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Donnerstag, September 12, 2024
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    Naziverehrung im Traditionserlass zurückgenommen – Aber die Grenze wurde schon überschritten

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    Die Erweiterung des Traditionserlasses der Bundeswehr wurde wieder gestrichen. Dies ist jedoch Teil einer größeren Strategie zur schleichenden Normalisierung der Militarisierung. Nur ein klassenkämpferischer Widerstand kann dies verhindern. – Ein Kommentar von Felix Zinke.

    Am 12. Juli hatte die Bundeswehr eine Erweiterung des Traditionserlasses verabschiedet. Dieser sollte beinhalten, dass auch ehemalige Wehrmachtsgeneräle und überzeugte Faschisten als Vorbilder geehrt werden. Jedoch gab es auf diesen Vorstoß seitens der Bundeswehr und des deutschen Staats großen Unmut in der Bevölkerung und eine Welle der Entrüstung und Kritik, sodass diese Erweiterung am 14. August wieder gestrichen wurde.

    Traditionserlass: Nazi-Generäle als Vorbilder der Bundeswehr

    Mit der Salamitaktik zur Kriegstüchtigkeit

    Dies ist jedoch keine neue Taktik des deutschen Staats, wenn es um das Thema Aufrüstung geht. Mit der Anwendung einer Salamitaktik wurden Dinge mittlerweile normalisiert, die früher noch zu Rücktritten geführt haben. So musste 2010 der damalige Bundespräsident Horst Köhler sein Amt niederlegen, weil er sich öffentlich für Auslandseinsätze mit dem Zweck der Wahrung wirtschaftlicher Interessen Deutschlands aussprach.

    Mittlerweile ist das keine Frage mehr, sondern eine allseits akzeptierte Wahrheit, der zuletzt mit der Entsendung der Fregatte Hessen ins Rote Meer vor wenigen Monaten erneut Taten folgten. Die Entwicklung dieser schleichenden rhetorischen und mentalen Aufrüstung geht schon soweit, dass Kriegsminister Pistorius offen die „Kriegstüchtigkeit” bis 2029 auf allen Kanälen fordern kann und trotzdem die höchsten Zustimmungswerte in Umfragen unter allen Politiker:innen erhält. Dies wäre ohne die jahrelange, meist subtile Verschiebung des Meinungsspektrums nicht möglich gewesen.

    Die langen Vorbereitungen des Klassenkampfs von oben

    Naziverehrung und „Atombombe für Deutschland/Europa“ als neue Treiber

    Unter diesem Gesichtspunkt war das Scheitern der Erweiterung des Traditionserlasses ein kalkuliertes Risiko: Ein Versuch, den Militarismus weiter voran zu treiben, um auf lange Sicht doch noch Früchte zu tragen. Denn Grenzüberschreitungen wie diese geschehen regelmäßig und normalisieren heikle Themen über die Zeit in der politischen Debatte.

    Als weiteres Beispiel für einen solchen Tabubruch lässt sich die Idee einer „Atombombe für Deutschland/Europa“ einordnen: Historisch gab es in Deutschland einen großen Widerstand innerhalb der Bevölkerung gegen jegliche atomare Bewaffnung auf deutschem Boden. Das bekannteste Beispiel wäre hierbei die Antikriegsbewegung während des Kalten Kriegs.

    Nun zeigte sich ausgerechnet der ehemalige Grünen-Außenminister Joschka Fischer im Januar 2024 federführend bei der Forderung einer „europäischen Atombewaffnung“. Diese radikale Kehrtwendung bereitet zugleich auch den Boden für „harmlosere“ politische Forderungen wie der Wiedereinführung der Wehrpflicht.

    Diese als in der Marketingpsychologie bekannte Taktik der „Door in the Face-Technik“ (Tür ins Gesicht) wird genauso angewendet wie ihr Gegenstück der „Foot in the Door-Methode “ (Fuß in der Tür).

    Während die erste Technik aktiv Maximalforderungen wie z.B. nach einer Atombombe stellt, um dann kleinere Forderungen durchzusetzen, ist es bei der zweiten Technik eine langsamere Herangehensweise. In dieser würde dann nur ein verpflichtendes Soziales Jahr gefordert, da ja Pflegekräfte fehlen würden. Dies könnte dann genutzt werden um es auszuweiten, um zunächst das THW, dann die Feuerwehr und ganz zum Schluss der Gehirnwäsche auch die Bundeswehr mit einzubeziehen.

    Beide Methoden werden gleichzeitig angewendet, um in möglichst kurzer Zeit eine Zustimmung für die Aufrüstung und letzten Endes eines Kriegs zu generieren.

    Widerstand und Klassenkampf der Aufrüstung

    Diese Verfahren passieren zunächst fast unmerklich, jedoch fallen sie immer mehr Menschen auf. Da der deutsche Imperialismus aktuell unter Zeitdruck steht, um sich an der Neuaufteilung der Welt zu beteiligen, muss die Kriegspropaganda nun mit einer größeren Intensität vorangetrieben werden. Als Reaktion darauf muss sich auch zunehmender Widerstand bilden, der bereits Teil einer wachsenden klassenkämpferischen Bewegung ist.

    Diese sich aufbauende Antikriegsbewegung sollte jedoch die Fehler der Vergangenheit vermeiden und – statt sich auf einen für den Imperialismus „harmlosen” Pazifismus zu beschränken – eben jene genannten Gründe für Krieg und Krise klar benennen und bekämpfen. Die Ursache für die Kriege liegen letztlich im Kapitalismus begraben, der die Eroberung neuer Märkte und die Zerstörung von Kapital in Krisenzeiten dringend benötigt, um sich selbst zu erhalten.

    „Rheinmetall Entwaffnen“ – Antimilitaristisches Aktionscamp im September in Kiel

    • Perspektive Autor seit 2024. Berlin Informatikstudent und Werki in der IT. Schwerpunkte: internationale Kämpfe und Imperialismus.Begeisterter Radfahrer.

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