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Sonntag, September 15, 2024
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    „Echte Kriege statt echte Liebe?!” – Protest gegen Rheinmetall-Deal beim BVB

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    In der Fußballbundesliga der Männer sorgt ein neuer Sponsorendeal für Furore: Borussia Dortmund will mit der Rüstungsschmiede Rheinmetall zusammenarbeiten. Unter Fans regt sich Protest, aber auch unter stadtteilpolitischen Organisationen in Dortmund. – Ein Interview mit Lars Winkert vom Solidaritätsnetzwerk über ihre Kampagne „Echte Kriege statt echte Liebe?!”.

    Ihr macht gerade eine Kampagne zum Thema Borussia Dortmund und Rheinmetall. Worum geht es dabei?

    Es geht um den Sponsoren-Deal zwischen der Geschäftsführung des BVB und dem Kriegswaffenproduzenten Rheinmetall. Die Firma ist ab dieser Saison „Champions Partner“ des BVB, was für sie zahlreiche Werbemöglichkeiten bedeutet – darunter Bandenwerbung im Stadion, aber auch weitere Vermarktungsrechte. Der Vertrag geht über drei Jahre und bringt über 20 Millionen Euro ein, was wohl überdurchschnittlich viel ist.

    Was stört Euch an dem Deal und warum habt Ihr Euch entschieden eine Kampagne dazu zu machen?

    Sowohl der Deal an sich als auch die Form der Kommunikation bewerten wir als hochproblematisch. In unserer Ortsgruppe, in der Nachbarschaft, den Fußballgruppen und Kneipen herrschte Wut und Enttäuschung: Werbung für einen Waffenkonzern gilt als unmoralisch und unpassend für einen Fußballverein.

    Und dann noch die Art und Weise: Kurz vor dem Champions League-Finale und der Sommerpause hatte die Geschäftsführung den Deal öffentlich gemacht, vermutlich um Proteste zu erschweren. Zudem wurde noch fälschlicherweise behauptet, Fanvertreter:innen seien in die Entscheidung miteinbezogen worden.

    Begründet wurde der Deal vom BVB damit, in diesen Zeiten „Verantwortung” für die Sicherheit Europas und der Demokratie übernehmen und eine gesellschaftliche Debatte anstoßen zu wollen. Nicht das Geld stand hier im Mittelpunkt, sondern u.a. die besondere Güte der Firma Rheinmetall.

    Wie sieht Eure Kampagne denn konkret aus?

    Die Kampagne läuft unter dem Motto „Echte Kriege statt echte Liebe?!“, weil der BVB ansonsten immer gerne mit „Echte Liebe“ wirbt. Wir wollen natürlich bestenfalls den Deal stoppen und sehen es als unsere Aufgabe an, über die moralisierende, intuitive Ablehnung des Deals hinauszugehen und ihn politisch zu diskutieren – das heißt aus einer sozialistischen und damit antimilitaristischen und antikapitalistischen Perspektive.

    Wir sind dafür jeden Samstag bei uns im Viertel auf der Möllerbrücke – also zugleich in Stadionnähe – zwei Stunden vor dem jeweiligen BVB-Spiel auf der Straße und protestieren. Dabei hat unsere Kritik drei Stoßrichtungen, die wir über Redebeiträge und Flyer verbreiten.

    Erstens zeigen wir auf, dass Rheinmetall eben keine Firma ist, die für Verteidigung und Demokratie steht, sondern für Profit mit extrem dreckigen Geschäften. Zweitens befördert “Sportswashing” für diese Firma zudem den allgemeinen Trend der Militarisierung der Gesellschaft, wodurch der BVB Teil davon wird. Drittens beschäftigen wir uns mit dem Vermarktungswahnsinn im Fußball allgemein. Dazu gehört auch das Sponsoring anderer dubioser Firmen (z.B. Sportwettenanbieter und „Fleischmafia“).

    Auch Infrastrukturmaßnahmen wie die Zerstörung eines Naherholungsgebiets neben dem Stadion für den Bau von VIP-Sponsoren-Parkplätzen schränken unsere Lebensqualität ein und torpedieren unsere Freude am Fußball. Wir adressieren in erster Linie die Leute unseres Stadtteils, würden aber natürlich auch an größeren Protesten mitwirken.

    Wie reagieren die Menschen auf Eure Aktionen und was sind Eure bisherigen Erfahrungen?

    Das ist natürlich eine Bandbreite: die Leute aus dem Viertel, aber auch die (anderen) BVB-Fans und Stadiongänger sind sehr diskussionsfreudig – sei es der Hinweis auf die Naivität des Protests oder auf die Notwendigkeit, sich gegen Russland nun doch verteidigen zu müssen. Oder es kommt die Kritik, dass die Frage von Aufrüstung und Werbung im Stadion erst einmal zwei getrennte Paar Schuh seien.

    Wir haben bereits mit mehreren Fans gesprochen, die aufgrund des Deals ihre Dauerkarten abgegeben oder das Fernseh-Abo gekündigt haben. Das Thema beschäftigt die Gemüter, und unsere Aktionen wecken Interesse bei unterschiedlichsten Leuten. Insgesamt erhalten wir – neben auch Ablehnung und Kritik – einiges an Zuspruch und auch an konkreter Unterstützung, in Form von persönlichem Engagement bei den und für die Protestaktionen.

    Wie geht es weiter?

    Wir werden den Antikriegstag am Sonntag, 1. September mit dem Thema BVB & Rheinmetall verbinden. Wir demonstrieren ab 14 Uhr auf dem Sonnenplatz. Natürlich können wir im Zuge unserer Demo „Gegen Krieg und Faschismus auf die Straße!“ noch stärker auf die Zusammenhänge von Klassengesellschaft und Krieg eingehen. Wir werden z.B. versuchen zu verdeutlichen, dass wir Arbeiter:innen im Krieg erst einmal gar nicht so viel zu verteidigen haben, da wir derzeit weder mitbestimmen können, noch am Profit teilhaben.

    Heute, am Samstag gibt es zudem ab 14:00 Uhr auch noch eine Kundgebung inklusive Live-Musik, Reden und kreativen Mitmach-Aktionen.

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