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Montag, Oktober 7, 2024
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    Alles Krise? Die Auswirkungen der Wirtschaftskrise auf die Arbeiter:innenklasse

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    Der deutsche Kapitalismus steckt mitten in der Krise. Während die Bundesregierung noch mit einem Mini-Wachstum von 0,2 Prozent rechnet, prophezeite die Commerzbank bereits im November eine anhaltende Krise. Nun pflichtet ihr auch die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) bei. – Ein Kommentar von Tabea Carlo

    Es wäre das erste Mal seit 2002/2003 und das zweite Mal in der Nachkriegsgeschichte, dass die deutsche Wirtschaft zwei Jahre in Folge schrumpft. Die DIHK rechnet in diesem Jahr mit einem Minus von 0,5 Prozent, das wären noch einmal 0,2 Prozentpunkte weniger als im vergangenen Jahr. Für die Schätzung befragte die DIHK mehr als 27.000 Unternehmen aus allen Branchen und Regionen Deutschlands.

    Die Folgen solcher Krisen spürt in der Regel der größte Teil der Bevölkerung, die Arbeiter:innenklasse am stärksten.

    Krise auch auf dem Immobilienmarkt angekommen

    Seit letztem Jahr schwappt die Wirtschaftskrise immer mehr auch auf den Immobilienmarkt. So meldeten bereits vergangenen Herbst die Projektentwickler-Unternehmen „Development Partner”, die „Project-Gruppe”, „Euroboden” und die „Gerchgroup” Insolvenz an, drei davon im Monat August. In diesem Jahr setzte sich der Trend fort. Mit der „Signa Holding” und der ihr zugehörigen „Signa Real Estate” gingen unter anderem das „KaDeWe” in Berlin und „Galeria Kaufhof” pleite. Die Insolvenz der Signa Holding zeigte dabei beispielhaft den Dominoeffekt, der in einer Wirtschaftskrise immer auftritt und sich in der Immobilienbranche besonders schnell zeigt: Die Pleite eines Unternehmens zieht weitere Pleiten nach sich.

    Die Wirtschaftskrise führt verstärkt zu Wohnungsnot.

    Die Immobilienkrise bringt für die Arbeiter:innenklasse verschiedene Verschlechterungen mit sich: unter anderem kommt es zu einem Stellenabbau in der Bauindustrie – dem ersten seit Jahrzehnten darüber hinaus aber auch zu einer weiteren Verschärfung der Wohnungsnot, die weitere Mietsteigerungen nach sich ziehen wird.

    Im vergangenen Jahr waren die Leerstände in den Städten noch weiter gesunken und haben Ende 2022 ein Tief von fast 554.000 vermietbarer Wohnungen in ganz Deutschland erreicht. Das zeigt eine Studie des Forschungsinstituts „Empirica” und des Immobilienspezialisten „CBRE”. Das sind noch einmal rund 53.000 Wohnungen weniger als noch im Jahr zuvor. Insgesamt entspricht das einem Leerstand von nur noch rund 2,5 Prozent und außerdem dem stärksten Rückgang seit 22 Jahren.

    Während in allen Landkreisen ein Rückgang zu verzeichnen ist, existiert dennoch ein starkes Gefälle: Städte wie München mit 0,1 Prozent und Frankfurt am Main mit 0,2 Prozent Leerstand kristallisieren sich dabei als klare Spitzenreiter von knappem Wohnraum heraus.

    Die Verknappung des Wohnraums in den Großstädten führt zu einem weiteren Anstieg der Mietpreise. Einige große Immobilienkonzerne wie die „LEG” haben bereits angekündigt, ihre Mietpreise so stark wie gesetzlich möglich zu erhöhen.

    Begründet wird das unter anderem mit den steigenden Rohstoff- und Energiepreisen.Zum starken Leerstandszuwachs im Jahr 2022 trug zwar auch die Aufnahme ukrainischer Geflüchteter bei, am Ende zeigen sich darin aber vor allem die Auswirkungen der Immobilienkrise und die Tatsache, dass die Ampel-Regierung ihre Pläne zur Aufstockung des Wohnraums nicht umgesetzt hat. Im kommenden Jahr lässt zudem die Baukrise den Bau neuer Wohnungen weiter einbrechen.

    Stellenabbau in Deutschland

    Wirtschaftskrisen gehen in der Regel auch immer mit einer Welle von Massenentlassungen einher. Momentan scheint dieser Kipppunkt noch nicht erreicht, dennoch zeichnet sich die Krise bereits in einem stärkeren Stellenabbau ab.

    In den vergangenen Wochen kündigten verschiedene deutsche Monopole massive Entlassungen an, so unter anderem der Autozulieferer „ZF Friedrichshafen” mit einem Stellenabbau von rund 18.000 Stellen. Damit ist mehr als ein Drittel aller Jobs des Konzerns in Deutschland gefährdet. Hinzu kommen rund 2.800 Arbeitsplätze bei Bosch, die sich nicht nur auf Deutschland beschränken, hier aber starke Auswirkungen auf die Standorte in Abstatt, Hildesheim, Leonberg, Renningen und Schwieberdingen haben dürften. Mit Miele kündigte ein weiterer Industriekonzern einen Abbau von rund 2.000 Stellen an.

    Weiter aufzuzählen sind noch zahlreiche Tech-Firmen, unter anderem Google, aber auch Pharmaunternehmen wie der deutsche Gigant Bayer. Ebenfalls der Bauindustrieverband (HDB) erklärte kürzlich, dass in den kommenden Monaten rund 10.000 Stellen in der Branche abgebaut würden – das wären die ersten großen Entlassungswellen in dieser Branche seit 15 Jahren.

    Dieser Stellenabbau wird durch den Fachkräftemangel in Deutschland zum Teil aufgefangen oder aber verschleiert: das zeigt sich darin, dass z.B. Zehntausende ihre Jobs verlieren, während andere in Branchen für weniger qualifizierte Bewerber:innen verhältnismäßig schnell und zu individuell guten Bedingungen eine Anstellung finden.

    Sozialabbau als Krisen-Tradition

    Sozialabbau hat sozusagen schon eine Krisen-Tradition: Bereits in vergangenen Krisen hat der Staat auf dieses Mittel zurückgegriffen, um die Einbrüche für die Wirtschaft erträglicher zu machen. Die benannte Krise von 2002/2003 ist dafür ein bekanntes Beispiel: damals nutzte die rot-grüne Regierung unter Kanzler Gerhard Schröder die schwächelnde ökonomische Lage für weitreichende Arbeitsmarkt- und Sozialstaatsreformen, auch bekannt als „Agenda 2010.

    Die Agenda 2010 ging in den folgenden Jahrzehnten als der größte Abbau des Sozialstaats in die deutsche Geschichte ein. An diesem Punkt stehen wir zurzeit noch nicht, der Blick zurück zeigt jedoch, welches Ausmaß an Maßnahmen möglich ist.

    Einen großen Teil des fehlenden Geldes im Bundeshaushalt sollen nun die Sozialversicherungen auffangen: für eine ‘leichtere’ Lesart sieht die Regierung vor, dass die Bundesagentur für Arbeit (BA) zum Ende der Jahre 2024 und 2025 rund 1,5 Milliarden an den Bund zahlt, in den folgenden zwei Jahren dann 1,1 Milliarden.

    Trotz massiver Kritik hält die Bundesregierung auch an den geplanten Bürgergeld-Sanktionen fest. Es soll damit möglich werden, Totalverweiger:innen“ das Bürgergeld für bis zu zwei Monate zu streichen, sollten sie annehmbare Jobangebote ablehnen. Zwischen jeder Streichung muss dann mindestens ein Monat vergehen.

    Auch der sogenannte Bürgergeldbonus wird wieder abgeschafft. Dieser wurde gerade erst eingeführt und wäre eigentlich als eine Art Zuschuss an diejenigen Bürgergeld-Empfänger:innen gezahlt worden, die eine Weiterbildung machen.

    Darüber hinaus wird der Zuschuss an die Rentenversicherungen in den kommenden Jahren um jeweils 600 Millionen Euro gekürzt. Auch die Geldmenge, die für BAföG zur Verfügung steht, soll sinken.

    Damit nehmen Kapital und Staat den Lebensstandard der Arbeiter:innenklasse durch Stellenstreichungen, Wohnungsnot und Sozialabbau gleich dreifach unter Beschuss.

    • Perspektive-Autorin seit 2017. Berichtet schwerpunktmäßig über den Frauenkampf und soziale Fragen. Politisiert über antifaschistische Proteste, heute vor allem in der klassenkämperischen Stadtteilarbeit aktiv. Studiert im Ruhrpott.

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