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Donnerstag, September 5, 2024
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    Depot geht insolvent: Gründe und Folgen

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    In vielen Branchen gehen immer mehr Unternehmen insolvent. Nun auch das Möbelunternehmen Depot. Was hat die Insolvenz zu bedeuten?

    Wie das Handelsblatt berichtet, hat die Gries Deco Holding GmbH, ein deutsches Einzelhandelsunternehmen, das unter dem Markennamen Depot ein Filialnetz für Wohnaccessoires und Kleinmöbel betreibt, beim Amtsgericht Aschaffenburg ein Schutzschirmverfahren eingeleitet. Dadurch sollen begonnene Sanierungsverfahren gedeckt werden.
    Depot habe laut Eigentümer Christian Gries mit Konkurrenz durch Billig-Online-Shops wie Temu und Lieferkettenprobleme zu kämpfen. Ähnlich wie bei Galeria Karstadt Kaufhof (GKK) zahlen viele Filialen hohe Mieten für die Räumlichkeiten. Jetzt soll bei jeder einzelnen Filiale geprüft werden, ob sie eine Zukunft haben – und dementsprechend ob die Arbeiter:innen ihren Job behalten können.

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    Durch das Insolvenzverfahren ist es möglich, Arbeitsverträge ohne Rücksicht auf Kündigungsfristen und Vertragslaufzeiten zu kündigen. Bei Depot arbeiten insgesamt ca. 4.000 Arbeiter:innen. Gries meinte zwar, dass es keinen „Kahlschlag“, also keine Massenentlassungen geben werde, jedoch wurde in der Unternehmenszentrale das Personal schon um zehn Prozent gesenkt. Zudem rechnet der Verwalter der Depot-Insolvenz, Sven Tischendorf, damit, dass mit den Vermieter:innen der Filialen verhandelt werden kann, sodass z.B. die Miete an den Umsatz gekoppelt wird. Das sind Möglichkeiten, die die meisten Arbeiter:innen, die zur Miete wohnen, nicht haben.

    Insolvenzen nehmen an allen Ecken und Enden zu

    Im Falle von Depot ist es gut möglich, dass das Unternehmen aus der Insolvenz kommen kann, da die Liquidität, also die Zahlungsfähigkeit, hoch ist, weil es z.B. keine Bankschulden hat. Das ist aber nicht immer der Fall. Im ersten Halbjahr stiegen die Großinsolvenzen im Vergleich zum Vorjahr um 41 Prozent an. Das ist der höchste Stand seit fast zehn Jahren.
    Etwas mehr als ein Drittel der Unternehmen, die 2023 Insolvenz anmeldeten, konnten im ersten Halbjahr 2024 gerettet werden. Das erfolgte z.B. durch den Verkauf an einen Investor. Drei Jahre zuvor lag der Anteil der geretteten Unternehmen noch bei 57 Prozent. Der Einzelhandel ist besonders von Insolvenzen und Schließungen betroffen, wie die Beispiele Depot, GKK, GameStop oder Real zeigen.
    Auch bei Maschinenbau, Immobilienfirmen und den Automobilzulieferern nehmen Insolvenzen zu. In der Bau- und Immobilienbranche, wo die Auswirkungen besonders stark sind, stiegen im ersten Quartal die Insolvenzen um 18,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Diese Entwicklung wird nach Schätzungen bis 2026 anhalten.

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    Staatshilfen können Pleiten nur aufschieben

    Die Zahl der Insolvenzen geht auch hoch, da in der Corona-Pandemie viele Unternehmen Hilfe vom Staat bekamen, z.B. in Form von Steuergeldern zur Rettung oder einer Aussetzung der Insolvenzantragspflicht. Das Aufschieben von Pleiten durch staatliche Unterstützung ist nichts Neues: Bei der Weltwirtschaftskrise 2008/2009 wurden bereits hohe Staatskredite gewährt und auch 2023/24 haben die jeweiligen kapitalistischen Staaten ihre Banken mit Steuergeldern gerettet.

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    Diese Kapital-Maßnahmen sind aber nur ein kurzfristiges Mittel, um die Insolvenz von Unternehmen in die nächste Überproduktionskrise aufzuschieben. So musste die EZB in Folge der hohen Inflation der vergangenen Jahre beispielsweise den Leitzins erhöhen. Unternehmen die aufgrund der bisherigen Niedrigzinspolitik überlebem konnten (da sie sich massiv verschulden konnten) müssen nun jedoch höhere Zinsen auf ihre Schulden zahlen. Dies können sie sich oftmals nicht leisten und müssen Insolvenz anmelden.
    Für viele Arbeiter:innen bedeutet dieser Dauerkrisenmodus eine hohe Unsicherheit für die Zukunft. Es gibt quasi keine Branche mehr, die nicht von der Krise betroffen ist. Die Arbeitsstelle ist zunehmend allgemein bedroht, also auch unabhängig davon, wie lange man schon in einem Unternehmen arbeitet. Im Jahr 2020, als GKK schon einmal Massenentlassungen vornehmen wollte, schlossen sich die Arbeiter:innen zusammen und protestierten zum Teil erfolgreich für eine Zukunftsperspektive. Zugleich besteht weiterhin an vielen Stellen ein Arbeitskräftemangel sodass entlassene Arbeiter:innen meist neue Jobs finden.

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