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Montag, April 29, 2024
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    Russischer Imperialismus weitet Präsenz in Afrika aus

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    Die russische Regierung plant, ihren Einfluss im Norden des afrikanischen Kontinents weiter auszubauen. In Libyen sei laut Informationen des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD) eine russische Marinebasis geplant. In vielen Regionen Afrikas intensiviert Russland seine Beziehungen und antwortet damit – als vermeintlich progressiver Partner – auf die antiwestlichen Proteste in vielen Ländern, die besonders in den letzten Jahren wieder erstarkt sind. – Ein Kommentar von Nick Svinets.

    Recherchen des WDR und NDR haben Bedenken des Auswärtigen Amts zur weiteren russischen Einflussnahme in Afrika publik gemacht. Unter anderem konnte dem internen Schreiben entnommen werden, dass der EAD als der diplomatische Dienst der EU die Planung einer russischen Militärbasis mit Zugang zum Mittelmeer befürchtet. Die russische Botschaft dementiert das Vorhaben. Schon in den letzten Monaten sollen über libysche Häfen im Osten des Landes, die unter Kontrolle der Haftar-Miliz stehen, große Mengen an Rüstung aus Russland geliefert worden sein.

    Die mögliche Marinebasis würde der russischen Regierung die Möglichkeit eröffnen, einen strategischen Zugang zum Mittelmeer zu haben. Der einzige Hafen, den sie bisher nutzen durften, liegt an der syrischen Küste. Die syrische Marinebasis Tartus konnte seit 1971 von der Sowjetunion und heute von Russland angefahren werden. Sie bietet der Schwarzmeerflotte Russlands Unterstützung, aber hat keinen großen strategischen Nutzen. Eine russische Marinebasis an der libyschen Küste könnte wiederum die bisherige Afrika-Politik Putins massiv ausweiten.

    Russischer Einfluss in Afrika

    Russland gilt als Nutznießer der bröckelnden neokolonialen Politik europäischer Großmächte wie Frankreich. In einigen westafrikanischen Staaten wie Guinea, Mali, Burkina Faso oder Niger haben die antiwestlichen Proteste sogar zu Militärputschen geführt. Das westliche Militär, selbst die USA, mussten bspw. Niger verlassen.

    Niger kündigt Militärabkommen mit den USA und plant eigene Währung

    Die Rolle des Westens übernehmen jetzt vermehrt russische Truppen. In einigen Fällen sind es die Truppen der Söldnergruppe Wagner, die gemeinsam mit den dortigen Regierungen den dschihadistischen Terrorismus bekämpfen.

    Außerdem könnte die russische Regierung den Transport von Rüstung und Waffen an verschiedenste Konfliktparteien vereinfachen. Der bisherige Einfluss, den Russland z.B. auf den Bürgerkrieg im Sudan hat, könnte sich vergrößern und die Lage eskalieren, was wiederum nur den Eliten und Konfliktparteien und nicht der Zivilbevölkerung zu Gute käme.

    Ausweitung des Bürgerkriegs im Sudan

    Weder russischer noch europäischer Imperialismus

    Die Außenpolitik Russlands in Afrika ist von Kapitalinteressen und von geopolitischem Machtausbau geprägt – sei es die Lieferung von Waffen und Rüstung in Kriegsgebiete oder die Errichtung einer Marinebasis mit Zugang zum Mittelmeer. Im Großen und Ganzen spitzte sich der geopolitische Konflikt zwischen westlichen und östlichen Imperialisten weiter zu.

    Die Einflussnahme Russlands, der imperialistische Beweggründe innewohnen, unterscheidet sich nur im Punkt des historischen Kontextes vom westlichen Imperialismus: Russland hatte keine Kolonien in Afrika und hat seit der Unabhängigkeitswelle der 1960er-Jahre nicht permanent versucht, die afrikanischen Staaten sozial, wirtschaftlich und politisch zu kontrollieren und unter zu entwickeln.

    Tatsache ist, dass sich einige afrikanische Staaten wie z.B. Burkina Faso, Mali und Niger im Kampf gegen den Terrorismus auf externe Hilfe verlassen müssen. Anstatt also den Westen um Hilfe zu bitten, der mit jedem Atemzug versucht, erneut die Gründe für den Dschihadismus zu reproduzieren, das Land weiter in neokolonialen Zuständen behalten will und die Präsenz für ihre eigenen imperialistischen Motive nutzt, wendet man sich an Russland.

    Die zunehmende Intensivierung der Beziehungen zum russischen Imperialismus bedeutet jedoch keine Befreiung vom kolonialen Joch. Die Antwort darauf darf aber genauso wenig sein, den afrikanischen Staaten vorzuschreiben, mit wem sie paktieren dürfen und mit wem nicht. Schlussendlich ist die militärische und diplomatische Zusammenarbeit mit Russland eine Reaktion auf die jahrzehntelange neokoloniale Einflussnahme europäischer Mächte, die in den Ländern zu massiven Missständen, Ausbeutung und einer Weiterführung kolonialer Verhältnisse geführt hat.

    Egal ob Russland, China, USA oder Frankreich: Das Vorgehen dieser Länder, den eigenen Einfluss aus geostrategischen und profitmaximierenden Gründen auszubauen, ist imperialistisch und wird es auch weiter sein, solange die kapitalistischen und kolonialen Ausbeutungsstrukturen, die besonders in Afrika zu spüren sind, nicht überwunden werden. Der Genozid im Kongo, der Bürgerkrieg im Sudan, die Hungersnöte in Somalia oder die Konflikte in der Sahelzone haben alle eine Gemeinsamkeit: nämlich das imperialistische Weltsystem, das ohne (neo-)koloniale Unterwerfung und Ausbeutung nicht auskommt.

    Der Kampf gegen Krieg und Militarismus muss sich gegen jeglichen Imperialismus richten!

    • Perspektive-Autor seit 2024 und Politikwissenschaftsstudent mit Fokus auf Westasien & Sahelzone, Migration, Antirassismus, Antimilitarismus und internationale Klassenkämpfe.

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