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Sonntag, September 8, 2024
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    Bundeswehr rekrutiert jährlich tausende Minderjährige

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    Jedes Jahr rekrutiert die Bundeswehr tausende minderjährige Jugendliche. Wie kommt es dazu? Und warum ist das für das deutsche Militär so wichtig?

    Aus einer Anfrage der Gruppe der Linken im Bundestag an das Bundesverteidigungsministerium ist hervorgegangen, dass in den letzten fünf Jahren insgesamt 7.681 Minderjährige von der Bundeswehr rekrutiert wurden.

    Möglich ist die Einberufung von Minderjährigen laut Bundeswehr, weil mit dem Abwarten des 18. Geburtstags ein Wettbewerbsnachteil gegenüber dem zivilen Bereich entstünde. Dort können Jugendliche schon mit 16 oder 17 Jahren ihren Karriereweg beschreiten.

    Dass Jugendliche sich bereits vor der Volljährigkeit dem Militär anschließen können, wird von Akteuren wie der Partei Die Linke oder Initiativen wie „Unter 18 nie!” immer wieder kritisiert: Deutschland würde sich nicht an dem internationalen Standard orientieren, nach dem Jugendliche erst ab 18 in das Militär eintreten dürfen.

    Nach einer Studie der Kinderrechtsorganisation „Child Soldiers International” aus dem Jahre 2018 rekrutieren rund 150 Staaten weltweit keine Minderjährigen. Eine Ausnahme sind unter anderem die USA und eben auch Deutschland.

    Machen, was wirklich zählt?

    Es scheint sich dabei also um einen Teil der Strategie zu handeln, mit der die Bundeswehr versucht, ihr Personalproblem zu lösen: Damit Minderjährige nicht auf ihre Anstellung beim Militär warten müssen und es sich währenddessen vielleicht nochmal anders überlegen, können sie direkt mit ihrer Ausbildung beginnen.

    Mit der Ausrufung der „Zeitenwende” durch Bundeskanzler Olaf Scholz am 27. Februar 2022 und dem Beginn des russischen Einmarschs in die Ukraine drei Tage zuvor wurde das deutsche Militär wieder zunehmend stärker in den Vordergrund der Gesellschaft gerückt. Allgemeiner Konsens der Parlamentsparteien, von den Grünen bis zur AfD, ist dabei, dass Deutschland aufrüsten müsse, um im sich zuspitzenden Kampf um die Neuaufteilung der Welt mithalten zu können.

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    Doch neben dem modernsten Kriegsgerät braucht es natürlich auch Soldat:innen, die dieses benutzen und im Zweifelsfall für die Interessen des deutschen Imperialismus und Kapitals damit in den Krieg ziehen können. Dementsprechend setzt die Bundesregierung neben dem 100 Milliarden Euro schwerem Sondervermögen für die Bundeswehr und einer Erhöhung des Wehretats im Bundeshaushalt dabei auch auf groß angelegte Werbekampagnen.

    Werbekampagnen für die Bundeswehr

    Zum Werbekonzept der „Truppe“ zählen unter anderem regelmäßige Rekrutierungskampagnen: 2023 startete beispielsweise die „Mach was zählt!“-Kampagne. Vor martialischen Bildern von Soldat:innen in Uniform, mit schwerem Gerät und Waffen, erscheint immer wieder der Slogan „Was zählt, wenn…?“

    Häufig wird bei solchen Kampagnen seit Beginn des Ukraine-Krieges besonders die Bedrohung durch Russland suggeriert. Doch auch für unsere Gesellschaftsordnung gibt es eine klare Botschaft: Freiheit und Demokratie sind bedroht! Um sie zu schützen, braucht es jetzt eine starke Bundeswehr, und vor allem braucht es dich!

    Für den Fall, dass die Werbekampagnen der Bundeswehr nicht aufgehen, bleibt immer noch die in den letzten Monaten heiß diskutierte Wiedereinführung der Wehrpflicht. Ein erster Vorstoß in diese Richtung ist die geplante Einführung der Musterung von Verteidigungsminister Boris Pistorius.

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    Was bringt die Jugend zum Militär?

    Dass sich scheinbar viele Jugendliche von den Werbekampagnen der Bundeswehr ansprechen lassen, ist keine große Überraschung: Immerhin verspricht sie eine sichere Anstellung und übernimmt vielleicht sogar die Kosten für den Führerschein oder das Studium. Gerade in Zeiten der jetzigen Krisen gelingt es so, Jugendliche ohne Perspektive gezielt anzusprechen. So erklärt sich beispielsweise auch teilweise der überproportional große Teil ostdeutscher Soldat:innen, die sich einberufen lassen.

    Für ihre Kampagnen setzt die Bundeswehr auch auf den gezielten Einsatz von Jugendoffizieren und Karrierebeauftragten. Regelmäßig besuchen sie Schulen, sowie Ausbildungs- und Jobmessen und halten dort Vorträge, berichten von ihren Erfahrungen beim Militär und beantworten alle möglichen Fragen. Da die Bundeswehr in Schulen offiziell keine Werbung für sich machen darf, treten Jugendoffiziere oft unter dem Deckmantel der politischen Bildung auf. Auch anziehende Plan- und Strategiespiele werden häufig durch die Bundeswehr organisiert.

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