In den USA wurde ein Paket beschlossen, das die Wirtschaft im Angesicht der Preissteigerungen ankurbeln soll. Deutschland plant EU-Gegenmaßnahmen. Was steckt dahinter?
In den USA wurde der 370 Milliarden umfassende „Inflation Reduction Act“ verabschiedet. Dieser soll die Industrie fördern – insbesondere den Ausbau erneuerbarer Energien – und gegen die Verwerfungen in der Weltwirtschaft absichern. Dabei werden etwa Steuervergünstigungen an Standorte in den USA und die Verwendung US-amerikanischer Produkte gekoppelt.
Das versetzt insbesondere mächtige europäische Staaten wie Deutschland und Frankreich in Alarmbereitschaft. In Deutschland wurde unter dem Eindruck des Ukraine-Kriegs in den vergangenen Monaten innerhalb der herrschenden Klasse verstärkt über die Reduzierung der Abhängigkeit von China diskutiert. Nun möchte man sich allem Anschein nach auch gegen die verbündeten Vereinigten Staaten behaupten.
So meldete Wirtschaftsminister Robert Habeck Zweifel an, ob die neuen Maßnahmen der USA überhaupt nach den Spielregeln der Welthandelsorganisation (WTO) gestaltet seien und kündigte „europäische“ Gegenmaßnahmen an, um etwa die Abwanderung von Unternehmen in die USA zu verhindern.
Wie realistisch das ist, bleibt fraglich. Jedoch nutzt etwa der BDI-Chef Siegfried Russwurm die Drohung mit der Abwanderung wichtiger Unternehmen immer wieder als Verhandlungsmasse. So forderte er einen „Schulterschluss mit der Politik“ und eine „intensive“ Einwirkung auf die EU, um es Konzernen noch mehr zu erleichtern, an staatliche und EU-Fördergelder zu kommen.
Deutschland und Frankreich: Einstieg in aggressive Handelspolitik?
Habeck hatte seinerseits am Dienstag einen Krisengipfel mit Vertreter:innen der Industrie einberufen. Das nächste Jahr werde im Zeichen einer aktiveren Industriepolitik stehen und man müsse sich nun darauf vorbereiten. Thierry Breton, der Industriekommissar der EU, hatte sich ebenfalls mit Habeck getroffen und angekündigt, sich für einen „EU-Souveränitätsfonds“ als Gegenmaßnahme zum Inflation Reduction Act einzusetzen.
Der französische Präsident Macron hatte seinerseits ein „Buy European“-Konzept analog zu den Plänen der USA ins Spiel gebracht, dessen Durchsetzung auch Habeck nicht ausgeschlossen hatte.
Dabei dürfte es für die imperialistischen Länder in der EU nicht darum gehen, das feste Bündnis mit den USA aufzugeben. Stattdessen sieht es eher danach aus, dass man im Verbund die Handlungsfähigkeit gegenüber dem mächtigeren Verbündeten erhalten möchte, um ein möglichst großes Stück vom Kuchen abzubekommen.
Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) hat so vor kurzem auch ein Positionspapier aufgelegt, in dem für eine stärkere wirtschaftliche Aktivität in Afrika geworben wird. Der Kontinent soll nach dem Willen des BDI künftig wieder verstärkt geplündert werden.