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Montag, September 9, 2024
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    10 Jahre Genozid an den Jesid:innen: Der Kampf gegen Patriarchat, Faschismus und Imperialismus hält an

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    Vor zehn Jahren wurden bis zu 10.000 Jesid:innen vom Islamischen Staat getötet und über 7.000 jesidische Frauen entführt. Noch immer werden in der betroffenen Region Massengräber als Folge des Genozids entdeckt. Die führende Kraft in der Bekämpfung des IS – die kurdische Befreiungsbewegung – erfährt bis heute von den beteiligten imperialistischen Kräften kaum Unterstützung.

    Am 3. August 2014 marschierte der Islamische Staat (IS) in der nordirakischen Sindschar-Region ein, welche traditionell von Jesid:innen bewohnt wird. Sie betrachten sich teilweise als ethnische Kurden, teilweise als eigenständige Ethnie. Nach seiner Invasion tötete der IS rund 10.000 Menschen, und etwa 400.000 Menschen wurden allein im Jahr 2014 aus ihrer Heimat vertrieben, etliche Frauen und Mädchen versklavt und vergewaltigt.

    Zuvor war der IS bei der Eroberung der nordirakischen Stadt Mossul an amerikanische Waffen gelangt, die zu den Beständen der irakischen Armee gehörten. Dahingegen waren die Jesid:innen kaum bewaffnet und in der Region eingekesselt. Der IS ging bei seinem Genozid systematisch vor: Jungen über 12 Jahre und Männer wurden massakriert, Kleinkinder und Frauen verschleppt und misshandelt. Letztere wurden dabei auch auf Sklavenmärkten oder online verkauft – diese kollektive Ausübung von patriarchaler Gewalt mitsamt tausenden Femiziden war von Beginn an geplant und wurde durch ein eigens von den islamischen Faschist:innen beauftragtes Gutachten als religiös gerechtfertigt legitimiert.

    Von den entführten Frauen ist nur etwa die Hälfte zurückgekehrt, wobei ein großer Teil der Rückkehrerinnen hoch traumatisiert ist – überwiegend ohne psychologische Hilfe. Außerdem wurden bis heute über 70 Massengräber in der Region entdeckt. Die Vereinten Nationen bezeichnen die Massaker und Versklavungen als Genozid, auch die BRD hat die Verbrechen im Januar 2023 als Völkermord anerkannt.

    Heuchelei der Imperialisten

    Seit September 2014 hatten sich die USA und auch Deutschland als Teil einer Anti-IS-Koalition mit Luftangriffen auf IS-Stützpunkte sowie Waffenlieferungen an die kurdische Autonomieregierung an den Kämpfen beteiligt. Während öffentlich zwar der Genozid an den Jesid:innen als Auslöser für die Beteiligung an den Kämpfen vorgegeben wird, war es wohl eher der Widerspruch zwischen den Interessen der NATO-Staaten und der weiteren Ausbreitung des IS, der ein Einschreiten der westlichen Kräfte erforderlich machte.

    Zuvor hatten dem IS insbesondere die USA als Gegenkraft zum Assad-Regime in Syrien genutzt und seine politische und militärische Entwicklung gedeihen lassen. Jedoch widersprach zu diesem Zeitpunkt die ungehinderte Ausbreitung der Fundamentalisten den Interessen der Großmächte: Erdölfelder in der Region sollten nicht dem Zugriff des Westens entzogen werden.

    Deutsche Waffen waren – zur Freude der Kassen der deutschen Waffenhersteller – auf beiden Seiten der Front zu finden: Einerseits lieferte die BRD Waffen an den NATO-Partner Türkei, über den diese Waffen in die Hände des IS gelangten. Andererseits wurden Waffen auch an kurdische Autonomiegebiete geliefert. Die im Kampf gegen den IS konsequentesten Kräfte, darunter die „Volksverteidigungseinheiten” (YPG) der „Partei der Demokratischen Union” (PYD), sowie die „Volksverteidigungkräfte” (HPG) der „Arbeiterpartei Kurdistans” (PKK) sind jedoch in Deutschland zum Teil als Terrororganisationen verboten und erfahren von den Imperialisten Repression und Hetze statt Unterstützung.

    Was tun gegen ihre Kriege?

    Die Rolle der kurdischen Befreiungsbewegung

    Die kurdischen Gebiete gelten als Bollwerk des Widerstands im Kampf gegen den IS. Trotz großer Verluste kämpften sich die kurdischen Verteidigungseinheiten nach dem Massaker einen Fluchtkorridor zu dem Berg Sindschar frei, der vom IS belagert wurde. Zu dieser Zeit waren es auch kurdische Verteidigungseinheiten, die den IS an der Eroberung der Stadt Kobanê in Syrien am entschlossensten verteidigten.

    Es bestanden die Befürchtungen, dass der IS bei einer Eroberung ähnliche Massaker an der kurdischen Bevölkerung begehen würde wie in der Sindschar-Region. Trotz einzelner Solidaritätsbekundungen brachen ebendiese jäh ab, als sich nach dem Sieg gegen den IS in Kobanê der antiimperialistische Charakter der Selbstverwaltungszone zeigte. Opportun stellte sich die „Anti-IS-Koalition“ nicht länger auf die Seite derjenigen Kräfte, die den IS bekämpften, sondern auf die Seite der imperialistischen Interessen in der Region.

    Insbesondere der türkische Staat steht dem Befreiungskampf der Völker in Westasien klar feindlich gegenüber und greift noch heute eben jene Einheiten an, die den faschistischen Söldnertrupps des IS schon immer die Stirn geboten haben. Die anhaltende Offensive in Nordirak/Südkurdistan legt bis heute die Verbindungen zwischen der Türkei und den islamistischen Fundamentalisten offen, die Hand in Hand die demokratische Revolution in Kurdistan bekämpfen.

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