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Freitag, Mai 3, 2024
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    Wirtschaftskrise: Deutsche Konzerne streichen zehntausende Stellen

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    ZF, Bayer, Bosch — in den letzten Tagen haben drei große deutsche Konzerne den Abbau von mehreren zehntausend Stellen angekündigt. Allein der Autozulieferer ZF könnte bis zum Ende des Jahrzehnts 18.000 Arbeitsplätze streichen. Auslöser der Sparprogramme ist die aktuelle Wirtschaftskrise, Hintergrund bei den Autozulieferern ZF und Bosch die Transformation zum E-Auto.

    Der Gesamtbetriebsrat von ZF Friedrichshafen hat in dieser Woche Alarm gegeben: Bis zu 18.000 Stellen und damit mehr als ein Drittel aller Jobs in Deutschland könnte der Automobilzulieferer bis Ende des Jahrzehnts streichen. Die Konzernführung habe dem Betriebsrat vorgerechnet, dass sie diese Zahl an Beschäftigten durch Verrentung, auslaufende Verträge und natürliche Fluktuation abbauen könnte — also ohne betriebsbedingte Kündigungen. Geplant sei zunächst der Abbau von 12.000 Stellen bis 2030. Bereits im Dezember hatte ZF angekündigt, sein Werk in Gelsenkirchen mit 190 Arbeiter:innen bis Ende 2024 komplett zu schließen. Ende 2025 schließt zudem der Standort im nordrhein-westfälischen Eitorf, in dem 690 Arbeiter:innen beschäftigt sind.

    Transformation zum Elektroauto

    Am Mittwoch protestierten deshalb rund 3.000 Beschäftigte vor der Konzernzentrale gegen die Sparpläne. Der Vorstand wolle die Produktion nach und nach in Länder mit niedrigeren Lohnkosten verlagern, so der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Achim Dietrich. Auslöser der Sparpläne ist die anhaltende Wirtschaftskrise in Deutschland, der Hintergrund ist wiederum die Transformation der deutschen Automobilindustrie vom Verbrennungsmotor hin zu Elektroautos. Einen großen Teil seines Geschäfts macht ZF bislang mit Fahrzeugteilen, die mit dem Elektroauto überflüssig werden — wie zum Beispiel Getrieben und Kupplungen.

    Wirtschaftskrise: Explodiert die Zahl der Firmenpleiten?

    Auch der Industriekonzern Bosch — ebenfalls ein wichtiger Teil der Zulieferketten für die Autoindustrie — kämpft mit dem Übergang zur Elektromobilität. Am Donnerstag teilte der Konzern mit, er wolle wegen des steigenden Kostendrucks und der unsicheren Aussichten wegen des autonomen Fahrens bis 2026 weltweit etwa 1.200 Stellen streichen. Betroffen ist die Sparte „Cross-Domain Computing Solution“, die z.B. Sensoren, Fahrzeugcomputer und Steuergeräte sowie die zugehörige Software entwickelt. In Deutschland stehen im Zuge des Sparprogramms Stellen an den Standorten Abstatt, Hildesheim, Leonberg, Renningen und Schwieberdingen zur Disposition. Die Ankündigung folgt auf die Bekanntgabe von Bosch im Dezember, bis zu 1.500 Stellen in der Antriebssparte zu streichen. Als weiterer Zulieferkonzern für die Autoindustrie hatte Continental bereits im November ein Sparprogramm für seine Autosparte verkündet. Hier sollen Jobs im mittleren vierstelligen Bereich wegfallen.

    Wirtschaftskrise: Chemieindustrie kündigt Sparprogramme an

    Stellenabbau auch bei Bayer

    Auch jenseits der Autoproduktion wollen deutsche Konzerne massiv sparen. Am Mittwoch kündigte der Agrarchemie- und Pharmakonzern Bayer an, in Deutschland in erheblichem Umfang Stellen abzubauen: „Der Stellenabbau soll in den kommenden Monaten zügig umgesetzt werden und spätestens Ende 2025 abgeschlossen sein“. Vorstand und Betriebsrat hätten sich hierzu auf Grundsätze verständigt.

    Wie viele Jobs genau gestrichen werden sollen, ist noch nicht bekannt. In Deutschland beschäftigt Bayer derzeit 22.200 Arbeiter:innen. Der Konzern steht nicht nur angesichts der Wirtschaftskrise unter Druck: Im Pharmageschäft laufen die Patente für einige gewinnbringende Medikamente aus, und in der Agrarsparte hat Bayer wegen der Verwendung des potentiell krebserzeugenden Stoffs Glyphosat nach wie vor mit hohen Gerichtskosten in den USA zu tun. Andere Konzerne aus der Chemieindustrie hatten bereits im Sommer letzten Jahres – zu Beginn der Krise – heftige Gewinneinbrüche und Sparprogramme verkündet.

    Ähnliches gilt für andere Giganten der Pharma- und Chemiebranche. Bei BASF steht die Übergabe an den erneuen Vorstandschef Markus Kamieth an. Der Gewinn des Unternehmens sank auf 68,9 Milliarden Euro, in Vorjahr waren es 87,3 Milliarden Euro. Anna Wolf, ifo-Expertin für die Chemiebranche, rechnet mit einem branchenweiten Stellenabbau. Derweil erwarten Anleger:innen gespannt die Dividendenpolitik des neuen Vorstandschefs und wie sich die Kosteneinsparungen durch Entlassung auf deren Ausschüttung auswirkt.

    Stellenabbau auch international: Google baut auf KI

    Der Tech-Riese Google baute schon in den vergangenen Monaten stetig Stellen ab. Allein in diesem Jahr waren die Sparten Pixel, Nest, Fitbit, Google Assistant, Augmented Reality, Google Ads und YouTube vom Stellenabbau betroffen. Der GoogleWatchBlog argumentiert deshalb, dass auf die Begründungen des CEOs Sundar Pichai kein Verlass sei.

    Denn dieser spricht von einer Reorganisation der Abteilungen, in deren Zug ‘einige’ Stellen überflüssig würden. Außerdem sei die Entwicklung von KI, die sich täglich weiterentwickle, teuer und fordere Sparmaßnahmen an anderer Stelle. Tatsächlich geht der Blog aber davon aus, dass der vermehrte Einsatz von KI – etwa im Support – jetzt mehr und mehr Beschäftigte verdrängt.

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