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Freitag, September 13, 2024
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    Israelis gegen Genozid: Militärhaft für Kriegsdienstverweiger:innen

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    Drei 18-jährige Israelis verweigerten am 7. August ihren Kriegsdienst. Dies taten sie in Solidarität mit dem palästinensischen Volk. Nun werden alle in das Militärgefängnis Neve Ztedek gebracht. Es wird erwartet, dass sie mehrere Monate lang wiederholt vor Gericht stehen werden.

    „Mit meiner einfachen Handlung möchte ich mich mit meinen palästinensischen Brüdern und Schwestern solidarisch erklären. Ich weiß, dass jedes Kind in Gaza gezwungen ist, ein größerer Held zu sein, als ich es je sein werde.“, begründete der 18-jährige Israeli Yuval Moav seine Kriegsdienstverweigerung. Der junge Israeli aus Kfar Neter wurde letzte Woche am Montag verurteilt, Oryan Mueller aus Tel Aviv bekam am Tag darauf und Itamar Greenberg aus Bnei Brak am Mittwoch seinen Urteilsspruch. Kurz bevor die jungen Männer ihre Strafen antreten mussten, sprachen sie mit Local Call und +972 über ihre Beweggründe und über ihre Haltung zur israelischen Apartheid und Besatzung.

    Eine Gemeinsamkeit haben sie alle: Sie wollen nicht Teil der Verbrechen am palästinensischen Volk sein. Bei einem von ihnen hat sich diese Meinung erst über die Jahre entwickelt: So erklärt Itamar Greenberg in seiner Verweigerungsbegründung, dass er im Alter von zwölf Jahren in die israelische Armee eintreten wollte – nicht um ein Soldat, aber um ein Israeli zu sein. „Jetzt, wo ich 18 bin, weiß ich, dass die Tatsache, dass der Weg in die israelische Gesellschaft über die Unterdrückung und das Töten eines anderen Volkes führt, eine große Ungerechtigkeit in unserer Gesellschaft darstellt.“

    Oryan Mueller sieht seine Verweigerung auch als Mittel, um Einfluss auf die israelische Gesellschaft zu nehmen: „Verweigerung bedeutet, der israelischen Gesellschaft einen Spiegel vorzuhalten, vor allem um zu zeigen, dass es möglich ist, sich der militaristischen Todesmaschine und dem Kreislauf des Blutvergießens zu widersetzen. Wir müssen da nicht mitmachen.“

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    Kein Recht auf Verweigerung

    Die drei jungen Männer wurden vorerst zu je 30 Tagen Freiheitsstrafe verurteilt. Israelis, die den Wehrdienst verweigern, stehen damit und mit ihrer Haltung zur derzeitigen israelischen Politik nicht alleine. Vor dem Gericht, in dem Moav, Mueller und Greenberg verurteilt wurden, versammelten sich mehrere Demonstrierende in Solidarität mit ihnen.

    Seit 2015 findet Solidarität mit Kriegsdienstverweiger:innen in Israel auch organisiert statt: Die Vereinigung Mesarvot – hebräisch für „Wir verweigern“ – ist eine Organisation zur Unterstützung der Verweiger:innen. Sie schafft mediale Aufmerksamkeit für die einzelnen Fälle, bietet rechtliche Unterstützung und ermöglicht den Austausch zwischen jungen und ehemaligen Kriegsdienstverweiger:innen. Außerdem gibt sie Tipps, wie man den Alltag in Militärhaft bewältigt und bietet eine Art Vorbereitungsprogramm an.

    Zudem kritisieren ihre Mitglieder die patriarchale Gewalt im israelischen Militär. Die regierungskritische Vereinigung spricht sich außerdem gegen die Besatzung in Palästina aus und nahm im Westjordanland an Solidaritätsaktionen, zum Beispiel gegen die Räumung von Häusern, teil. Bei den landesweiten massiven Protesten 2023 gegen die Justizreform verknüpften sie diese auch mit der Rolle der Besatzung.

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    Mesarvot unterstützt bis heute viele junge Erwachsene, darunter auch den ersten Jugendlichen, der den Wehrdienst nach dem 7. Oktober 2023 verweigerte: Tal Mitnick verbüßt deswegen zurzeit eine Haftstrafe von insgesamt 185 Tagen.

    Die genaue Gefängnisstrafe, die einen erwartet, lässt sich nie wirklich vorhersehen. In Israel gibt es kein Grundrecht auf Kriegsdienstverweigerung. Erfahrungsberichte zeigen jedoch, dass Verweiger:innen nach ihrer Haftentlassung bei wiederholter Verweigerung immer wieder ins Gefängnis wandern. Besonders seit dem 7. Oktober 2023 scheinen die Strafen in die Höhe zu schießen. Die drei Jugendlichen beweisen jedoch einmal mehr, dass sich Widerstand mit Repression nicht brechen lässt.

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