Der deutsche Kriegsminister will die Militärhilfe für die Ukraine für dieses Jahr kurzfristig aufstocken. Der sonst auf Sparsamkeit bedachte Finanzminister hat schon Unterstützung signalisiert. Hintergrund ist die Sorge vor weiteren russischen Geländegewinnen im Krieg.
Folgt man der Argumentation der Ampelregierung, muss der Staat eisern sparen, können viele Projekte gerade im Bereich Bildung und Soziales derzeit nicht mehr finanziert werden. Besonders die FDP und ihr Finanzminister Christian Lindner verteidigen die Haushaltsdisziplin immer wieder als ihren Markenkern.
Umso verblüffender erscheint es, wie locker das Portemonnaie der Regierung und des Finanzministers sitzt, wenn es um Rüstungsprojekte und speziell die Ausstattung der ukrainischen Armee im Krieg gegen Russland geht. Wie die Bild am Sonntag meldet, hat das Verteidigungsministerium von Boris Pistorius (SPD) jetzt nämlich einen Mehrbedarf von 3,8 Milliarden Euro angemeldet, um die Ukraine mit neuem Kriegsgerät auszustatten — und muss sich um die Bewilligung wohl keine Sorgen machen.
Bisher hatte die Bundesregierung für dieses Jahr schon 7,1 Milliarden Euro an Militärhilfe für die Ukraine eingeplant. Das Problem: Den größten Teil dieses Betrags hat sie bereits ausgegeben — beziehungsweise für konkrete Projekte verplant. Für neue Vorhaben stünden deshalb nur noch 300 Millionen Euro bereit. Zu wenig, findet Pistorius. Denn Russland hat in den letzten Wochen neue Geländegewinne verzeichnen können und setzt die ukrainische Armee in Charkiw immer mehr unter Druck. Die Befürchtung im Westen ist groß, dass Russland viele Kräfte der Ukraine jetzt gezielt in Charkiw bindet, um im Verlauf des Frühsommers eine neue Offensive im südlichen Donbass zu starten.
Wie die New York Times in der vergangenen Woche berichtete, gehen Quellen im amerikanischen Staat jedoch davon aus, dass der russische Vormarsch gebremst oder sogar gestoppt werden könnte, wenn der Westen jetzt kurzfristig seine Unterstützung ausdehnt. Diesem Gedankengang dürfte auch Pistorius folgen. Noch im Juni will sich sein Ministerium die zusätzlichen Ausgaben vom Bundestag genehmigen lassen.
Das Finanzministerium ist grundsätzlich einverstanden: „An Deutschland darf eine Verstärkung der Verteidigung der Ukraine nicht scheitern. Wenn möglich, sollten wir in diesem Jahr weitere Waffen liefern“, sagte dazu ein Beamter des Finanzministeriums gegenüber der BamS. Eine Aussetzung der Schuldenbremse sei dafür nicht notwendig.
Auch für das nächste Jahr hat die Ampelregierung schon große Pläne im Rüstungsbereich: Für die Bundeswehr will Pistorius in 2025 6,7 Milliarden Euro an Mehrausgaben veranschlagen. An die Ukraine sollen 15 Milliarden Euro an Militärhilfen gehen.