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Sonntag, September 8, 2024
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    Steuerverschwendung mit dem Geld der Arbeiter:innen

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    Der Bundeskanzler und andere hochrangige Regierungsmitglieder sind für eine halbe Million Euro zu den EM-Spielen der deutschen Fußballnationalmannschaft geflogen. Der Aufschrei wegen dieser Steuerverschwendung ist berechtigt. Die Verschwendung des Gelds der Arbeiter:innen ist allerdings Alltag – oft nur weniger offensichtlich. – Ein Kommentar von Quentin Klaas.

    Aus einer Anfrage der Gruppe Die Linke im Bundestag an das Bundesverteidigungsministerium geht hervor, dass Bundeskanzler Olaf Scholz und Minister:innen der Bundesregierung für ca. 500.000 Euro mit der Flugbereitschaft der Bundeswehr zu den Spielen der Fußballeuropameisterschaft geflogen sind. Diese teuren Ausflüge der Regierenden haben öffentlich Unverständnis ausgelöst.

    Offensichtlich sinnlose und verschwenderische Ausgaben von Steuergeldern sind jedoch kein Einzelfall, sondern tagtägliches Vorgehen des Staats. Dabei gibt es offensichtliche Verschwendungen für Projekte, die augenscheinlich nicht notwendig sind. Doch daneben existiert eine weitaus höhere Verschwendung von Geldern, die nicht als solche betrachtet oder kommuniziert wird.

    Offene Steuerverschwendung

    Es gibt eine Vielzahl an Fällen von Steuerverschwendung in der BRD. Im sogenannten „Schwarzbuch“ des Bunds der Steuerzahler werden jedes Jahr ausgewählte Fälle gesammelt und veröffentlicht: Ein Beispiel sind die Feierlichkeiten rund um den Tag der Deutschen Einheit. Diese kosteten allein den Bund 4,5 Millionen Euro. Ein weiteres Beispiel ist ein neues Bürogebäude des Bundestags. Seine Kosten belaufen sich – abweichend von den anfangs geplanten 28,2 Millionen – auf 89,2 Millionen Euro. Ähnliche Projekte finden sich zuhauf – unter anderem das milliardenschwere „Stuttgart 21”-Projekt.

    Eine der größten Verschwendungen des hart verdienten Geldes der Arbeiter:innen ist das Debakel des damaligen Verkehrsministers Andreas Scheuer: Dieser schloss Verträge für eine Autobahnmaut ab und versprach den Unternehmen Gelder, obwohl die rechtliche Sicherheit des Vorhabens noch höchst fragwürdig war. Am Ende wurde das Projekt von Gerichten gekippt. Konsequenz waren Entschädigungen von 243 Millionen an Privatunternehmen, die aus Steuergeldern gezahlt wurden.

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    „Versteckte“ Steuerverschwendung

    Doch nicht nur solche offensichtlich völlig unnötigen Verschwendungen stehen in Deutschland auf der Tagesordnung: Die höchste Verschwendung stellen gerade diejenigen Ausgaben dar, die vom Geld der Arbeiter:innen bezahlt werden, aber absolut nicht in unserem Interesse liegen. Das zeigt sich vor allem im Rahmen der „Zeitenwende“.

    Im Zuge dieser massiven Aufrüstungskampagne wurde im Jahr 2022 ein Sondervermögen von 100 Milliarden beschlossen. Zudem wurde im Haushalt für das Jahr 2025 ein Anstieg der Mittel für das Militär um 1,2 Milliarden auf 52 Milliarden Euro verabschiedet – fast 20 Milliarden kommen durch das Sondervermögen noch hinzu. Bis 2028, wenn das Sondervermögen aufgebraucht sein wird, soll das Gesamtbudget für das Kriegsministerium dann sogar auf 80 Milliarden Euro pro Jahr ansteigen.

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    Dabei sind Militarisierung und Aufrüstung keineswegs im Interesse der Arbeiter:innen, denn wir profitieren nicht davon, an der Front zu sterben, damit sich die Reichen weiter bereichern können. Ein Blick in die Geschichte zeigt, wie die Arbeiter:innen wiederholt die Hauptlast von Kriegen und militärischen Konflikten tragen mussten, während die Herrschenden davon profitierten.

    Während des Ersten und Zweiten Weltkriegs wurden Millionen von Arbeiter:innen in den Schützengräben geopfert. Gleichzeitig erzielten Rüstungsunternehmen wie Krupp in Deutschland oder Vickers in Großbritannien immense Gewinne durch die Herstellung und den Verkauf von Waffen und Munition. Im Zweiten Weltkrieg waren es dann z.B. Unternehmen wie Boeing und General Motors, die massiv von Regierungsaufträgen zur Produktion von Flugzeugen, Panzern und anderen militärischen Ausrüstungen profitierten.

    Ein moderneres Beispiel ist der Irakkrieg von 2003. Während die Invasion offiziell mit der Bedrohung durch Massenvernichtungswaffen und der Verbreitung von Demokratie gerechtfertigt wurde, waren die wahren Gewinner oft Unternehmen wie Halliburton und Blackwater, die lukrative Verträge für Wiederaufbau und Sicherheitsdienstleistungen erhielten. Im Afghanistankrieg wurde kurz nach Beginn bereits eine deutsche Unternehmensdelegation geschickt, um wirtschaftliche Verhandlungen für den Wiederaufbau zu führen. Der ehemalige Bundespräsident Horst Köhler erklärte während des Kriegs ganz offen, dass die Bevölkerung immer mehr verstehe, dass „auch militärischer Einsatz notwendig ist, um unsere Interessen zu wahren, zum Beispiel freie Handelswege“.

    Heute ist es unter anderem die Waffen- und Munitionsschmiede Rheinmetall, die von der Zeitenwende profitiert: „Sie können davon ausgehen, dass am Ende zwischen 30 und 40 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen zu uns kommen“, sagte Rheinmetall-CEO Armin Papperger.

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    Umverteilung von unten nach oben

    Wenn man sich die staatlichen Ausgaben insgesamt anschaut, zeigt sich, dass sich die „versteckte“ Steuerverschwendung durchzieht. Geld wird für menschenfeindliche Migrationspolitik, Unternehmensrettungen oder Aufrüstung vorgesehen, während für den Gesundheitsbereich, Infrastruktur oder soziale Ausgaben für Arbeitslose, Migrant:innen, Frauen oder Kinder kein Geld mehr bleibt. Diese Umverteilung von unten nach oben ist damit ebenso eine „Verschwendung“ unseres Geldes, wie die der einzelnen Skandale, die Aufsehen erregen.

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    • Auszubildender im öffentlichen Dienst aus Hessen. Schreibt über Klassenkämpfe und innenpolitische Entwicklungen in der BRD. Er wurde über den Umweltaktivismus politisiert und schreibt seit 2023 für Perspektive.

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