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Samstag, Juli 27, 2024
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    Von Berlin bis nach Gaza: Tausende protestieren gegen die andauernde Nakba 2024

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    Auf der ganzen Welt gingen anlässlich des 76. Jahrestags der Nakba Tausende in Solidarität mit den Palästinenser:innen auf die Straßen. Sie forderten an diesem Kampftag besonders ausdrücklich ein Ende des Genozids in Gaza.

    Der 76. Jahrestag der Nakba am 15. Mai stand weltweit im Schatten der israelischen Angriffe auf die Palästinenser:innen im bekriegten Gazastreifen. Besonders die Situation in Rafah stand dabei im Mittelpunkt. Doch im Kontext der andauernden Nakba wird über diesen Krieg hinaus die Kontinuität der israelischen Politik beleuchtet. Weltweit flammte an diesem Kampftag die internationale Solidarität auf.

    Was die „Nakba” war – und warum sie noch heute andauert

    Proteste in Palästina und Israel

    Nördlich von Ramallah kam es in der Nähe einer jüdischen Siedlung zu Zusammenstößen von demonstrierenden Jugendlichen und israelischen Soldaten. Nach Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums wurde dabei ein 20-jähriger Student der Birzeit Universität, der im Flüchtlingslager Jalazoun nördlich von Ramallah wohnt, getötet und ein weiterer inhaftiert. Damit sind seit Jahresbeginn 170 Palästinenser im Westjordanland getötet worden – 476 seit dem 7. Oktober.

    Auch in Ramallah selbst, der wichtigsten Stadt im besetzten Westjordanland, fanden Veranstaltungen zum Nakba-Jahrestag statt, bei denen Tausende mit palästinensischen Fahnen und Schildern mit den Namen der Dörfer ihrer Großeltern marschierten. Palästinensische Demonstranten hielten bei einer Kundgebung in der Stadt Nablus im nördlichen Westjordanland Schlüssel für die Häuser, aus denen ihre Familien im heutigen Israel vertrieben wurden.

    Auch vor dem Campus der Universität Tel Aviv (TAU) fand am Mittwoch eine Demonstration zum 76. Jahrestag der Nakba inmitten des anhaltenden Krieges in Gaza statt. Die Demonstrant:innen setzten sich aus Palästinenser:innen und linken israelischen Aktivist:innen zusammen. Laut einer offiziellen Antwort der TAU auf den Protest hatten Studierende der linken arabisch-israelischen Hadash-Partei bei der Polizei die Erlaubnis beantragt, eine „ruhige Demonstration“ außerhalb des Campus abzuhalten. Die Polizei genehmigte den Antrag, verbot allerdings sämtliche Fahnen. Die Student:innen nutzten Wassermelonen als Symbol der Solidarisierung mit der palästinensischen Bevölkerung.

    Internationale Aktionen

    Pro-palästinensische Aktivist:innen haben am Mittwoch mit Demonstrationen vor Rüstungsunternehmen im Vereinigten Königreich gegen Waffenlieferungen an Israel protestiert. Eine Gruppe von Demonstrierenden blockierte in Glasgow den Eingang des Waffenherstellers Thales und forderte ein Ende der Lieferung von Munition und Waffen an Israel. Anlässlich des 76. Jahrestages der Nakba blockierten Mitglieder der Gruppe Palestine Action alle Eingänge des zum Konzern Elbit Systems gehörende Unternehmen UAV Engines Ltd. in Shenstone.

    Am Mittwoch gedachten auch die Studierenden im Großraum Chicago des 76-jährigen Gedenkens an die Nakba, u. a. an der DePaul University. Etwa 100 Studenten verließen dort gegen 15 Uhr die Universität und versammelten sich auf dem Universitätshof, wo sie eine Kundgebung abhielten. An diesem Ort steht auch ein pro-palästinensisches Studentenlager, eines der letzten in Chicago.

    Eine Gruppe von US-Bundesbediensteten versammelte sich am Mittwoch vor dem Weißen Haus, um gegen die Unterstützung der Biden-Regierung für Israel zu protestieren. Die Veranstaltung wurde von Feds United for Peace organisiert. Die Demonstrierenden, darunter aktuelle und ehemalige Mitarbeiter:innen der Bundesregierung, sagten, die USA seien zum Teil „direkt mitschuldig”, weil sie weiterhin „absolut bedingungslose” Kriegsfinanzierung leisteten.

    Aktivist:innen in Argentinien, Chile und Mexiko veranstalteten Proteste zum Gedenken an den Nakba-Tag, der an die Massenvertreibung von rund 750.000 Palästinensern aus dem heutigen Israel erinnert. Auch in Barcelona, Dublin, Quezon City, Sydney, Seoul, Amman und vielen weiteren Städten weltweit fanden Solidaritätsbekundungen statt.

    Widerstand in Deutschland

    Bundesweit fanden am Mittwoch Aktionen in Solidarität mit den unterdrückten Palästinenser:innen statt. Szenen wie z.B. in Frankfurt spielten sich vielerorts ab. Palästina-solidarische und revolutionäre Gruppen nahmen sich zusammen mit Passant:innen die Straßen und bekamen dabei viel Unterstützung aus den Blöcken: Parolen wurden zum Teil aufgegriffen und von Fenstern ausgerufen.

    Auch in Hamburg sind gestern Hunderte Menschen für den „Widerstand gegen den Zionismus, den Genozid, und den deutschen Imperialismus“ auf die Straße gegangen. Es war, wie an vielen Orten, nicht das erste Mal und „werde nicht das letzte Mal gewesen sein!“, so das Solidaritätsnetzwerk Hamburg. Mit der Losung „Vom Jordan bis zum Mittelmeer – schafft den Sozialismus her!“ soll ein Miteinander – und damit ein Ausweg aus der herschenden Aufwiegelung der israelischen und palästinensischen Arbeiter:innenklasse gegeneinander – aufgezeigt werden.

    Kämpferische Nacht in Berlin

    Anders als in den vergangenen Jahren erlaubten auch die Berliner Behörden die Demonstration anlässlich der Nakba am 15. Mai. Während tagsüber knapp 1.000 Personen verschiedenen Alters in Solidarität mit den Palästinenser:innen protestierten, zeigten in der Nacht viele junge, entschlossene und revolutionäre Teile der aktiven Solidaritätsbewegung ihren Kampfeswillen.

    Dabei kam es zu drei aufeinanderfolgenden unangemeldeten Aktionen, allesamt in Neukölln. Die erste Aktion startete gegen 21.30 Uhr mit ca. 200 Beteiligten; diese schafften es allerdings nur kurz auf die Sonnenallee, bevor die Polizei in dutzenden Mannschaftswagen eingriff. Über den Abend verteilt wurden 47 Personen festgenommen und fünf Anzeigen erstellt. Polizisten wurden dabei nicht verletzt.

    Die zweite unangemeldeten Spontandemonstration erfolgte kurz darauf auf dem Kottbusser Damm nördlich vom Herrmannplatz. Noch vehementer als vorher riefen die Demonstrant:innen die in Berlin kriminalisierte Losung „From the river to the sea – Palestine will be free“ für ein freies Palästina. Zudem wurden Barrikaden errichtet sowie Pyrotechnik und Feuerwerkskörper entbrannt.

    Die Polizei rückte etwas überrascht langsamer, jedoch zahlreicher als zuvor an, um die Situation unter Kontrolle zu bringen, und verhaftete zum Teil wahllos Passant:innen. Im Anschluss daran startete die dritte Aktion kurz vor Mitternacht wiederum an einem anderen Punkt: Nach einem ähnlichen Muster wie zuvor sammelten sich wieder über 100 Demonstrant:innen, dieses Mal vor dem Rathaus Neukölln, und marschierten über die Karl-Marx-Allee – erneut inklusive Barrikaden, Pyrotechnik und Feuerwerkskörpern.

    Die Demonstrant:innen erklärten mit dieser vermeintlich illegalen Aktionsform lautstark und entschieden den Kampf gegen die israelische Regierung, die Mittäterrolle der Herrschenden in Deutschland und deren Repressionsorgane wie Polizei und Gesetzgebung. Eine weitere große Demonstration fortschrittlicher bis revolutionärer Kräfte ist für Samstag 14 Uhr in Berlin angesetzt.

     

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