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Sonntag, September 15, 2024
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    Vom letzten zum nächsten Weltkrieg

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    Am 1. September 1939, heute vor 85 Jahren, begann der Zweite Weltkrieg mit einem Angriff vom faschistischen Deutschland auf Polen. Warum es im Kapitalismus immer wieder zu Kriegen kommt und warum auch wir uns heute auf einen möglichen neuen Weltkrieg zubewegen. – Ein Kommentar von Nadia Schuhmann.

    1933: Hitler vollzieht seinen Machtantrit – vorbereitet durch bedeutende Kapitalist:innen. Nach seiner Niederlage im Ersten Weltkrieg konnte Deutschland in der Konkurrenz mit anderen Staaten kaum mehr mithalten. Daher unterstützte das Kapital die Errichtung einer faschistischen Diktatur, die kompromisslos versuchen würde, Deutschland wieder zur wirtschaftlich und militärisch bedeutsamen Weltmacht zu machen.

    Der Zweite Weltkrieg zeigte dann, was passieren kann, wenn sich kapitalistische Staaten radikalisieren. Die aggressive Angriffspolitik nach außen und extreme Vernichtungspolitik nach innen, die viele Millionen Opfer forderten und denen erst durch den Sieg der Alliierten über Deutschland ein Ende gesetzt werden konnte, sollte eine Mahnung sein, es nie wieder soweit kommen zu lassen. Doch faktisch brechen heute überall auf der Welt wieder neue und mehr Kriege aus, und wir bewegen uns vielleicht schon jetzt auf einen neuen Weltkrieg zu. Warum?

    Warum entstehen immer wieder neue (Welt-)Kriege

    Im Kapitalismus stehen die Länder in Konkurrenz zueinander. Sie versuchen global größeren Einfluss zu erlangen, indem sich die nationalen Unternehmen über ihre eigenen Grenzen hinaus ausweiten, sich immer neue Märkte erschließen und immer höhere Gewinne erzielen. Die Welt ist heute vollständig unter Monopolen, den führenden Unternehmen, und deren Einflusszonen aufgeteilt. Um neue hinzu zu gewinnen, muss daher Krieg geführt werden. Krieg ist also die Fortsetzung von kapitalistischer Politik mit anderen Mitteln, nämlich militärischen.

    Seit Bestehen des Kapitalismus treten immer wieder Wirtschaftskrisen auf, die sich seit dem 20. Jahrhundert verschärfen. Meist handelt es sich um Überproduktionskrisen. Zu denen kommt es, wenn zu viel Ware produziert wird und nicht alles verkauft werden kann. Infolge dessen kommt es zu Warenüberschüssen, die Produktion wird verlangsamt oder eingestellt, wodurch Arbeiter:innen arbeitslos werden – weswegen auch ihre Kaufkraft weiter sinkt.

    Die Krisen, besonders Weltwirtschaftskrisen, begünstigen imperialistische Kriege. Denn Kriege bedeuten Zerstörung von Waren, Infrastruktur, Fabriken usw., betreffen aber eben auch Menschen, die diese herstellen und bedienen. Insofern wird das Problem der Überproduktion dadurch „gelöst“, als es durch die Zerstörung wieder ein Bedürfnis nach neuen Waren gibt. Gleichzeitig steigt die Nachfrage nach militärischen Gütern, also nach Munition, Waffen, Fahrzeugen etc., um sich zu behaupten. Diese Nachfrage entsteht schon vorher und bleibt während der Kriege bestehen, derweil die verlangsamte Produktion durch die Umstellung auf Kriegsindustrie wieder angekurbelt wird.

    An Krieg verdienen die Konzernchefs mehrfach: zum einen durch den Verkauf von Waffen, Munition oder Kriegsgerät und zum anderen durch die Beteiligung am Wiederaufbau der zerstörten Gebiete, da dort wieder Märkte für verschiedenste Waren geschaffen werden und sich die Unternehmen neue Einflusssphären sichern. Dieser Ablauf wiederholt sich immer wieder und kann innerhalb des Kapitalismus nicht gelöst werden. Das bedeutet, dass es notwendigerweise immer zu neuen Kriegen kommt. Und wenn sich die Fronten zwischen Mächten verhärten und es zu militärischen Konflikten zwischen ihnen kommt, entsteht ein neuer (Welt-)Krieg.

    Woran man sieht, dass wir uns auf einen neuen Krieg zubewegen

    Global zeigt sich schon seit längerer Zeit, dass die Konfliktherde wieder heißer werden. Und in den letzten zwei Jahren ist deutlich geworden, dass die Kriegsvorbereitungen wieder anlaufen. Mit dem Ausbruch des Kriegs in der Ukraine wurde der Konflikt zwischen Russland und der NATO verschärft. Länder in der Sahelzone nähern sich Russland an. Ebenfalls eine neue Eskalationsstufe hat Israels genozidaler Krieg in Gaza erreicht, der zunehmend droht, sich auf umliegende Staaten auszubreiten. Auch das Verhältnis zwischen China und den USA spitzt sich zu. Die Kontrolle über Taiwan wäre für China entscheidend, um in den Pazifik zu expandieren. Solange Taiwan aber von den USA unterstützt wird, bedeutet das für China einen gegnerischen Vorposten vor der eigenen Küste zu haben.

    Kriegsvorbereitungen in Deutschland

    Auch in Deutschland sind die Kriegsvorbereitungen in vollem Gange. 2022 wurde erstmals das 100 Milliarden-Sondervermögen für die Bundeswehr bewilligt, und jetzt wird über eine Wiedereinführung der Wehrpflicht diskutiert. Viele Politiker:innen sind sich einig, dass die Wehrpflicht wiederkommen soll und diskutieren, wie das umgesetzt werden könnte. Erste Schritte wurden beschlossen in Form von Fragebögen, die an junge Männer geschickt werden, die diese dann ausfüllen müssen. Ausgewählte Personen müssen sich dann einer Musterung unterziehen. Dieser Schritt ist nur einer der ersten – schließlich sind sich alle führenden Parteien einig, dass Deutschland kriegstauglich werden muss.

    Deutschlands Rüstungsindustrie produziert nicht nur Waffen, Munition und Kriegsfahrzeuge für den eigenen Gebrauch, sondern auch für verbündete Staaten. An die Ukraine wird immer wieder Nachschub geschickt und auch an Israel gehen beträchtliche Mengen Rüstungsgüter.

    In der NATO ist Deutschland hinter den USA eine der führenden Mächte und wird versuchen, sich im kommenden Krieg als imperialistische Macht zu behaupten und ein Stück vom Kuchen abzubekommen.

    Die deutsche Kriegsmaschinerie rollt – wer wird sie aufhalten?

    Widerstand gegen die Kriegspläne

    Die Frage danach, ob wir uns auf einen nächsten Weltkrieg zubewegen, ist damit bereits beantwortet. Heute stellt sich eher die Frage nach dem „wann”. Gerade scheuen sich einige Länder noch, wieder in militärische Auseinandersetzungen gegeneinander einzutreten, weil ihre Vorbereitungen noch nicht abgeschlossen sind. Aber die Staatschef:innen und Monopol-Herrschaften dieser Welt wissen, dass es dazu kommen wird. Die Politiker:innen rechtfertigen das Aufrüsten oft damit, dass es nur der Verteidigung gegen andere Staaten diene. Tatsächlich aber geht es um die Interessen der eigenen Monopole im globalen Konkurrenzkampf, der eben nicht nur wirtschaftlich, sondern auch zwangsweise immer wieder militärisch ausgetragen werden wird.

    Schon damals vor und während des Zweiten Weltkriegs haben sich Menschen gegen Militarisierung und Krieg zur Wehr gesetzt – verschiedenste fortschrittliche Kräfte bis hin zu Revolutionär:innen und Kommunist:innen, die unter schwersten Bedingungen im faschistischen Deutschland gekämpft haben und trotz der Übermacht des Feindes nie aufgaben. Trotz der anderen Situation heute stehen auch wir wieder vor der Aufgabe, nicht einfach zuzusehen, sondern Widerstand zu leisten gegen jegliche Kriegspläne und selbst dafür zu sorgen, dass sich Ereignisse wie im Zweiten Weltkrieg nicht mehr wiederholen.

    Dieser Text ist in der Print-Ausgabe Nr. 90 vom September 2024 unserer Zeitung erschienen. In Gänze ist die Ausgabe hier zu finden.

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