`
Sonntag, September 8, 2024
More

    Umweltverschmutzung und Ausplünderung: Europäische Konzerne sichern Zugriff auf serbisches Lithium

    Teilen

    Lithium gilt als Kernrohstoff für die „Energiewende“. Die EU sichert sich nun ein Vorrecht auf das größte Vorkommen Europas in Serbien. Vor zwei Jahren wurde dieses Projekt noch durch Proteste aus der Bevölkerung und von Umweltaktivist:innen gestoppt.

    Am Freitag besuchte Bundeskanzler Olaf Scholz den serbischen Präsidenten Aleksandar Vučić. Die bilateralen Gespräche der beiden waren in der Berichterstattung der Medien jedoch eher nebensächlich. Das Hauptaugenmerk galt dagegen dem Critical Raw Material Summit (deutsch: Gipfel für kritische Rohstoffe).

    Dort unterzeichneten Vučić, Scholz und der Vizepräsident der Europäischen Kommission, Maroš Šefčovič, nämlich ein Memorandum zwischen der EU-Kommission und Serbien, das eine Zusammenarbeit Serbiens mit großen europäischen Unternehmen beim Abbau des Leichtmetalls Lithium im Jadar-Tal im Westen Serbiens verabredet.

    Serbiens Lithiumvorkommen gelten dabei als die größten Europas. Auch chinesische Unternehmen hätten laut dem serbischen Präsidenten daran Interesse gezeigt. „Wir haben ihnen aber mitgeteilt, dass wir dieses Thema mit den Europäern diskutieren“, so Vučić.

    Europäische Großkonzerne profitieren vom Deal

    Profiteure dieses Pakts sind in erster Linie europäische Großkonzerne: So hatte Olaf Scholz gleich mehrere Unternehmensvertreter:innen bei seiner Reise in den Balkan im Schlepptau, darunter der Mercedes-Chef Ola Källenius, der insbesondere die Vorhaben des englisch-australischen Konzerns „Rio Tinto” zum Bau einer Mine unterstützte. Sein Unternehmen sei „potentieller Kunde“.

    Serbien: Bergbaukonzern verliert Lithium-Förderlizenz nach Protesten

    Der englisch-australische Konzern will damit in die Top-Zehn der größten Lithium-Produzenten auf der Welt vorstoßen. Beim Gipfeltreffen in Belgrad zählte er zu den Unternehmen, die eigene Absichtserklärungen mit Serbien aushandeln konnten.

    Warum ist Lithium so wichtig?

    Lithium gilt als einer der wichtigsten Rohstoffe bei der Umstellung der Wirtschaft auf erneuerbare Energieträger. Es wird etwa für E-Autos oder die Speicherung von Energie benötigt. Drei Viertel der weltweiten Vorkommen werden dabei im „Lithium-Dreieck“ zwischen Chile, Argentinien und Bolivien vermutet, die größten europäischen Vorkommen eben in Serbien – also insgesamt in eher ärmeren Ländern.

    Tatsächlich sind es aber vor allem die kapitalistischen Großmächte, die mit dem Leichtmetall Profit machen, indem sie sich Förderrechte sichern und die Weiterverarbeitung über ihre eigenen Konzerne abwickeln. Während man auch in Serbien nicht müde wird zu betonen, einen Teil der Weiterverarbeitung im eigenen Land stattfinden zu lassen, werden vor allem deutsche Konzerne wie Mercedes die Endprodukte gewinnbringend verkaufen.

    Scholz, Biden, Xi & Co. im Kampf um Südamerikas Rohstoffe

    Dabei ist Lithium zwischen den verschiedenen Großmächten stark umkämpft. Der Deal mit Serbien ist für die deutsche Regierung vor allem ein Punktgewinn gegenüber China. Denn zum einen will man Beijing in der Konkurrenz um Förderrechte ausstechen, zum anderen von ihm unabhängig werden. Dafür ist der Abbau von Lithium im eigenen Machtbereich für deutsche Unternehmen von großer Bedeutung.

    Dabei steht jedoch nicht nur Serbien im Fokus. Bereits Anfang letzten Jahres hatte Scholz in Begleitung einer Unternehmensdelegation Förderrechte, Absichtserklärungen und Verträge für deutsche Konzerne in Argentinien und Chile ausgehandelt.

    Widerstand und Kritik am Lithium-Abbau

    Der Plan, in Serbien Lithium durch internationale Großkonzerne abbauen zu lassen, stößt auf viel Kritik. Dabei spielt nicht nur eine Rolle, dass am Ende weniger die serbische Bevölkerung, sondern imperialistische Konzerne aus dem Ausland vom Projekt profitieren dürften. Vielmehr ist der Abbau des für die „Energiewende“ notwendigen Metalls alles andere als umweltfreundlich: Umweltschützer:innen kritisieren etwa, dass der Lithium-Bergbau das Grundwasser mit Schwermetallen verunreinige.

    Rio Tinto war erst im Jahr 2022 eine Förderlizenz in Serbien entzogen worden, nachdem es zu heftigen Protesten gekommen war. Diese durch Widerstand erzwungene Entscheidung der Regierung wurde erst vor wenigen Tagen durch das serbische Verfassungsgericht gekippt.

    Mehr lesen

    Perspektive Online
    direkt auf dein Handy!

    Weitere News