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Samstag, September 21, 2024
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    Ernst Thälmann – führender Kommunist und Symbolfigur

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    Am 18. August 1944 ermordeten die Nazis im KZ Buchenwald den KPD-Vorsitzenden Ernst Thälmann. Unter Thälmanns Führung hatte die kommunistische Partei die Bolschewisierung ihrer Organisation eingeleitet und den Kampf um die proletarische Revolution in Deutschland geführt. Nach seiner Verhaftung im März 1933 wurde er zur internationalen Symbolfigur des antifaschistischen Widerstands.

    Dem CDU-Kreisverband Berlin-Pankow ist Ernst Thälmann auch heute noch immer ein Dorn im Auge. Zuletzt forderten die Ostberliner Christdemokrat:innen im März 2022 die Entfernung des Denkmals für einen der prominentesten Ermordeten des Hitlerfaschismus. Im April 1986 hatte die DDR die 14 Meter hohe Thälmann-Statue an der Greifswalder Straße enthüllen lassen. 36 Jahre später fand das Bezirksamt Berlin-Pankow dann eine typische Bürokratenlösung für das in der BRD unerwünschte Denkmal: Es werde künftig nicht mehr gereinigt, weil die Kosten dafür „zu hoch“ seien.

    Ermordet im KZ Buchenwald

    Der KPD-Vorsitzende Ernst Thälmann war am 18. August 1944 auf persönlichen Befehl Adolf Hitlers ermordet worden. Gestapo-Beamte hatten ihn am Vorabend aus seiner Gefängniszelle im Zuchthaus Bautzen ins KZ Buchenwald gebracht. Dort erschoss ihn die SS am frühen Morgen vermutlich in einem Heizungskeller. Seine Leiche wurde sofort verbrannt. Mehrere Wochen später behauptete die faschistische Presse, Thälmann sei bei der Bombardierung des Konzentrationslagers durch die US-Luftwaffe ums Leben gekommen.

    Elf Jahre hatte Thälmann zuvor elf Jahre in Haft gesessen und war dort auch gefoltert worden. Ein Gerichtsverfahren hatte es nie gegeben: Zu groß war die Angst des Hitler-Regimes, dass der Kommunistenführer ihnen in einem öffentlichen Prozess eine ähnliche Blamage zufügen könnte wie zuvor Georgi Dimitroff: Der bulgarische Kommunist hatte Nazi-Größen wie Hermann Göring im Radio live ins Kreuzverhör genommen.

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    Vom Hamburger Arbeiter zum KPD-Funktionär

    Ernst Thälmann (*16. April 1886) kam aus einer Hamburger Arbeiterfamilie. Sein Vater war Speditionskutscher und eröffnete später ein kleines Geschäft. Thälmann half dort schon als Kind aus, bevor er als Hilfsarbeiter am Hamburger Hafen anheuerte und dort mit 10 Jahren seinen ersten Streik mitmachte. Die Verankerung unter den Hamburger Arbeiter:innen behielt er zeitlebens bei. Ab 1903 organisierte er sich in der – damals noch revolutionären – SPD. 1918/19 beteiligte er sich dann als USPD-Mitglied an den revolutionären Kämpfen in Deutschland. Zur KPD stieß er 1920 zusammen mit dem linken Flügel der USPD. Der überwältigende Teil der Hamburger USPD-Mitglieder folgte ihm damals zu den Kommunist:innen.

    In der KPD gehörte Thälmann in den ersten Jahren dem linken Flügel an, der seine Basis in den Arbeiter:innenbezirken von Hamburg und Berlin hatte. Die politische Situation in der jungen Weimarer Republik war damals hochexplosiv: Während die Kommunist:innen weiter um die sozialistische Revolution und die Errichtung einer Räterepublik kämpften, wollten faschistische Kräfte eine völkische Diktatur herbei putschen.

    1923 kam es schließlich beinahe zu einer revolutionären Situation: Die KPD bereitete mit sowjetischer Unterstützung zunächst den Aufstand im Deutschen Reich vor, der am Ende jedoch abgesagt wurde und nur in einigen Bezirken von Hamburg ausbrach. Die Hamburger Arbeiter:innen kämpften sehr mutig, hielten einer Polizeiübermacht zwei Tage lang stand und konnten sich schließlich geordnet zurückziehen, womit sie einen großen moralischen Sieg erzielten. Thälmann organisierte damals als Parteifunktionär offenbar die Werft- und Bauarbeiter zum Streik für die Unterstützung des Aufstands – und war zunächst gegen einen Abbruch der Kämpfe.

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    Bolschewisierung und revolutionäre Offensive

    Nach dem Scheitern des „Deutschen Oktobers“ und der wirtschaftlichen und politischen Stabilisierung in Deutschland durchlief die KPD für einige Zeit eine chaotische, linksradikale Phase. Thälmann ergriff damals Partei zugunsten der Kommunistischen Internationale, die den ultralinken Kurs der KPD-Führung um Ruth Fischer und Arkadi Maslow kritisierte. Kurz nach der Absetzung Fischers wurde Thälmann 1925 Parteivorsitzender.

    Unter Thälmanns Führung begann die KPD, den Umbau der Partei aus einer offenen Massenpartei in eine Kader:innenpartei leninistischen Typs entschieden umzusetzen. Dieser Umbau erfolgte nach den Beschlüssen der Kommunistischen Internationale und wurde unter dem Begriff der „Bolschewisierung” bekannt. Zu den wesentlichen Bestandteilen dieses Programms gehörten unter anderem der Kampf gegen das ausufernde bürgerliche Fraktionswesen in der Partei und die Umstellung der Grundorganisationen auf Betriebszellen. Damit schaffte die KPD wichtige Grundlagen dafür, um bei einem erneuten Kriseneinbruch schlagkräftig handeln zu können.

    1928 beschloss die KPD gemäß dem VI. Weltkongress der Komintern ihre Ausrichtung auf die revolutionäre Offensive im Angesicht der bevorstehenden Wirtschaftskrise. Hauptziel war es damals, den sozialdemokratischen („sozialfaschistischen“) Einfluss auf die Mehrheit der Arbeiter:innenklasse aktiv zurückzudrängen, selbst die Betriebe und Stadtteile zu erobern und damit die Voraussetzungen für eine sozialistische Revolution zu schaffen. Die SPD-Führung entpuppte sich in den ersten Jahren der Krise tatsächlich als diejenige Kraft, die im Interesse der Bourgeoisie die ökonomischen und politischen Angriffe auf die Arbeiter:innenklasse einleitete.

    Der KPD war es unter dem Vorsitz des populären Thälmann gelungen, ihre Mitgliederzahl ab 1925 auf 360.000 (1932) mehr als zu verdoppeln. Massenorganisationen der Partei wie die Revolutionäre Gewerkschaftsopposition (RGO) umfassten weitere hunderttausende Arbeiter:innen. Als paramilitärischer Verband der Partei kämpfte der Rote Frontkämpferbund (RFB), der von Thälmann selbst geführt wurde, mit Faschist:innen und bürgerlichen Kräften um die Straße.

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    Die revolutionäre Offensive der KPD scheiterte jedoch unter anderem an den aggressiven Gegenaktionen der SPD und ihrer Betriebsfunktionär:innen, welche die Kommunist:innen systematisch aus den Betrieben drängten. Daneben fand die Politik der KPD-Führung jedoch auch in den eigenen Reihen Kritik: Neben einem Teil der kommunistischen Betriebsräte, die sich 1928/29 unter Heinrich Brandler und August Thalheimer als KPD-Opposition (KPO) abspalteten, äußerte auch Clara Zetkin Zweifel an der Eignung der damaligen Parteilinie, die Mehrheit der Arbeiter:innenklasse zu gewinnen.

    Aufstieg des Faschismus und Verhaftung

    In den Jahren bis 1933 kämpfte die KPD unter Thälmanns Führung erbittert gegen den Aufstieg der NSDAP und die drohende Errichtung einer faschistischen Diktatur. Als Hitler im Januar 1933 die Macht übernahm und zwei Monate später der Reichstag brannte, setzte eine bis dahin beispiellose Verfolgungswelle gegen Kommunist:innen, aber auch gegen Sozialdemokrat:innen und andere Oppositionelle ein. Thälmann gehörte zu den ersten, die im März 1933 festgenommen wurden. Dass die Meldung über seine Verhaftung in der Partei wie eine Bombe einschlug, geht aus zeitgenössischen Schilderungen wie dem biographischen Roman „Unsere Straße“ von Jan Petersen hervor: „Ich habe lange auf die Buchstaben gestarrt, konnte kein Wort herausbringen. Thälmann – verhaftet!“

    In den Jahren im Zuchthaus wurde Ernst Thälmann zum internationalen Symbol des antifaschistischen Widerstands. Weltweit kam es zu Initiativen und Massenaktionen für die Freilassung des Kommunistenführers. Im Spanischen Bürgerkrieg kämpften deutsche Freiwillige an der Seite der Volksfront im Thälmann-Bataillon gegen die Franco-Faschist:innen. Seine Ermordung konnten diese Kämpfe zwar nicht verhindern. Die Bedeutung der Person Ernst Thälmanns veranlasste Hitler aber offensichtlich, ihn elf Jahre am Leben zu lassen und erst kurz vor dem Zusammenbruch seines Regimes zu exekutieren.

    Diese symbolische Strahlkraft Thälmanns ist es auch, die der sowjetische Bildhauer Lew Kerbel in den 1980er Jahren in denselben Stein meißelte, der bis heute den Platz an der Greifswalder Straße in Berlin schmückt. Die CDU nimmt nun Anstoß am Thälmann-Denkmal, weil es den entschlossenen Kampf der Arbeiter:innen für ein anderes, für ein sozialistisches Deutschland unübersehbar verkörpert. Diesen Kampf jedoch nehmen sich – auch heute wieder – viele Kommunist:innen in Deutschland und darüber hinaus zum Vorbild.

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