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Freitag, März 29, 2024
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    Bundesverfassungsgericht: Polizeigesetz MV ist teilweise verfassungswidrig

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    Das Bundesverfassungsgericht erklärt Teile des Polizeigesetzes in Mecklenburg-Vorpommern für verfassungswidrig. Das Gesetz bleibt jedoch in Kraft und muss lediglich nachgebessert werden. Gegen Überwachung sicher ist die Bevölkerung damit nicht.

    Weite Teile des 2020 verschärften Polizeigesetzes in Mecklenburg-Vorpommern sind nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts verfassungswidrig. Das Gesetz erlaube Polizist:innen und insbesondere  den verdeckten Ermittler:innen zu früh tiefe Eingriffe in Persönlichkeitsrechte von beschatteten Personen.

    Nichtig und unwirksam wird das beanstandete Gesetz durch das Urteil des Verfassungsgerichts jedoch nicht. Dieses hat lediglich eine Nachbesserung des Gesetzes angemahnt, das Gesetz an sich bleibt in seiner derzeitigen Form vorerst gültig. Auch in anderen Bundesländern könnte das Urteil jetzt Veränderungen in den jeweiligen Polizeigesetzen nach sich ziehen.

    Das Urteil erfolgte am 1. Februar als Reaktion auf eine Verfassungsbeschwerde, die im Juni 2021 von einem breiten Bündnis eingereicht worden war. Konkrete Kläger:innen sind nach Informationen der “Gesellschaft für Freiheitsrechte” die Aktivist:in Salome Krug, Strafverteidigerin Katrin Hildebrandt, der aktive Fußballfan des F.C. Hansa Rostock, Sebastian Trettin, sowie ein weiterer Fußballfan und ein Journalist.

    Die Beschwerdeführer:innen bemängelten, dass diverse Überwachungsmaßnahmen mit dem aktuell gültigen Polizeigesetz rechtlich möglich seien, weil die Polizei vermute, dass von der überwachten Person in Zukunft eine Gefahr ausgehen könnte. Ähnliche Vorschriften waren bereits zuvor im BKA-Gesetz von den Verfassungsrichter:innen angemahnt worden.

    Konkret wurde nun durch das Urteil klargestellt, dass die Überwachung des privaten Wohnraums und der Telekommunikation durch das Ausgehen einer „konkretisierten“ Gefahr von der betroffenen Person gerechtfertigt sein müsse.

    Auch wurden bestimmte Vorschriften für den Einsatz von verdeckten Ermittler:innen nachgeschärft. So will das Bundesverfassungsgericht ausgeschlossen sehen, dass verdeckte Ermittler:innen „intime Beziehungen“ mit ihren Zielpersonen eingehen.

    Das Bundesverfassungsgericht schließt Überwachung ausdrücklich nicht aus

    Wer nun aber in dem Glauben, dank des Bundesverfassungsgerichts von solchen Maßnahmen nicht mehr betroffen sein zu können, erleichtert aufatmet, muss das Kleingedruckte lesen: Das Bundesverfassungsgericht hat die meisten der beanstandeten Maßnahmen nicht als grundsätzlich mit der Verfassung unvereinbar erklärt, sondern lediglich die konkrete Gestaltung des Gesetzes kritisiert.

    Dem Urteil nach können die genannten Überwachungsmaßnahmen durchaus rechtmäßig sein, wenn die Polizei eine „konkrete Gefahr“ begründen könne. Es braucht nicht viel Fantasie um sich auszumalen, dass eine solche Formulierung schon an sich viel Interpretationsspielraum lässt.

    Und ungeachtet dessen: In der Vergangenheit hat die Polizei immer wieder den ihr vorgegeben rechtlichen Rahmen überschritten: So ist erst Mitte der 2010er-Jahre bekannt geworden, dass zu Beginn der 2000er-Jahre mehrere weibliche Polizistinnen als verdeckte Ermittlerinnen in Hamburg Liebesbeziehungen mit Mitgliedern der linken Szene eingegangen waren.

    Auch die Polizeigesetze anderer Bundesländer könnten beanstandet werden

    Ziemlich absehbar ist jedenfalls, dass nun auch die Polizeigesetze anderer Bundesländer erneut in den Fokus geraten werden, denn ihre Formulierungen sind oftmals sehr ähnlich, wenn nicht sogar wortgleich.

    Der Rahmen der Landesinnenpolitik wird darüber bei den regelmäßigen Innenministerkonferenzen (IMK) abgestimmt. Die nächste Sitzung wird vom 14. bis zum 16. Juni 2023 in Berlin stattfinden.

     

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