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Freitag, April 19, 2024
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    Europäischer Gerichtshof: Vorratsdatenspeicherung illegal

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    Wieder einmal wird die von der deutschen Regierung beschlossene anlasslose Speicherung von Daten als rechtswidrig eingestuft. Trotzdem hält das Bundesinnenministerium an ihr fest. Die massenhafte Überwachung bleibt weiter bestehen.

    Das oberste europäische Gericht urteilte am Dienstag, dass die Regierungen der EU personenbezogene Daten nicht anlasslos speichern dürfen. Damit endet ein seit 2015 laufender Rechtsstreit über die deutsche Vorratsdatenspeicherung.

    Das Urteil war keine Überraschung, da der Europäische Gerichtshof ein ähnliches Urteil bereits in den Verfahren bezüglich der Vorratsdatenspeicherung in Frankreich und in Schweden gesprochen hatte. Eine allgemeine Speicherpflicht aller Verkehrs- und Standortdaten sei nicht mit dem Recht der EU vereinbar. „Der Gerichtshof bestätigt, dass das EU-Recht einer allgemeinen und wahllosen Speicherung von Verkehrs- und Standortdaten entgegensteht, es sei denn, es liegt eine ernsthafte Bedrohung der nationalen Sicherheit vor“, so die Richter:innen.

    „Zur Bekämpfung schwerer Straftaten können die Mitgliedstaaten jedoch unter strikter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit unter anderem die gezielte oder beschleunigte Vorratsspeicherung solcher Daten und die allgemeine und unterschiedslose Speicherung von IP-Adressen vorsehen“, heißt es weiter. Die bisherigen Regelungen sehen diese Konkretisierung jedoch nicht vor.

    Massenhafte Überwachung nicht vom Tisch

    Der EuGH beschreibt in seiner Pressemitteilung Kriterien für eine mögliche Neuregelung. Zu diesen Kriterien gehört etwa ein klar eingegrenzter Zeitraum, in dem die Vorratsdatenspeicherung gültig sein könnte. Die massenhafte Überwachung von allen Menschen in Deutschland bzw. der EU sei legal, wenn sich das betreffende Land einer „real und aktuell oder vorhersehbar einzustufenden ernsten Bedrohung für die nationale Sicherheit gegenübersieht“. Auch dieser Zeitraum müsse beschränkt sein.

    Fast zwei Wochen vor dem Urteil hatte die amtierende Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) bereits angekündigt, dass sie an der Vorratsdatenspeicherung festhalten wolle. Dabei bezog sie sich auf schwere Fälle von organisiertem Kindesmissbrauch, ohne jedoch zu belegen, inwiefern eine Vorratsdatenspeicherung dafür nützlich sei diese zukünftig zu verhindern. Für Straftaten von solcher Schwere stehen den Ermittlungsbehörden bereits zahlreiche tiefergehende Methoden zur Verfügung.

    Das Urteil lässt unter gewissen Umständen immer noch eine massenhafte und anlasslose Speicherung von allen Verkehrs- und Ortungsdaten in Deutschland zu. Allerdings handelt es sich bei dem Urteil um einen rein juristischen Vorgang, der nur zur Speicherpflicht von Daten durch die Internetdienstleister Stellung nimmt. Weiterhin kann davon ausgegangen werden, dass der Internetverkehr durch Geheimdienste über den Rahmen einer Vorratsdatenspeicherung hinausgehend gespeichert und registriert wird.
    Durch die Enthüllungen des Whistleblowers Edward Snowden wurden etwa die massiven Überwachungsprogramme des amerikanischen Geheimdienstes NSA bekannt, mit dem auch die deutschen Geheimdienste eng zusammenarbeiten.

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