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Montag, September 9, 2024
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    Sexistischer Rap von Frauen – ist das „Empowering”?

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    Mit dem Lied „Deutschland“ landeten Ski Aggu und Ikkimel einen Sommerhit bei Jugendlichen. Neben einem Ohrwurm hat sich auch schnell eine Debatte um bestimmte Textstellen von Ikkimel verbreitet. Was es mit dieser Diskussion und Ikkimels Musik auf sich hat. – Ein Kommentar von Marlon Glaiß.

    Ende Juni veröffentlichten die Künstler:innen Ski Aggu und Ikkimel ihren gemeinsamen Elektro-Track „Deutschland“, in dem es hauptsächlich um Alkohol, Drogen, Partyleben und Sex geht. Der Song wurde vor allem durch Social Media schnell zum EM-Hit für junge Leute. So ging der Refrain auf Plattformen wie TikTok und Instagram viral. Dabei sorgten einige Zeilen des Liedtextes jedoch für Diskussion und Empörung.

    Provokant: Selbstsexualisierung und Drogenkonsum

    Beim Anhören des Songs fällt eines auf: Zwar rappen Ski Aggu und Ikkimel beide über Alkoholkonsum und Drogen, doch nimmt Ikkimel dabei ganz klar die führende Rolle ein und übernimmt die kontroversen Parts.

    In den sozialen Medien wurde vor allem eine ihrer Textstellen debattiert, in der es heißt: „So guck´ ich immer, wenn ich will, dass man mich fickt“. Sind diejenigen, die Ikkimels Text kritisieren, zu verklemmt, oder machen sie zu Recht auf Sexismus im Deutsch-Rap aufmerksam? Oder sind gerade – umgekehrt – solche provokanten Texte von Frauen für Frauen „selbstermächtigend”?

    Neuanstrich des Sexismus

    Texte und Inszenierungen wie bei Ikkimel finden sich bei immer mehr jungen Frauen aus dem Deutsch-Rap – die Kehrtwende, die sexistischen Stereotype als Frauen selbst in die Hand zu nehmen, scheint ein sich ausbreitender Trend zu sein. Künstlerinnen wie Shoki, sarah4k oder Yung FSK18 singen in ihren Songs fast ausschließlich über Sex oder Drogen, und das mit einer oft sehr verstellten, kindlichen Stimme.

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    „Bei mir wird nicht verhütet, da wird immer rausgezogen“ oder „Steh auf blaue Flecken, außer auf der Wahlkarte“, singt Ikkimel in ihrem neuen Deutschland-Track, in den Songs ihrer Kolleginnen finden sich ganz ähnliche Aussagen zuhauf wieder. Das Thema der Selbstsexualisierung machen sie regelrecht zu ihrem Profil, was sich auch darin widerspiegelt, wie sich die jungen Frauen in den sozialen Medien z.B. auf Instagram darstellen: dort sind sie auf vielen ihrer Posts nur in Unterwäsche oder in anzüglichen Posen zu sehen.

    Alles in allem ergibt sich daraus ein Bild, das bereits seit Jahren im Deutsch-Rap besteht – bisher aber zumeist von Männern geprägt und bedient wurde.

    Mit ihrer Musik und ihrem Auftreten machen Künstlerinnen wie Ikkimel also eigentlich genau das, was viele Männer im Deutsch-Rap hören wollen, nämlich, dass Frauen sich nach ihren Wünschen verhalten, sexualisieren und erniedrigen lassen wollen.

    Jetzt davon zu sprechen, dass es „empowering” sei, die sexistischen Rollenbilder im Deutsch-Rap als Frau weiter zu fördern, scheint jedoch recht weit hergeholt: Denn die jungen Rapperinnen machen sich durch und durch selbst zum Sex-Objekt. Im Berliner Musikmagazin DIFFUS etwa heißt es über $HOKI: „$HOKI ist der feuchte Albtraum aller Macker-Männer“. Dann zu sagen, dieselben sexistischen Inhalte auf gleiche Weise als Frauen zu behandeln, sei „feministisch”, weil es eben Frauen sind, wirkt eher wie eine wackelige Rechtfertigung.

    Natürlich soll es Frauen möglich sein, im Deutsch-Rap sexistische Rollenbilder aufzugreifen und zu kritisieren, jedoch wird man Letzteres bei Ikkimel und Co. vermissen. Das Bild, das dadurch im Rap von Frauen entsteht, wird durch ihre Musik eher reproduziert, als hinterfragt.

    • Perspektive-Autor seit 2023 aus dem Brandenburger Osten. Schwerpunkte sind Antifaschismus und Repression. Motto: "Menschen die verrückt genug sind, zu denken sie könnten die Welt verändern, sind diejenigen die es auch tun" - Steve Jobs

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