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Montag, April 29, 2024
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    Plötzliche Abschiebungen und willkürliche Hausdurchsuchungen möglich – Ampel beschließt massive Einschränkung von Rechten Geflüchteter

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    Am Mittwoch gab die Ampelregierung bekannt, sich auf ein neues “Migrationspaket” geeinigt zu haben. Geflüchtete ohne Aufenthaltstitel  müssen nun mit nächtlichen Abschiebungen und willkürlichen Hausdurchsuchungen rechnen.

    Nach einem Geheimtreffen am Dienstagabend zwischen Kanzler Olaf Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP), verkündete die Koalition ihre Einigung zum neuen “Migrationspaket”. Diesbezüglich spricht Habeck von „erleichternden Schritten, um in Arbeit zu kommen“.

    Die von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) im August vorgestellten Diskussionspapiere, auf denen der Gesetzentwurf basiert, wurden von den Grünen damals noch im Hinblick auf Grundrechtsverstöße scharf kritisiert.

    Der neue Gesetzentwurf von Faeser soll ihr zufolge dazu beitragen, „Straftäter und Gefährder konsequenter und schneller auszuweisen und abzuschieben.“ Um dies durchzusetzen, wurden mehrere Maßnahmen zusammengestellt. Sollte dieser Entwurf angenommen werden, würde das eine starke Einschränkung der Rechte von Geflüchteten in Deutschland bedeuten. Beschlossen werden soll das Paket laut Plan schon bis November.

    Abschiebung soll nicht mehr immer angekündigt werden

    Bisher war es verpflichtend, dass eine Abschiebung vorab angekündigt werden musste. Teilweise sind Menschen jedoch zum Abschiebezeitpunkt nicht zu Hause anzutreffen. Hiergegen will die Koalition vorgehen.

    So soll Geflüchteten, die in Deutschland eine mindestens einjährige Duldung erhalten hatten, ihre Abschiebung nicht mehr angekündigt werden. Bisher musste dies einen Monat vorher mitgeteilt werden. Dieser neue Beschluss soll auch für Familien gelten, in denen die Kinder mindestens 12 Jahre alt sind. Auch wenn sich ein:e Geflüchtete:r in Haft befindet und dieser/diesem eine Abschiebung droht, soll in Zukunft darüber nicht mehr informiert werden.

    Dazu erklärte Sophia Eckert von “Terre des Hommes”: “Wenn Kinder und Jugendliche nachts aus den Betten gerissen werden, ist dies zutiefst traumatisierend. Dass  ausgerechnet die Ampel-Koalition diese Praxis ausweiten will, ist schockierend und wäre ein klarer Verstoß gegen den Kindeswohlvorrang aus der UN-Kinderrechtskonvention.”

    Lockerung zu Durchsuchungen von Wohnräumen

    Weiterhin ist geplant, den Zutritt zum Wohnort von Geflüchteten für Durchsuchungen zu erleichtern. Polizist:innen und andere Behörden sollen uneingeschränkter private Wohnungen betreten dürfen, um die Identität der Menschen festzustellen.

    Ebenfalls einbezogen sind Gemeinschaftsunterkünfte – also Flüchtlingsheime. Hier soll ein “ausgeweiteter Zutritt” in „weitere Räumlichkeiten“ geschaffen werde, sodass von Abschiebung Betroffene gefunden werden können, wenn sie sich etwa in Zimmern von Nachbarn aufhalten. Zusätzlich sieht dieser Punkt vor, Wohnungen auch nach konkreten Dingen wie z.B. Datenträgern durchsuchen zu dürfen, ohne davor einen Beschluss oder eine Genehmigung erhalten zu haben. Mit der Abschaffung dieser bisheriger Rechte sollen Ausreisepflichtige leichter ausfindig gemacht werden können.

    Verschärfung bei mutmaßlichen Mitgliedern krimineller Vereinigungen

    Im Bezug auf mutmaßliche Mitglieder von “kriminellen Vereinigungen” sind ebenfalls Änderungen geplant: Bisher muss von einem Gericht bestätigt werden, dass eine Person auch wirklich einer solchen Vereinigung angehört. Erst nach einer Prüfung des Gerichts können Menschen aufgrund dessen abgeschoben werden. Der nun vorliegende Gesetzesvorschlag von Faeser sieht vor, dass auch dieses Vorgehen und damit die “Unschuldsvermutung” aufgehoben werden. Laut Entwurf reichen dann “hinreichende Tatsachen” als Hinweis auf eine Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung aus, um eine Abschiebung durchsetzen zu können.

    Treffen könnte ein solcher Beschluss unter anderem Anhänger:innen und Unterstützer:innen des palästinensischen Gefangenensolidaritätsnetzwerks „Samidoun“, das laut Ankündigung des Kanzlers verboten werden soll.

    Bundeskanzler Scholz kündigt Verbot der palästinensischen Gefangenensolidaritätsorganisation Samidoun an

    Die Bedeutung des Pakets

    Als Ergebnisse des neuen Gesetzes erhoffen sich die Ampelregierung und andere Unterstützer:innen eine “Entlastung” des Landes, da die jetzige Lage eine „wesentliche Herausforderung für unser Land“ darstelle, so Grünenpolitiker Habeck.

    „Konsequente Rückführungen“ sollen erleichtert werden und auf direktem Wege durchführbar sein.  Mit diesem Gesetz ist also ein deutlicher Anstieg von Abschiebungen zu erwarten.

    Die vereinbarte „Rückführungsoffensive“ im Koalitionsvertrag der Ampelregierung würde vermutlich durch das Paket nun verwirklicht werden. Für betroffene Personen würde das Gesetz auf vielerlei Weise massive Einschränkungen in ihren Persönlichkeitsrechten und Zugeständnissen bedeuten und den langfristigen Aufenthalt in Deutschland erheblich erschweren.

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