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Samstag, April 27, 2024
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    Deutschland streikt sich warm – und das ist gut so!

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    Heute ist bundesweiter Klimastreik, gleichzeitig kommt es in weiten Teilen des Landes zu Warnstreiks im öffentlichen Nahverkehr. Der Zusammenschluss von Arbeitskampf und Klimakampf ist dabei extrem wichtig: Doch es braucht auch weiterhin Streiks, die über den tariflichen Rahmen hinausgehen! – Ein Kommentar von Konstantin Jung.

    Es ist wieder soweit, in Deutschland streiken Beschäftigte im öffentlichen Nahverkehr. Dabei wird mal wieder gehörig gewettert gegen diese vermeintlich Undankbaren, die ständig nur ihre Arbeit niederlegen würden. Passend dazu dreht sich ein Großteil der Berichterstattung nicht um die konkreten Forderungen der streikenden Arbeiter:innen, sondern vielmehr um die Sorge vieler anderer, nicht mehr von A nach B kommen zu können.

    Doch tatsächlich wirksame Streiks müssen eben schmerzen und stören. Es braucht diesen Druck auf die Unternehmen und Konzernchefs – quasi als Erinnerung, dass sie es sich in ihren Sesseln nicht zu bequem machen sollten. Umso wichtiger ist dabei auch der branchenübergreifende Klassenkampf und die Solidarität aller anderen Arbeiter:innen mit den Streiks.

    Klimakampf und Arbeitskampf: Hand in Hand

    Apropos branchenübergreifend: Der heutige Tag ist ein treffendes Beispiel für eine notwendige Verbindung verschiedener sozialer Kämpfe: Dass bundesweit, mit Ausnahme von Bayern, im ÖPNV gestreikt wird und gleichzeitig Tausende in Klimaprotesten ihre Unterstützung zum Ausdruck bringen, setzt ein klares Zeichen.

    Nicht zuletzt, weil ein ausgebauter Nahverkehr unabdingbar für eine soziale sowie nachhaltige Gesellschaft ist. Eine Feststellung, der die Ampelkoalition zwar in Worten zustimmen würde, sie in der Realität aber doch nicht wird umsetzen können. Dass überhaupt in letzter Zeit so oft gestreikt wird, ist vielmehr eine Folge der unsozialen Politik der Regierung sowie darüber hinaus der kapitalistischen Krisen, die nun einmal regelmäßig zu Tage treten. Und Schuld sind natürlich auch die Unternehmen, die vielerorts nicht nur keine Angebote vorschlagen, sondern Tarifverhandlungen auch direkt absagen.

    Dabei sind die aktuellen Forderungen der Gewerkschaft ver.di nicht einmal besonders kämpferisch. Nicht zuletzt, weil sie sich je Bundesland teils stark unterscheiden und daran orientiert sind, was im vorherigen Tarifvertrag so stand. Für tatsächlich bessere Arbeitsbedingungen und angemessene Löhne, die nicht direkt von Inflation und Preissteigerung aufgefressen werden, braucht es deshalb Kämpfe, die den tariflichen Rahmen verlassen und mehr einfordern.

    Schon wieder Streiks im Nahverkehr? – Die Forderungen der ver.di im „Klassenkampf-Check“

    Streik: Das Mittel unserer Wahl

    Bereits die – verhältnismäßig harmlosen – Warnstreiks der letzten Zeit rütteln an den Grundfesten des deutschen Arbeitsrechts. Im Zuge dessen sehen die bürgerlichen Medien zwar durchaus oft die Legitimität der Arbeitskämpfe – aber wehe, wenn es zu viele werden. Oder sie steigen gleich in direkte Hetze ein, wie es zuletzt die Berichterstattung um die jüngsten GdL-Streiks gezeigt hat.

    Dass Streiks also endlich wieder in aller Munde sind, ist ein überaus positives Zeichen. So bleiben sie am Ende ja doch das letzte Mittel, was uns als Arbeiter:innenklasse zur Durchsetzung unserer ökonomischen Interessen bleibt. Aber eben auch zur Durchsetzung unserer politischen Interessen.

    Jedoch sind politische Streiks nach deutschem Arbeitsrecht faktisch verboten und dadurch auch gefürchtet – geschweige denn der sagenumwobene Generalstreik. Aber nicht nur im Hier und Jetzt, sondern vor allem mit nüchternem Blick in die Zukunft, werden derartige Mittel wieder auf die Tagesordnung kommen müssen.

    Denn für simple Appelle an die Regierung und die Konzerne verbleibt keine Zeit. Die sich weltweit zuspitzenden Krisen – und so auch die Klimakrise – machen es schlicht und ergreifend notwendig, auch die Systemfrage zu stellen. Doch ein Systemwechsel kann natürlich nicht im Rahmen einer Tarifverhandlung erkämpft werden.

    Und ob es jetzt in der Pflege, am Hafen oder auf der Schiene ist: Diese Streiks gehören am Ende zusammen. So ist der heutige Aktionstag also eine weitere Erinnerung an die Wichtigkeit von branchenübergreifenden und konsequenten Arbeitskämpfen. Deutschland streikt sich also warm – und das ist auch gut so!

    • Seit 2022 politisch aktiv in Sachsen. Schreibt am liebsten über Antifa und Kultur im Kapitalismus. "Es gibt kein anderes Mittel, den Schwankenden zu helfen, als daß man aufhört, selbst zu schwanken."

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