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Sonntag, April 28, 2024
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    Berliner Monitor: Fast die Hälfte der Berliner:innen antimuslimisch eingestellt

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    Während derzeit viel von einem verstärkten Antisemitismus berichtet wird, stellte eine Umfrage nun auch eine zunehmende Islamfeindlichkeit fest. Warum aber bleibt es um letztere so still? – Ein Kommentar von Marlon Glaiß

    Seit dem Angriff der Hamas am 7. Oktober stellen sich Politiker:innen und Medien scheinheilig vor die jüdische Bevölkerung in Deutschland. Die Bekämpfung von Antisemitismus steht anscheinend auf einmal ganz oben auf der Agenda. Nun veröffentlichte das Forschungsprojekt Berliner Monitor am Montag in einer Pressekonferenz die Ergebnisse einer aktuellen Umfrage zur Einstellung von Bürger:innen gegenüber dem Islam.

    Das Ergebnis: Fast die Hälfte der Berliner:innen vertritt antimuslimische Ansichten. Das Thema der wachsenden Islamfeindlichkeit scheint bisher jedoch keine Sorge für die Politik zu sein. Was steckt hinter dieser so einseitigen Antidiskriminierungskampagne? Wurde ein steigender Hass gegen Muslim:innen einfach übersehen, ignoriert oder im Gegenteil sogar mit geschürt?

    Woher kommen der steigende Antisemitismus und antimuslimische Rassismus?

    Die BILD gegen Antisemitismus – oder Teil der Islamfeindlichkeit?

    Liest man sich die Schlagzeilen der BILD-Zeitung der letzten Wochen durch, scheint es so, als habe die Zeitschrift den Krieg in Israel und Palästina zum Anlass genommen, sich schützend vor Jüd:innen in Deutschland zu stellen, die von mehr und mehr Antisemitismus bedroht sind. Bilder von Davidsternen, die an Hauswände geschmiert wurden, gingen ebenso durch die Medien wie ein versuchter Brandanschlag auf eine Synagoge. Im ersten Augenblick mag die Positionierung gegen antisemitische Angriffe vieler deutscher Medienhäuser daher lobenswert erscheinen.

    Wirft man allerdings einen genaueren Blick auf sämtliche Artikel der BILD zum Thema „Judenhass“, wird schnell klar, dass es bei diesen noch um etwas anderes geht: Zahlreiche Überschriften, in denen von „Judenhassern“ die Rede ist, beziehen sich auf Veranstaltungen von palästinensischen und palästina-solidarischen Menschen. Nahezu alle Schlagzeilen, die vordergründig den Antisemitismus beklagen, zeigen als Ursache auf muslimische, arabische und pro-palästinensische Menschen.

    Beispielsweise wurde die Besetzung eines Hörsaals an der Freien Universität Berlin (FU) von der Zeitung mit „Hass gegen Juden und Israel in deutschen Hörsälen“ betitelt. Die Besetzung richtete sich aber genau genommen gegen die einseitige Positionierung der FU für die Seite Israels, nicht etwa gegen jüdische Menschen. Dieses ist nur eines vieler Beispiele an Verdrehungen, die in der BILD derzeit stattfinden.

    „Viva, Viva, Palästina!“- Hörsaalbesetzung an der Freien Universität Berlin

    Doch auch andere Zeitungen schließen sich der Meinungsmache der BILDzeitung an und liefern ähnliche Darstellungen in ihren Artikeln. Antisemitische Angriffe wie eben der Anschlag auf eine Berliner Synagoge wurden kurzerhand auf Muslim:innen zurückgeführt. Dabei war nichts, gar nichts über die Täter:innen bekannt. Zur gleichen Zeit lässt sich ein deutlicher Anstieg nicht-muslimischer rechter antisemitischer Angriffe feststellen.

    Islamfeindlichkeit in der Politik

    Anhänger:innen des Islam und arabische Menschen erfuhren in Deutschland in der letzten Zeit scharfe Repressionen – alles gegründet auf dem scheinheiligen Vorwurf eines vorgeblichen Antisemitismus. Dagegen verkündete nun auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser „harte Konsequenzen“. Angesetzt wird hierbei nicht bei Staatsbeamten mit Antisemitismus-Vergangenheit, wie  z.B. bei Hubert Aiwanger (Freie Wähler), bei Soldat:innen in der Bundeswehr oder Polizist:innen mit faschistischem Gedankengut, auch nicht in den Fällen von NS-Rhetorik in und um die AfD. Stattdessen wird das Problem als „importiert“ bezeichnet, importiert natürlich von Araber:innen und Muslim:innen. Nicht nur wurde das palästinensische Gefangenensolidaritätsnetzwerk Samidoun verboten, auch wurde ein „Abschieben im großen Stil“ von Kanzler Olaf Scholz angekündigt. Im Zusammenhang mit dieser Forderung wurde sich ebenfalls auf den „Judenhass“ von Muslim:innen und Araber:innen bezogen.

    Nach wochenlangem Propagandafeuer spiegelt sich nun auch die Wirkung der Politik und der Medien auf die Bevölkerung in der Befragung des Berliner Monitors wider. Es ist also kein Wunder, dass der Aufschrei wegen zunehmender Islamfeindlichkeit sowohl in den Medien als auch unter den Politiker:innen unterbleibt – weil sie eben genau von ihnen entfacht und befeuert wird.

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