Die Wahlen zum Europaparlament und somit auch der Wahlkampf sind vorbei. Rechte und konservative Parteien konnten in vielen Ländern die Wahl für sich entscheiden.
Von Donnerstag bis Sonntag fanden die EU-Wahlen in allen 27 Mitgliedsstaaten statt. Dadurch dass das Europaparlament faktisch nichts zu entscheiden hat, sondern lediglich Empfehlungen ausspricht, sind die Wahlen vielen Menschen egal, was sich auch an der für gewöhnlich niedrigen Wahlbeteiligung zeigt. Trotzdem zeigen die Wahlen von diesem Jahr, dass sie durchaus politische Krisen hervorbringen können.
Europaweiter Vormarsch rechter und konservativer Parteien
In einigen Ländern sind die Auszählungen der Stimmen noch nicht vollständig abgeschlossen, doch zeichnet sich ein deutliches Bild ab. Rechte und konservative Parteien haben länderübergreifend große Wahlerfolge hinlegen können. Im Vergleich zu den letzten Wahlen im Jahr 2019 mussten vor allem die Sozialdemokraten und Liberalen viele Stimmen und Vertrauen bei der Bevölkerung einbüßen.
In Frankreich erhielt die rechte Partei „Rassemblement National“ (RN) nach Hochrechnungen rund 32 Prozenz der Stimmen. Die Liste Renaissance, welche zum Lager des französischen Präsidenten Macron gehört, konnte mit ca. 15 Prozent nicht einmal die Hälfte der Stimmen des RN erzielen. Macron löste daraufhin kurzerhand die Nationalversammlung auf und kündigte für die kommenden Wochen Neuwahlen an. Laut ihm seien die Neuwahlen entscheidend für die zukünftige Beziehung Frankreichs zur EU.
Belgien hat am Sonntag nicht nur das EU-Parlament sondern auch regional und national gewählt. Die liberale Partei des belgischen Ministerpräsidenten Alexander De Croo (Open-VLD) hat ebenfalls niederschmetternde Ergebnisse erzielt. Mit weniger als sieben Prozent der Stimmen liegt sie weit hinter der „Neuen Flämischen Allianz“. Die „euroskeptische“ und rechtskonservative Partei hat 22 Prozent der Stimmen erhalten. Nun verkündete der Ministerpräsident seinen Rücktritt, was in Belgien jedoch nicht unüblich ist.
Deutschland: Denkzettel für die Ampel?
Auch in Deutschland sieht es kaum anders aus. Wochenlang haben sämtliche Parteien von CDU bis Linke über Kleinstparteien Wahlkampf gegen die Alternative für Deutschland (AfD) gemacht. Bereits im Januar rief Olaf Scholz dazu auf, bei den Europawahlen ein „klares Votum gegen rechts“ zu geben.
Trotzdem konnte die AfD mit knapp 16 Prozent der Wählerstimmen zweitstärkste Partei werden. Damit hat sie im Vergleich zu den vergangen Wahlen fünf Prozent zugelegt und sechs Sitze im Europaparlament dazu gewonnen. Stärkste Partei wurde die CDU/CSU mit 30 Prozent der Stimmen. Damit sind die Wahlen eine große Niederlage für die Ampelregierung aus SPD, Grünen und FDP. Die Grünen mussten mehr als acht Prozentpunkte einbüßen und die FDP hat nur knapp fünf Prozent der Stimmen erlangen können. Die Ergebnisse machen vor allem eins klar: man ist alles andere als zufrieden mit der Bundesregierung und möchte das mit den EU-Wahlen zum Ausdruck bringen. Dadurch lässt sich vermutlich auch erklären, dass die Wahlbeteiligung in diesem Jahr um rund drei Prozent höher war, als im Jahr 2019.
Mehr als 2,5 Millionen Menschen entschieden sich nicht wählen zu gehen. Weitere große Teile entschieden sich lieber für die CDU an Stelle der SPD und einige eben auch für die AfD. In einer Umfrage gaben 77 Prozent der Befragten an, die SPD habe in der Regierung viel versprochen, bei den Menschen komme aber wenig an.
Wie die Jugend in Deutschland wählt
Sehr schockiert gibt man sich in Deutschland über die Wahlergebnisse bei den 16- bis 24-jährigen. Ganze elf Prozent der Stimmanteile wanderten zusätzlich an die AfD, während die Grünen mit einem Verlust von 23 Prozent mehr als das doppelte davon verloren. Außerdem gaben junge Leute bei der Wahl verhältnismäßig viele Stimmen an kleine Parteien, die nicht im Europaparlament oder im Bundestag vertreten sind. Auch diese Ergebnisse lassen sich aus dem Stimmungsbild der Jugend erklären. So gaben bei einer Umfrage nur 38 Prozent der Wahlberechtigten an, dass die Grünen sich am meisten um die jüngeren Generationen kümmern würden.
Jugend wählt mehr AfD – wird die Partei unsere Probleme lösen?
Es herrscht eine Perspektivlosigkeit und Unsicherheit in der Jugend. Krisen wie der Klimawandel, Kriege und Inflation, denen Jugendliche entgegen blicken, werden von der deutschen Bundesregierung und der EU enorm befeuert. Mit Beschlüssen wie den Kürzungen im Bereich Jugend oder immer wieder aufkochenden Skandalen in der Ampelregierung macht diese sich unter jungen Leuten nicht beliebt. Bisher führt das jedoch dazu, dass sie sich stärker konservativ orientieren als vorherige Generationen.
Notwendige Antwort: Klassenkampf!
Weitaus nicht alle Wählerstimmen, die die Ampelregierung verloren hat, sind aufgrund des AfD Wahlprogramms und deren Zielsetzungen für Deutschland und die EU ins rechte Lager übergegangen. Vielmehr zeigt sich, dass ein immer größerer Teil der Bevölkerung fertig ist mit der Politik der Bundesregierung und das nicht erst seit kurzer Zeit. Das zeigen auch die hohen Zahlen bei den Nichtwähler:innen, den Wähler:innen von Kleinstparteien und denen, die einfach nur gegen die AfD gewählt haben, ohne von der Ampel überzeugt zu sein. Überall bekommt man die arbeiter:innenfeindliche Politik dieses Systems immer stärker zu spüren und ein Ausweg scheint nicht in Sicht.
Wie richten sich die rechten Parteien Europas geopolitisch aus?
Doch gewiss steigt auch die Zahl derjenigen, die kein Problem damit hätten, wenn Parteien wie die AfD oder der Rassemblement National in Frankreich an die Macht gelangen würden.
Die EU-Wahlen zeigen damit aber auch, dass es politische Kräfte braucht, die echte politische Lösungen jenseits des Kapitalismus aufzeigen können.