete Streik kommt, ist fraglich

Auch wenn das neue Abstimmungsergebnis die Kampfbereitschaft der Arbeiter:innen eindeutig zeigt, ist nicht davon auszugehen, dass ver.di den rechtlichen Rahmen voll ausschöpfen wird. In der sozialdemokratischen Logik der DGB-Gewerkschaften heißt es gewissermaßen: „Sozialpartnerschaft zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer statt Klassenkampf“.

Von Seiten der DGB-Gewerkschaft wird folglich der Kompromiss mit der Kapitalseite gesucht. Deshalb ist davon auszugehen, dass ver.di im Sinne der Sozialpartnerschaft versuchen wird, auch diesen Kampf der Arbeiter:innen zu entschärfen. Ob der Streik letztlich kommt, hängt also vor allem davon ab, inwiefern die Arbeiter:innen konsequent ihre Interessen durchsetzen und somit Druck auf ihre Gewerkschaft ausüben.

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