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Mittwoch, Mai 1, 2024
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    Streikwelle rollt weiter: ÖPNV-Arbeiter:innen in NRW stimmen mit 97% für unbefristeten Streik

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    In Nordrhein-Westfalen haben die Beschäftigten des Öffentlichen Personennahverkehrs mit überwältigender Mehrheit für einen unbefristeten Streik gestimmt. Bislang gingen die Forderungen der sie vertretenden DGB-Gewerkschaft ver.di und die Angebote der kapitalistischen ÖPNV-Betriebe deutlich auseinander. Ob es nun auch wirklich zu einem unbefristeten Streik kommt, entscheiden die Stellvertreter:innen von ver.di.

    Seit dem 19. März fand in NRW eine Urabstimmung bei ver.di statt. In dieser konnten die Arbeiter:innen entscheiden, ob sie einem unbegrenzten Streik, einem sogenannten „Erzwingungsstreik”, zustimmen oder nicht. Das Ergebnis wurde am Dienstagnachmittag, 10. April, veröffentlicht: 97 Prozent der Befragten stimmten pro Erzwingungsstreik. Damit haben die Arbeiter:innen in großer Einigkeit gezeigt, dass sie bereit sind, den Arbeitskampf konsequenter zu führen, als es von Seiten der Gewerkschaft bis jetzt der Fall war.

    NRW: Erneuter Streik im ÖPNV am Donnerstag

    Die Forderungen von ver.di an die ÖPNV-Betriebe

    Die Forderungen selbst sind – wie von den DGB-Gewerkschaften gewohnt – sehr niedrig gehalten:

    • Entlastungstage für alle Beschäftigten im ÖPNV,
    • identischer Ort für Arbeitsbeginn und -ende,
    • Zulage ab dem 1. Tag bei vorübergehender Übertragung höherwertiger Tätigkeiten,
    • Schicht- und Wechselschichtzulage für den Fahrdienst,
    • 100 Prozent Jahressonderzahlung (auch Weihnachtsgeld genannt),
    • Überstunden ab der 1. Minute und in der individuellen Stufe ohne Abzug,
    • Zulage für Vorhandwerker/Gruppenführer/Teamleiter nach individueller Stufe.

    Diese Forderungen wurden bis jetzt von den Verkehrsbetrieben nicht angenommen. Ihre Vertreter:innen begründen dies mit der Unterfinanzierung der Kommunen. Dementsprechend stellten sie eigene Forderungen „zur Steigerung der Produktivität“ in der ersten Verhandlungsrunde auf.

    Die Gegenforderungen der ÖPNV-Unternehmen

    • 43 Stundenwoche freiwillig,
    • Überstunden werden regelmäßig ausgezahlt,
    • Abbau soll nachrangig erfolgen,
    • Anreizsysteme zur Übernahme zusätzlicher Dienste auf betrieblicher Ebene regelbar,
    • im Krankheitsfall eine Vergütung nach Tabellenentgelt, nicht nach dem Durchschnittsverdienst der letzten 3 Monate,
    • Vorweggewährung von Entgeltstufen zur Personalbindung,
    • Streichung des Kündigungsschutzes nach 15 Beschäftigungsjahren,
    • Möglichkeit für Beschäftigte, nach Eintritt in die Regelaltersrente weiterzuarbeiten,
    • Laufzeit deutlich über den 31.12.2025 hinaus.

    Zusammenfassend fordern die Verkehrsbetriebe demnach: mehr arbeiten, auf Dauer weniger Geld verdienen und weniger Rechte für den Schutz der Arbeiter:innen.

    Ob der unbefristete Streik kommt, ist fraglich

    Auch wenn das neue Abstimmungsergebnis die Kampfbereitschaft der Arbeiter:innen eindeutig zeigt, ist nicht davon auszugehen, dass ver.di den rechtlichen Rahmen voll ausschöpfen wird. In der sozialdemokratischen Logik der DGB-Gewerkschaften heißt es gewissermaßen: „Sozialpartnerschaft zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer statt Klassenkampf”.

    Von Seiten der DGB-Gewerkschaft wird folglich der Kompromiss mit der Kapitalseite gesucht. Deshalb ist davon auszugehen, dass ver.di im Sinne der Sozialpartnerschaft versuchen wird, auch diesen Kampf der Arbeiter:innen zu entschärfen. Ob der Streik letztlich kommt, hängt also vor allem davon ab, inwiefern die Arbeiter:innen konsequent ihre Interessen durchsetzen und somit Druck auf ihre Gewerkschaft ausüben.

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