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Sonntag, September 15, 2024
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    „Kein Schritt in Richtung Kriegsdienst ohne Proteste“ – Interview mit „Nein zur Wehrpflicht“

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    Im August hat sich das Bündnis „Nein zur Wehrpflicht“ gegründet. Wir haben mit Leon Riedel aus dem Bündnis über dessen Ziele gesprochen.

    Vielen Dank, dass ihr euch Zeit für das Interview genommen habt. Kannst du uns ein bisschen darüber erzählen, wofür das Bündnis „Nein zur Wehrpflicht” steht?

    Wir sind ein Zusammenschluss von verschiedenen antimilitaristischen Gruppen, vor allem von Jugendgruppen. Letztlich kann man sagen, unser Name ist Programm: Uns eint, dass wir keinen Kriegsdienst leisten wollen und auch nicht, dass irgendwer sonst dazu gezwungen wird. Stattdessen wollen wir eine Gesellschaft, in der wir selbstbestimmt und in Frieden leben können. Wehrpflicht bedeutet das genaue Gegenteil: Man wird in einen Armeeapparat gezwungen, in dem man seinen Befehlshabern völlig ausgeliefert ist. Die Bundeswehr ist dabei für Missbrauch bekannt, vor allem patriarchaler und rassistischer Art. Eine Armee, die mehr Tote durch Suizide als durch Gefechtshandlungen hat, ist mit Sicherheit kein positiver Einfluss für junge Menschen.

    Über die Gewalt die man dort erfährt, kann auch kein noch so verlockendes Ausbildungsangebot hinwegtäuschen.

    Vor allem aber wollen wir nicht gegen Leute aus anderen Ländern in den Krieg ziehen und uns gegenseitig mit Leuten niedermetzeln, die genau wie wir zum Kriegsdienst gezwungen wurden. Wir sind nicht bereit, für die herrschende Politik zu töten oder zu sterben.

    Bisher hat Boris Pistorius ja lediglich das Modell „Neuer Wehrdienst” vorgestellt, also keine vollständige Wiedereinführung der Wehrpflicht. Warum haltet ihr es trotzdem für richtig, eine Kampagne gegen die Wehrpflicht durchzuführen?

    Dahinter verbirgt sich ein alter Trick, der in der deutschen Regierungspolitik eine lange Tradition hat: Anstatt solche umstrittenen Entscheidungen auf einen Schlag umzusetzen und so möglicherweise großem Protest ausgesetzt zu sein, wird das Ganze den Massen Stückchen für Stückchen verfüttert. Die Wirkung davon ist ein Gewöhnungseffekt, der die Proteste abschwächt. Für uns ist das kein Grund, nicht, sondern umso mehr aktiv zu sein. Wir denken, dass es von früh an Aufklärungsarbeit braucht. Wir wollen Leute sammeln, die bereit sind, aktiv zu werden und so in den entscheidenden Momenten möglichst großen Protest auf die Straße bringen.

    Pistorius’ neuer Wehrdienst: Was steckt dahinter?

    Aktionen wie die Teil-Musterung sind aus unserer Sicht nur ein Zwischenschritt in einer strategischen Überlegung der Regierung zur „Kriegstüchtigkeit”, die langfristig einen allgemein verpflichtenden Kriegsdienst beinhaltet. Daher wird auch das ein Anknüpfungspunkt für unsere Aktivitäten sein.

    Ihr sagt, dass ihr eine „gemeinsame Aktionstätigkeit gegen die Wehrpflicht und die Militarisierung” anstrebt. Wie soll das eurer Meinung nach aussehen? Und wie kann man sich beteiligen oder euch unterstützen?

    Wir haben vielfältige Aktivitäten in Planung oder sind schon dabei, sie umzusetzen. Das reicht von Aufklärung über den rechtlichen Hintergrund der Musterung über gemeinsame Auftritte bei antimilitaristischen Aktionen wie zum Beispiel am Antikriegstag bis hin zu lokalen Kampagnen-Treffen, bei denen sich alle mit ihren Ideen einbringen können.

    Wie bereits erwähnt, werden auch die Musterungsbriefe ein Anknüpfungspunkt für unseren Protest bieten. Unser Ziel ist, dass kein Schritt in Richtung Kriegsdienst ohne Proteste über die Bühne geht.

    Uns ist auch klar, dass es eine noch viel größere Bewegung braucht, um die Wehrpflicht gänzlich zu stoppen. Wir hoffen, dazu einen Beitrag leisten zu können. Wir rufen daher auch alle anderen auf, gegen diesen Angriff auf ein friedliches und selbstbestimmtes Leben aktiv zu werden.

    Infos, wie man am besten bei uns aktiv wird, findet man zum Beispiel auf unserer Website. Dort gibt es ein Kontaktformular und eine Auflistung der im Bündnis aktiven Gruppen, die man natürlich auch ansprechen kann.

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