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Freitag, April 19, 2024
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    Zionistische Besatzungsarmee tötet neun Palästinenser:innen in Jenin

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    Am Donnerstag griff die israelische Armee die palästinensische Stadt Jenin im Westjordanland an. Neun Palästinenser:innen wurden dabei getötet und weitere verletzt. Die Gewalt ist der jüngste Ausdruck des seit über 100 Jahren anhaltenden Versuchs, den palästinensischen Widerstand gegen Kolonisierung und Vertreibung zu brechen.

    Am Morgen des 26. Januar drang die israelische Armee in das Flüchtlingslager innerhalb der palästinensischen Stadt Jenin ein. Zu den Getöteten gehören eine ältere Frau, drei Geschwister und zwei Teenager. Mindestens drei der durch die israelische Armee Getöteten waren palästinensische Widerstandskämpfer. Während der Kämpfe in Jenin beschossen die Israelis ein Krankenhaus. Palästinensischen Rettungskräften wurde der Zugang zu Verletzten durch israelische Soldaten verwehrt. Bulldozer verwüsteten ganze Straßenzüge.

    Der Angriff wurde von israelischer Seite als “Anti-Terror-Operation” gerechtfertigt. Ein Teil der Getöteten gehörte zu den Jenin-Brigaden der paramilitärischen, islamisch-fundamentalistischen Organisation Palästinesischer Islamischer Jihad.

    Vergeltungsaktionen von beiden Seiten

    In Reaktion auf den morgendlichen Angriff intensivierten palästinensische Widerstandsgruppen im Westjordanland und im Gaza-Streifen ihre Angriffe. Sowohl der Palästinensische Islamische Jihad als auch andere Gruppen griffen in kleineren Operationen Checkpoints, Siedlungen und Militärfahrzeuge an. Im ganzen Westjordanland kam es zu großen Demonstrationen. Mindestens zwei weitere Palästinenser wurden in Jerusalem und Ramallah getötet. Aus dem Gaza-Streifen erfogten, vermutlich unter Führung der Hamas, Rakatenangriffe auf naheliegende zionistische Siedlungen. Die israelische Luftwaffe griff daraufhin mehrere Ziele in Gaza an.

    Während verschiedene palästinensische politisch-militärische Organisationen schworen, den Angriff auf das Camp zu rächen und standhaft angesichts der zionistischen Aggression zu bleiben, meldete sich die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) unter Mahmoud Abbas lediglich damit zu Wort, die Sicherheitskooperation mit Israel beenden zu wollen. Ähnlich hatte sich die PA bereits in der Vergangenheit geäußert, die Kooperation mit den israelischen Behörden jedoch immer wieder heimlich fortgeführt.

    Am Freitagabend tötete ein Palästinenser sieben jüdische Siedler:innen, als diese in der Siedlung Neve Jaakov eine Synagoge verließen. Diese Siedlung befindet sich im Ostteil Jerusalems, also dem eigentlich palästinensischen, von Israel annektierten Teil. Die Hamas bekannte sich zu dieser Aktion und bezeichnete sie als Vergeltung für das Massaker in Jenin. Der 22-jährige Palästinenser wurde ebenfalls von der Polizei erschossen.

    Abzuwarten bleibt nun, welche weiteren Operationen von beiden Seiten folgen, unwahrscheinlich erscheint jedoch, dass das Ende der Eskalation bereits erreicht ist.

    Auch in Deutschland Proteste

    Auch in Deutschland veranstalteten Palästinenser:innen und Unterstützer:innen Kundgebungen und Gedenkaktionen. In der Kölner Innenstadt machte am Freitag Abend beispielsweise die Gruppe Samidoun, das palästinensische Gefangenensolidaritätsnetzwerk, auf den Angriff auf Jenin aufmerksam. Auch die Rolle des deutschen Staates als Unterstützer Israels wurde dort herausgestellt. Eine Sprecherin von Samidoun betonte am Freitag Nachmittag in einem Gespräch mit Perspektive Online: “Deutschland gibt vor, Menschenrechte und UN-Recht hochzuhalten, aber sobald es um Palästina geht, wird das alles über Bord geworfen und Deutschland steht an der Seite Israels”.

    Auch die Rolle von deutschen Mainstream-Medien kritisierte die Sprecherin deutlich: “Die meisten Medien in Deutschland schaffen Deckung für die israelischen Verbrechen und lassen die deutsche Bevölkerung im Dunkeln über das, was in Jenin und Palästina passiert”. Tatsächlich betitelte beispielsweise die BILD-Zeitung den Angriff in Jerusalem später am Freitag Abend als Anschlag eines Terroristen, brachte aber keine Meldung zu den Angriffen auf die Bevölkerung Jenins. Die BILD-Zeitung folgt damit durchaus der Linie des deutschen Staates: Unterdrückung und Repression des palästinensischen Widerstandes und uneingeschränkte Solidarität mit dem zionistischen Staat.

    Seit Monaten spitzt sich die Lage zu

    Die jüngste Welle von militärischer Gewalt gegen die Palästinenser:innen ist eine weitere Etappe in der sich seit mehreren Monaten zuspitzenden verdeckten Kriegsführung der zionistischen Armee gegen die palästinensische Bevölkerung. Im letzten Jahr wurden knapp über 200 Palästinenser:innen in Jerusalem, in der West Bank und dem Gaza-Streifen getötet. Das war die höchste Zahl von Todesopfern durch den israelischen Staat in Palästina seit 2006. Allein im Januar 2023 wurden bereits 31 Palästinenser:innen getötet.

    Zwar ist die Ermordung von Palästinenser:innen durch die israelischen Sicherheitskräfte oder Siedler:innen fast schon grausamer Alltag unter den Apartheid-Bedingungen, die in Palästina herrschen, dennoch zeigen diese Zahlen deutlich auf, dass eine allmähliche Verschärfung der Unterdrückung der jetzigen Eskalation voraus gegangen war.

    Nachdem sich im letzten Jahr neue Gruppierungen dem palästinensischen bewaffneten Widerstand angeschlossen haben, treibt nun die neu vereidigte extrem reaktionäre Regierung Israels die Gewalt gegen die Palästinenser:innen weiter voran und möchte diesen Widerstand mit gezielten Tötungen brechen. Viele Beobachter:innen gehen davon aus, dass sich die Regierung mit der zur Schau gestellten Brutalität und Härte gegen die palästinensische Bevölkerung profilieren will und eine vollständige Annektion der Westbank der nächste Schritt sein könnte.

    So rechts ist die neue israelische Regierung

    Es bleibt abzuwarten, inwiefern sich die Lage weiter verschärft. Schon jetzt erinnert der Angriff auf Jenin an die Zeiten der Zweiten Intifada. Im Jahr 2002 war das Flüchtlingslager in Jenin bereits einmal Ziel eines massiven Angriffs der Zionist:innen gewesen. Im April 2002 töteten zionistische Soldaten dort in Vergeltung für palästinensische Selbstmordattentate 53 Palästinenser:innen und zerstörte einen Großteil des Lagers mit Bulldozern.

    Und auch während der Kolonialherrschaft der Briten kam es zur Zerstörung von Jenin, als die britische Armee ein Viertel der Stadt als Teil eines Vergeltungsangriffs während des arabischen Aufstandes gezielt mit Sprengstoff in Schutt und Asche legte.

    Weil sich Jenin trotz alledem bis heute als Ort des palästinensischen Widerstandes hält und jeglichen Versuchen, es zu zerstören, standhält, trägt die Stadt im Arabischen den Beinamen “Hauptstadt der Märtyrer”. Das Flüchtlingslager in Jenin besteht seit 1948 und ist der Zufluchtsort Tausender Palästinenser:innen, die während der ethnischen Säuberung rund um die Gründung des Israels vor den zionistischen Milizen geflohen waren.

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