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An den Grenzen des Menschenrechts: Faeser will noch schärfer gegen Geflüchtete vorgehen

Das Bundesinnenministerium will künftig Asylsuchende schneller aus Deutschland drängen. Dafür sind unter anderem das verstärkte Auslesen von Handys und unangekündigte Abschiebungen geplant. Einige der Forderungen sind nach aktuellem Stand rechtlich nicht umsetzbar. Innenministerin Nancy Faeser verteidigt den radikalen Maßnahmenkatalog.

Vor zwei Wochen hat das Bundesinnenministerium (BMI) einen Diskussionsentwurf zur „Verbesserung der Rückführung“ veröffentlicht. Ihm zufolge sollen in Zukunft die Behörden schneller und radikaler abschieben dürfen. In vielen Punkten sieht das Papier einen tiefen Eingriff in die Rechte von Asylsuchenden vor. Besonders in Sachen Datenschutz werden unter anderem verfassungsrechtliche und europarechtliche Vorgaben missachtet.

Dabei ist es nichts Neues, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge regelmäßig gültiges Recht verletzt. Bei der Registrierung von Asylsuchenden wurden dabei unter anderem Mobiltelefone und andere digitale Datenträger durchsucht, während andere Er­kennt­nis­se und Do­ku­men­te zur Er­mitt­lung von Iden­ti­tät und Staatsangehörigkeit ignoriert wurden. Ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts hat in diesem Fall Anfang des Jahres zunächst Besserung versprochen.

Der nun vorgelegte Gesetzesentwurf des BMI würde den Behörden aber sogar mehr statt weniger Einblicke in die Privatsphäre der Geflüchteter geben. Das Auslesen und Speichern von Handydaten soll laut Entwurf frühzeitiger und routinemäßiger stattfinden, außerdem soll auch der Cloud-Speicher der Asylsuchenden durchforstet werden. Die Juristin Sarah Lincoln der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) bezeichnet die geplante Erweiterung als „völlig unverhältnismäßig“.

Faeser will Menschen ohne Ankündigung abschieben

Darüber hinaus haben auch andere Punkte des Papiers für Aufregung gesorgt, so zum Beispiel die geplanten Maßnahmen gegen sogenannte „Clan-Kriminalität“. Auch wenn sie gar nicht straffällig geworden sind, sollen Mitglieder vermeintlicher Clans abgeschoben werden – die Gruppierungen würden damit pauschal als kriminelle Vereinigung behandelt werden. Ganz zur Freude der Gewerkschaft der Polizei (GdP), die den Vorstoß des Innenministeriums begrüßt und unterstützt.

Aktuell wird noch über einen weiteren Aspekt intensiv berichtet. So sollen nach den Plänen des Innenministeriums Abschiebungen auch bei langjährig Geduldeten künftig nicht mehr angekündigt werden müssen. Das bedeutet konkret, dass die Polizei auch überraschend Wohnungen stürmen und die Betroffenen den Abschiebebehörden übergeben könnte. Bislang müssen Menschen, die sich bereits seit mehr als einem Jahr in Deutschland aufhalten, über eine geplante Abschiebung einen Monat im Voraus aufgeklärt werden.

Derzeit leben etwa 250.000 ausreisepflichtige Menschen mit Duldung in Deutschland. Sie dürfen nicht abgeschoben werden, weil sie beispielsweise krank sind oder ein minderjähriges Kind mit Aufenthaltserlaubnis haben. Die Neuerung würde damit schwerwiegende und bedrohliche Folgen für tausende Menschen in Deutschland haben.

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