Die geplante Justizreform der israelischen Regierung hatte in den letzten Monaten zu großen Protesten geführt. Jetzt kündigte Israels Premierminister Benjamin Netanjahu in einer Rede an, sie auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben.
Nach der Wahl der neuen israelischen Regierung stellte Justizminister Yariv Levin (Likud-Partei) die Pläne einer Justizreform vor. Sie würde dem Parlament die Macht geben, zukünftig Gerichtsentscheidungen mit einer einfachen Mehrheit aufzuheben. Auch die Ernennung von Richter:innen soll durch das Parlament geschehen können. Ein weiterer Bestandteil der Reform ist eine Gesetzesänderung namens „Außerkraftsetzungsklausel“. Sollte ein Gericht einen Gesetzentwurf eigentlich abgelehnt haben, könnte das Parlament diese Entscheidung übergehen.
Diese Ankündigungen sorgten für große Proteste. Allein am vergangenen Montag, den 27. März, demonstrierten Zehntausende vor dem Parlament, und der Dachverband der Gewerkschaften, Histadrut, rief zum Generalstreik auf.
In einer Fernsehansprache am Montag verkündete Netanyahu in einer Reaktion auf die Proteste nun, dass weitere Teile der Justizreform erst nach den Parlamentsferien diskutiert und beschlossen werden sollen. Sie beginnen in der kommenden Woche und gehen bis Ende April.
Auch innerhalb der Regierung unter Netanjahu gibt es Uneinigkeiten über die Reform. Verteidigungsminister Joaw Galant wurde entlassen, nachdem er sich kritisch über sie äußerte. Andere Minister:innen hingegen drohten mit ihrem Rücktritt, sollte sie zurückgezogen werden.
Als besonderer Befürworter gilt der als besonders rechts bekannte Minister für Nationale Sicherheit, Ben Gvir. Er hatte härteres Vorgehen gegen israelische Demonstrant:innen sowie gegen Palästinenser:innen im Westjordanland gefordert. Ebenso soll unter seiner Führung eine Nationalgarde eingerichtet werden, die von Kritiker:innen als paramilitärische Armee speziell zur Niederhaltung von Protesten angesehen wird.
Gleichzeitig verkündete Netanjahu, außer der Verschiebung der Reform „breiten Konsens“ erreichen zu wollen. Er sprach davon, „einen Bürgerkrieg durch Dialog“ vermeiden zu wollen. Die Angst vor länger andauernden und heftigeren Protesten scheint groß. Was aus der Hoffnung wird, sich durch die Verschiebung der Diskussionen im Parlament Zeit verschafft zu haben, bleibt abzuwarten – allerdings wurden weitere Streiks der Gewerkschaften bereits abgesagt.
Eines der Gesetze der verschobenen Justizreform wurde allerdings noch vor Netanjahus Ankündigung durch den Verfassungsausschuss des Parlaments gebracht und könnte so noch vor den Ferien beschlossen werden. Dieses Gesetz würde es der Regierungskoalition unter anderem erlauben, zwei der Richter:innen des Obersten Gerichtshof allein zu bestimmen.