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Samstag, Juli 27, 2024
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    Über 60 Tote bei Bootsunglück auf dem Mittelmeer

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    Am Samstag sind wieder über 60 Menschen aus Nigeria, Gambia und anderen afrikanischen Staaten auf dem Mittelmeer ertrunken. Die Menschen flüchten vor Armut und Krieg und sind auf dem Weg oft Folter und Menschenhandel ausgesetzt.

    Am 16. Dezember sind auf dem Mittelmeer 61 Menschen ertrunken. 86 Personen insgesamt waren auf einem Boot von Libyen aus unterwegs nach Europa. Nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) ist das Boot vor der libyschen Küste durch hohe Wellen zum Kentern gebracht worden. 25 Menschen konnten wohl gerettet werden.

    Die Organisation der UN schreibt, dass “das zentrale Mittelmeer nach wie vor eine der gefährlichsten Migrationsrouten der Welt ist”. Laut Statista sind 2023 bereits über 2.500 Menschen gestorben (Stand 6. Dezember).

    Flucht vor Armut in Nigeria

    Die Menschen auf dem Boot kamen laut IOM aus Nigeria, Gambia und anderen afrikanischen Ländern. Schon 2022 hatten Ökonomen unter anderem in Gambia sich zuspitzende Konflikte durch steigende Lebensmittelpreise erwartet. Auch in Nigeria ist der Lebensstandard extrem niedrig, etwa 70% der Menschen leben unter der Armutsgrenze. Die Wirtschaftsleistung des Landes steigt zwar – unter anderem durch seine Ölvorkommen – immer weiter,  jedoch profitieren nur wenige Reiche davon.

    Vor kurzem reiste Bundeskanzler Olaf Scholz nach Nigeria, um dort über Öl-Deals und Migrationspakte zu verhandeln: „Deutsche Unternehmen haben ein Interesse an Gaslieferungen aus Nigeria und sehen einer Zusammenarbeit mit nigerianischen Gasunternehmen erwartungsvoll entgegen“, sagte Scholz gegenüber der nigerianischen Zeitung The Punch. Und mit dem nigerianischen Präsidenten Bola Tinubu diskutierte Scholz über den Bau von „Migrationszentren“, um Abschiebungen aus Deutschland zu erleichtern und gleichzeitig Auswahlverfahren für hier fehlende Fachkräfte zu ermöglichen.

    Die andere Seite der Medaille: Im Oktober beging ein 33-Jähriger, der aus Nigeria nach Deutschland geflüchtet war, Suizid, um seiner Abschiebung zu entgehen. Trotz der unhaltbaren Lebensverhältnisse in seinem Heimatland hatte er kaum eine Perspektive auf Asyl in Deutschland. In den Jahren 1993 bis einschließlich 2022 töteten sich insgesamt 443 Geflüchtete angesichts ihrer drohenden Abschiebung.

    Sachsen: Asylsuchender stürzt sich bei Abschiebung in den Tod

    Folter in Libyen mit Unterstützung der EU

    Die häufigsten Ziele auf der Route von Libyen nach Europa sind die Länder Italien und Malta. In Libyen sind die Flüchtenden auf sich allein gestellt und menschenunwürdigen Bedingungen ausgesetzt. Milizen schießen auf ihre Boote, schleppen sie zurück in die Folterkammern des libyschen Staates oder verkaufen sie weiter an Menschenhändler. Auch Zwangsarbeit und Vergewaltigungen sind keine Seltenheit.

    Wie der SPIEGEL Mitte Dezember berichtete, pflegen Italien und Malta enge Beziehungen zu den libyschen Milizen. In mehreren Fällen konnte die Recherche außerdem belegen, dass maltesische Behörden und die europäische Grenzschutzbehörde Frontex den Milizen dabei halfen, Boote aus europäischen Gewässern zu verschleppen. Mit militärischen Einheiten der anerkannten libyschen Regierung arbeitet die EU schon lange offiziell zusammen.

    Libyen: Haftar-Miliz foltert Flüchtlinge mit Unterstützung der EU

    Für die Milizen von Khalifa Haftar, der hauptsächlich von Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Russland unterstützt wird, ist das Geschäft mit Geflüchteten auf dem Mittelmeer besonders lukrativ. Auf der einen Seite machen sie durch die Kontrolle von Häfen Geschäfte mit den Schleppern, auf der anderen Seite verdienen sie durch den Handel mit Menschen, die sie auf dem Mittelmeer mit Hilfe der EU gefangen nehmen. Hinzu kommen die Deals über finanzielle Hilfen durch EU-Staaten.

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