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Mittwoch, April 24, 2024
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    65.000 „Linksextreme“ in Chemnitz?

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    Neuer sächsischer Verfassungsschutzbericht lädt zum Schmunzeln und Nachdenken ein. Alles gegen Rechts ist „linksextrem“ und damit gefährlich für die sogenannte „freiheitlich demokratische Grundordnung“? – Ein Kommentar von Kevin Hoffmann

    Dass die Institution Verfassungsschutz nicht so eine saubere Weste hat und systematisch auf dem rechten Auge blind zu sein scheint, mag nach den Enthüllungen um den Nationalsozialisischen Untergrund (NSU) wohl Niemanden mehr wundern. Mit dem aktuellen Verfassungsschutzbericht hat der Verfassungsschutz Sachsen den Vogel jedoch mal wieder abgeschossen.

    65.000 Menschen auf „linksextremem“ Konzert?

    Während Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) noch das mit Hilfe der Stadt Chemnitz organisierte Konzert „Wir sind mehr“ im vergangenen September lobte, sieht der Verfassungsschutz darin nun scheinbar eine Gefahr für die Demokratie.

    Im neuen Bericht wird das gesamte Konzert als „linksextrem“ eingestuft. Zur Begründung führt der Verfassungsschutz an: „Im Verlauf der Veranstaltung wurden u.a. die Parolen ,Nazis raus!’ und ,Alerta, alerta, Antifaschista’ skandiert.“ Die Parolen seien von der Bühne angestimmt und von den zehntausenden ZuschauerInnen auch noch begeistert mit gerufen worden. Für den Verfassungsschutz ist das Konzert dadurch zu einer Aktion der „autonomen Linken“ geworden und wird unter dem Titel „Musik als Mittel zum politischen Kampf“ aufgeführt.

    Nur einen Tag nach der Veröffentlichung ruderte der sächsische Verfassungsschutz dann auch wieder ganz weit zurück. So sei das doch alles gar nicht gemeint gewesen…

    Verfassungsschutz bleibt sich treu

    Während also AnhängerInnen der bürgerlichen antifaschistischen Bewegung zu bösen „Extremisten“ erklärt und dadurch mit den faschistischen Randalierern in Chemnitz auf eine Stufe gestellt werden, werden andere Rechtsradikale im Bericht gar nicht erst erwähnt.

    So ist die PEGIDA-Bewegung, die mittlerweile seit Jahren ihr Unwesen unter anderem in Sachsen treibt, für den Verfassungsschutz als „nicht extremistisch“ einzuschätzen. Entsprechend taucht sie im Bericht nicht eigenständig auf.

    Der Bericht zeigt mal wieder, dass die Forderung nach Abschaffung dieser Behörde längst überfällig ist. Damit würden dann auch wichtige finanzielle Quellen der faschistischen Bewegung in Deutschland versiegen.

    • Autor bei Perspektive seit 2017 und Teil der Print-Redaktion. Freier Autor u.a. bei „Junge Welt“ und „Neues Deutschland“

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