Im Juni hüllen wieder alle großen Unternehmen ihre Logos in Regenbogenfahnen. Ein echter Kampf für Freiheit und Gleichheit von LGBTI+-Personen muss sich aber gegen die Konzerne selbst richten. – Ein Kommentar von Julius Strupp.
Jedes Jahr im Juni schmücken sich alle möglichen Unternehmen, staatliche Behörden oder Prominente mit Regenbogenfahnen. Egal, ob wir uns in den nächsten Tagen die Social Media-Präsenz von der Commerzbank, Volkswagen oder einer x-beliebigen anderen Größe in der deutschen Wirtschaft anschauen: Alle stehen auf einmal für Vielfalt und ein diskriminierungsfreies Arbeitsklima.
So sind mehrere deutsche Monopole, darunter die Commerzbank, Telekom, BASF oder SAP in der PrOut@Work-Stiftung zusammengeschlossen, die sich nach eigenen Angaben dafür einsetzt, dass „Chancengleichheit für queere Menschen selbstverständlich“ wird. Auch auf den großen Paraden zum Christopher Street Day in deutschen Metropolen gehören Großkonzerne inzwischen mit eigenen Wagen fest zum Programm.
Hintergrund dieser Aktionen ist der „Pride”-Monat, der jedes Jahr im Juni begangen wird. Dabei soll die Gleichberechtigung von LGBTI+-Personen im Vordergrund stehen, also von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, trans- und intergeschlechtlichen Menschen. Das geht auf die „Stonewall”-Aufstände in New York im Juni 1969 zurück, die als Beginn der organisierten LGBTI+-Bewegung gelten.
Großkonzerne als Vorreiter im Kampf um Unterdrückung?
Die Stonewall-Aufstände richteten sich damals gegen die Schikanen der New Yorker Polizei an Treffpunkten von LGBTI+-Personen. Damit stehen sie ganz offensichtlich in einem Gegensatz zu der Entwicklung, dass sich heute die Herrschenden mit den symbolischen Farben ihrer Bewegung schmücken. Warum passiert das also?
Die angesprochene PrOut@Work-Stiftung bringt das Interesse deutscher Unternehmen dabei ganz gut auf den Punkt: „Von dieser Offenheit profitieren alle: Menschen und Unternehmen, Gesellschaft und Wirtschaft“, heißt es auf ihrer Webseite. Um das Kind beim Namen zu nennen, könnte man sagen, dass es für Großkonzerne mit ihren Diversitätsprogrammen vor allem darum geht, neue Kund:innen und Arbeitskräfte zu gewinnen und bestehende soziale Bewegungen in systemkonforme Bahnen zu lenken.
Dass deutsche Großbanken und Unternehmen an der Kooperation mit Regimen Geld verdienen, die zum Beispiel Homosexuelle aufs Brutalste unterdrücken, wird dabei geflissentlich übergangen.
Gemeinsam gegen das Kapital
Als LGBTI+-Personen sollten wir uns nicht auf ein Bündnis mit heuchlerischen Großunternehmen einlassen. Warum sollten wir uns an die Seite von Konzernen stellen, die unsere Kämpfe kapern und gleichzeitig an Kriegen und Preissteigerungen verdienen?
Als LGBTI+-Personen sind die meisten von uns Arbeiter:innen. Auch bei uns ist am Ende des Gelds noch zu viel Monat übrig, auch wir sind von der Kriegs- und Krisenpolitik dieses kapitalistischen Staats betroffen.
Den Kampf um unsere Rechte und gegen unsere besondere Unterdrückung können wir am besten führen, wenn wir ihn mit dem allgemeinen Klassenkampf verbinden und uns mit allen anderen Arbeiter:innen vereinen – gegen das Kapital, auch wenn es sich mit unseren Fahnen schmückt.