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Montag, April 29, 2024
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    Der deutsche Regenbogen-Imperialismus und die Allianz-Arena

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    Der:m aufmerksamen Beobachter:in des „öffentlichen Lebens“ dürfte in den letzten Tagen die absurde Diskussion um die Bestrahlung der Allianz-Arena in Regenbogenfarben nicht entgangen sein. – Ein Kommentar von Karl Bösherr

    Die Stadt München wollte als Zeichen ihrer Ablehnung der LGBTI+ feindlichen Politik Ungarns die Allianz-Arena in Regenbogenfarben erstrahlen lassen.

    Ungarn warf der Stadt daraufhin eine Verletzung des „Neutralitätsgebots“ der UEFA vor, und die wies die Stadt München an, die Bestrahlung des Stadions in Regenbogenfarben zu unterlassen. Laut ihrer Satzung sei die UEFA eine „politisch und religiös neutrale Organisation“. Da das Bestrahlen der Allianz-Aarena laut UEFA als politisches Statement zu verstehen sei, müsse darauf verzichtet werden. Stattdessen schlägt die UEFA vor, die Allianz-Arena am 28.06, also am „Christopher Street Day“, in Regenbogen zu bestrahlen. Dass sie damit dem Neutralitätsgebot selbst widerspricht, scheint nicht so recht aufzufallen, zeigt aber deutlich, dass es der UEFA eher um Diplomatie als um Prinzipien geht.

    Nun zur eigentlichen Frage, nämlich danach, was der tiefere Sinn dieser Aktion sein sollte. Oberflächlich betrachtet könnte man ja denken, dass „die Deutschen“ halt einfach so viel progressiver sind als diese „barbarischen“ Osteuropäer:innen. Es mag richtig sein, dass es unter einigen Ungar:innen wenig Widerspruch zur reaktionären LGBTI+ feindlichen Regierung gibt, was aber eher mit dem Aufblühen der faschistischen Bewegungen in allen ehemaligen Sowjetrepubliken zu tun hat, die von den lokalen Herrschenden massiv gefördert werden.

    Dass man den Ungar:innen aber mithilfe von Farbkombinationen ihr reaktionäres Gedankengut austreiben möchte, ist allerdings nicht nur illusorisch sondern auch einfach nur arrogant.

    Im Zuge dessen ist es ja dann auch erlaubt, die Gäste mit ihnen vermeintlich verhassten Symbolen zu demütigen. Was allerdings nicht falsch verstanden werden sollte ist, dass das Zeigen der Regenbogenflagge selbstverständlich legitim ist. In diesem Fall ist sie allerdings nur eine leere Symbolik, mit der provoziert und vor allem die Überlegenheit der Deutschen demonstriert werden soll. Denn wie heißt es so schön: „Am deutschen Wesen soll die Welt genesen“.

    Ob ein Mensch, ein Staat oder eine Nation aber nun fortschrittlich sind, wird zum Glück nicht an irgendwelchen Symbolen bemessen, sondern an seinem Klassencharakter und den konkreten Handlungen.

    Betrachtet man zum Beispiel die politischen Entscheidungen der letzten Jahre, so sieht man, dass auch in Deutschland die Rechte von LGBTI+ Personen nur durch konstantes Ankämpfen gegen eben jene Politiker:innen, die jetzt auf „woke“ machen, durchgesetzt werden können.

    Ein Beispiel: Im Mai hat der Bundestag eine Reform des „Transsexuellengesetzes“ diskutiert, das trans Menschen erleichtern sollte, eine geschlechtsangleichende Behandlung zu bekommen, sowie den Personenstand, also das im Ausweis angegebene Geschlecht, ändern zu lassen. Selbst dieser Antrag, der nun wirklich nicht revolutionär war, wurden in allen Punkten abgelehnt und zwar von denselben politischen Kräften, die jetzt eine bunte Allianz-Arena fordern.

    Und auch sonst wurden fortschrittliche Gesetzesänderungen nur mit langen Kämpfen, und zwar immer gegen die herrschende Klasse, durchgesetzt. Dass diese herrschende Klasse, das heißt die Politiker:innen, Fußballkapitalist:innen und die Monopol-Bourgeoisie, aber nun fordert, mit den „Zeichen der Zeit zu gehen“, sollte jede:n stutzig machen. Denn kehrt man dies um, wird ein Schuh daraus: setzen sich die Massen nicht kämpferisch für das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung und für die Freiheit über den eigenen Körper zu bestimmen ein, so werden die Herrschenden diese Rechte mit Füßen treten.

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