Nachdem die russische Regierung die “internationale LGBTQ-Bewegung” als „terroristische Organisation“ einstufen ließ, wurden nun zwei Betreiber:innen der LGBTI+-Bar „Pose“ in der russischen Stadt Orenburg verhaftet und angeklagt. Das Ganze erfolgt auf Grundlage eines 2023 durch den russischen Staat eingeführten Gesetzes.
In der russischen Großstadt Orenburg, rund 1.200 Kilometer von Moskau entfernt, wurden Mitte März zwei Betreiber:innen der LGBTI+-Bar „Pose“ festgenommen. Ihnen wird der Vorwurf gemacht, eine “nicht traditionelle sexuelle Orientierung” zu haben und die “Ansichten und Aktivitäten” der „LGBTQ-Bewegung“ zu unterstützen. Auf Grundlage des 2023 eingeführten Gesetzes, das die „internationale LGBTQ-Bewegung“ als extremistische Organisation einstuft, gelten diesbezügliche Aktivitäten in Russland als Schwerverbrechen. Im Falle einer Verurteilung müssen beide Angeklagten mit etwa zehn Jahren Haft rechnen.
Die Bar eröffnete 2021 und veranstaltete regelmäßig „Drag-Shows”. Nach der Verabschiedung von Gesetzen gegen „LGBTQ-Propaganda“ benannte sich die Bar in „Parodie-Theater-Bar“ und „Nachtbar mit Show“ um. Aus Sorge vor Repression entfernten die Betreiber:innen außerdem die Adresse des Lokals aus den sozialen Medien und Online-Kartendiensten.
Razzia durch die Russische Nationalgarde
Die Verhaftungen folgten auf eine bereits am 9. März durchgeführte Razzia in der Bar. Laut der LGBTI+-feindlichen Aktivistin Jekaterina Misulina wurde die Bar von rechten Aktivisten ausfindig gemacht und bei den Behörden gemeldet. In den sozialen Medien kursieren darüber Videos von den Momenten, in denen das Lokal von der Russischen Nationalgarde gestürmt wird.
Einer Mitteilung der russischen Finanzaufsicht zufolge wurden die 28-jährige Verwalterin Diana Kamilianowa und der 21-jährige künstlerische Leiter Alexander Klimow schon vor ihrem Prozess auf der Liste der “Terroristen und Extremisten” geführt.
Die erste Verhandlung fand bereits unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, Medienvertreter:innen wurden erst zur Verkündung zugelassen. Das Gericht der Stadt Orenburg teilte am 20. März mit, dass beide vorläufig bis Mitte Mai in U-Haft bleiben. In Russland kommt es jedoch immer wieder vor, dass die Untersuchungshaft bis zum Abschluss von Gerichtsverfahren verlängert wird.
Wie der russische Nationalismus LGBTI-Feindlichkeit für Kriegspropaganda nutzt
Repression gegen LGBTI+ nimmt weiter zu
Die Verhaftung der beiden Barbetreiber:innen ist dabei nur die konsequente Umsetzung des 2023 eingeführten Gesetzes, nach dem die „internationale LGBTQ-Bewegung“ durch die russische Regierung als extremistische Organisation eingestuft wird.
Das Gesetz ist vage formuliert und lässt sich deshalb auf alle vermuteten LGBTI+-Personen anwenden – es gibt in Russland keine Bewegung, die explizit unter dem Banner der “internationalen LGBTQ-Bewegung” agiert. Somit sind willkürliche Festnahmen und hohe Haftstrafen auf Grundlage der sexuellen Orientierung oder Geschlechtszugehörigkeit möglich.
Die Repression gegen LGBTI+-Personen nimmt jedoch nicht erst seit dem letzten Jahr zu. Bereits zehn Jahre zuvor, 2013, wurde ein Gesetz eingeführt, das „LGBTQ-Propaganda” gegenüber Minderjährigen verbietet. Darauf fußende Maßnahmen wurden seit Beginn des Ukraine-Krieges immer weiter verschärft. Zurzeit sind alle Darstellungen “nicht-traditioneller” Beziehungen in Medien, Büchern, Filmen und im Internet verboten.