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Sonntag, September 15, 2024
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    Streit bei ThyssenKrupp-Steel eskaliert – Zukunft der Arbeitsplätze ungewiss

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    Das Stahltochterunternehmen des Industriegiganten ThyssenKrupp steht vor einem Trümmerhaufen. Teile des Aufsichtsrats sowie des Vorstands kündigten ihren Rücktritt an. Die Zukunft von über 27.000 Arbeiter:innen ist ungewiss.

    Deutschlands größter Stahlhersteller steckt in der Neuaufstellung seiner Stahlsparte weiterhin in der Krise. Im Zuge einer anberaumten Aufsichtsratssitzung am 29.04.2024 sind vier Aufsichtsräte zurückgetreten, unter anderem Aufsichtsratsvorsitzender Sigmar Gabriel. Begründet wurden die Rücktritte mit der öffentlichen Umgangsform des aktuellen Konzernvorsitzenden Miguel Lopez gegenüber diversen Vorständen der Unternehmenssparte. Zudem werde man sich in Punkten der finanziellen Zukunft der Stahlsparte nicht einig.

    Gabriel monierte in seiner Abgangsrede über eine „beispiellose öffentliche Kampagne“, mit der Lopez gegen seine Stahlmanager vorgeht, von „schweren Vertrauensbrüchen“ war die Rede. Robert Habeck äußerte sich in einem interview mit der Rheinischen Post zum öffentlichen Schlagabtausch: „Die Situation bei Thyssenkrupp hat sich auf allen Seiten sehr unversöhnlich zugespitzt. Das ist kein guter Zustand.“

    Konsequenzen für Arbeiter:innen

    Im Zuge dieser personellen Umstrukturierungen können viele Arbeitsplätze in Gefahr geraten. In der Stahlsparte des deutschen Industrieunternehmens arbeiten über 27.000 Menschen, allein 13.000 davon in Duisburg.

    Die IG-Metall kritisiert diese Vorgänge. Man sei der Auffassung, dass die Entlassungen der drei Stahlvorstände das gesamte Vorhaben, die Unternehmenssparte zu verselbstständigen, nur behindern würde, von Rückschritten in der Unternehmensentwicklung ist die Rede. Rund ein Jahr nach dem Amtsantritt von Miguel Lopez stehe man jetzt vor einem Trümmerhaufen, der größer ist als zuvor.

    Die gemeinsamen Finanzierungspläne des Vorstands sowie Aufsichtsrats sahen vor, die in Duisburg ansässige Hüttenwerke Krupp Mannesmann GmbH (HKM) zu verkaufen. Expert:innen zweifelten an der finanziellen Nachhaltigkeit des Vorhabens, abgesehen davon, dass die Zukunft der etwa 3.000 Beschäftigen der HKM ungewiss sei. Schließlich hatte man sich schon vor einigen Jahren dazu entschieden, die erfolgreiche Aufzugssparte (ehemals „Thyssenkrupp Elevator“, heute „TKE“) des Mutterunternehmens zu verkaufen, um mit dem Erlös einen Erhalt der Stahlsparte garantieren zu können. Auch um den klimafreundlichen Umbau des Unternehmens zu gewährleisten war immer mehr Geld notwendig.

    Zukunft des deutschen Stahls

    Die deutsche Stahlproduktion steckt seit der Corona Pandemie in einer sich dauerhaft verschlimmernden Krise. Die schwache Konjunktur sowie günstigere Importe gestalten die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit im eigenen Land eher schwierig. Noch im Juli 2023 bewilligte die EU-Kommission ein Förderpaket für den deutschen Industrieriesen. Demnach sollten bis zu 2 Milliarden Euro in den Bau einer Anlage für die grüne Stahlproduktion investiert werden, bei deren Produktionsprozess keinerlei Kohlendioxid entstehen würde.

    Wasserstoff solle der neue Energieträger der Zukunft beim Stahlproduktionprozess sein. Das gesamte Vorhaben sollte sinnbildlich für den Beginn der Transformation Deutschlands als neuen Industriestandort markieren.

    Arbeiter:innen sind Kampfbereit

    Ali Güzel, der Betriebsratvorsitzende am Standort Duisburg/Beeckerwerth äußerte sich in einem WDR-Interview enttäuscht und wütend über die derzeitige Situation. Er sieht den Essener Vorstand des Unternehmens in der Verantwortung, machte aber auch klar, dass es mit ein paar einfachen Manager-Entlassungen nicht getan ist: „Der Vorstand muss gehen, aber die Probleme bleiben, das reicht nicht. Da kommen noch mal 50 Probleme dazu, es hat sich nichts geändert.“

    Auch die Postion des Konzernvorsitzenden Lopez sieht Güzel sehr kritisch. Er sei überzeugt, dass Lopez beauftragt worden sei, die Unternehmenssparte in die Insolvenz zu treiben, um diese aus dem Konzern loswerden zu können.

    Im Hinblick auf wahrscheinliche Zukunftsperspektiven ist Güzels Perspektive kämpferisch: „Die Politik darf sich auch nicht aus der Verantwortung ziehen. Wir haben 2 Milliarden Steuergelder bekommen für die Transformation des Betriebes, was richtig und wichtig ist. Wir als Belegschaft werden den Kampf annehmen. Wir werden den Herren in Essen zeigen, was Kampf heißt, uns kann man nicht so einfach rasieren.“

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