In Halle jährte sich der Tag des antisemitischen und rassistischen Anschlags zum zweiten Mal. Betroffene und deren Freund:innen kämpfen noch immer dafür, von der Politik gehört zu werden, um ein angemessenes Gedenken zu gestalten. Eine antifaschistische Demonstration stoppte zudem einen faschistischen Aufmarsch.
In Halle kämpfen Betroffene und deren Freund:innen anlässlich des zweiten Jahrestags des Anschlags um ein angemessenes Gedenken. Der faschistische Täter konnte vor zwei Jahren seinen antisemitischen Plan nicht in die Tat umsetzen und richtete seine Gewalt stattdessen gegen einen Döner-Imbiss.
Heute heißt dieser Imbiss, damals der Kiez-Döner, Tekiez. Der Laden ist heute ein türkisches Frühstückscafe und die Schaufenster sind mit den Namen der Opfer, Jana und Kevin, geschmückt. „In Gedenken an Jana Lange und Kevin Schwarze und in Solidarität mit allen Betroffenen und Überlebenden des Anschlags vom 9.10.2019. Wir erinnern mit allen Betroffenen rechter Gewalt.“, schreibt Tekiez auf instagram.
Gestern kamen auch der Bürgermeister, Ministerpräsident Haseloff, und die Vizepräsidentin des Landtags Sachsen-Anhalts zum Gedenken zur Synagoge. Am Tekiez machen sie für ein Foto halt, hinter ihnen hängt im Schaufenster ein Schriftzug: „Kein Gedenken ohne Betroffene“.
Denn dass Politiker:innen sich vor der Synagoge, seltener vor dem Tekiez, positionieren, Blumen niederlegen und nach einer Fotoaufnahme wieder gehen, kennen die Betroffenen inzwischen. Die Schlüsse, die sie aus dem Anschlag ziehen, ihre Sorgen und Ideen, was zu verändern wäre, werden nicht gehört. Vor dem Tekiez sprechen Beistehende den Ministerpräsidenten Haseloff an, warum er nicht auf die Anfragen der Überlebenden reagiere. Valentin Hacken, Sprecher des Bündnisses Halle gegen Rechts, berichtet auf twitter: „Der Ministerpräsident sagt, er prüfe und geht.“
Faschistischer Attentäter von Halle lernte Schießen bei der Bundeswehr
Neonazi Sven Liebich muss seinen Marsch abbrechen
Der bekannte Neonazi Sven Liebich hatte ebenfalls den Jahrestag des Anschlags ausgewählt, um einen Aufmarsch zu organisieren. Das Verwaltungsgericht Halle gab ihm Recht, seine Versammlung durchführen.zu dürfen, das Oberverwaltungsgericht Sachen-Anhalt bestätigte diese Entscheidung. Auch im Vorjahr hatte Liebich versucht, mit dem Nationalsozialismus entlehnten Materialien zu den Gedenkorten zu gelangen, wurde jedoch blockiert.
Am späten Nachmittag versuchten auch dieses Jahr erneut rund 40 Rechte, durch die Innenstadt zu ziehen. 300 Bürger:innen aus Halle verhinderten das und versperrten Zufahrtswege. Liebich musste nach einer Stunde seine faschistische Versammlung auflösen.
Am Markt in Halle versucht er es ein zweites Mal, bleibt aber erneut erfolglos, weil sich ihm Antifaschist:innen in den Weg stellen.