`
Montag, September 16, 2024
More

    Energiewende: Wärmepumpen für alle?

    Teilen

    Mit der Wärmewende auf dem Weg zur Klimagerechtigkeit – schon längst ist um die Wärmepumpe ein regelrechter Kulturkampf zwischen Grün und den konservativen Rechten entstanden. Wem sollen wir denn jetzt Glauben schenken? – Ein Kommentar von Marceline Horn.

    Flächendeckendes, klimafreundliches Heizen – laut Bundesregierung könnte das in nicht allzu ferner Zukunft mit der „Wärmewende“ zur Realität werden. Dazu wurde erst im letzten Jahr das Gebäudeenergiegesetz (GEG, auch bekannt als Heizungsgesetz) beschlossen.

    Dabei sollen neue Heizungen, die mit „65 % erneuerbarer Energie“ betrieben werden, in möglichst viele Wohnungen und Häuser eingebaut werden, darunter auch die Wärmepumpe. Um diese Veränderung zu beschleunigen, werden seit dem 1. September die in dem Gesetz beschlossenen Fördergelder ausgegeben. An der ganzen Sache gibt es aber mehr als nur einen Haken.

    Die Wärmepumpe – günstig und klimaneutral oder Trugschein?

    Dass die Installation einer neuen Heiztechnologie in einem Haus natürlich viel Geld kostet, ist auch der Regierung klar. Jedoch wird die Wärmepumpe zusammen mit Fördergeldern als auf Dauer günstigere Alternative beworben, die dann auch klimaneutral sein soll, schließlich produziert Deutschland Strom schon zur Hälfte aus erneuerbaren Energien! Damit sind Wärmepumpen aber noch lange nicht klimaneutral.

    Da die Klimafreundlichkeit von Wärmepumpen abhängig von der Produktionsart des Stroms ist, muss dieser vollständig klimaneutral sein. Außerdem ist die Stromproduktion im Vergleich zur Wärmeproduktion auch mit Effizienzverlusten verbunden, wodurch die Wärmepumpe dann an Effizienz verliert. Was sie durch effizienten Transport von Wärme einholen – also dass zum Beispiel mit einer Kilowattstunde Strom 3,5 Kilowattstunden Wärme gepumpt werden können – verlieren sie zumindest zum Teil durch die ineffizientere Stromproduktion. Die Abhängigkeit von der Stromproduktion bedeutet jedoch, dass, wenn erneuerbare Energien nicht vorhanden sind und mit Kohle oder Gas Strom produziert werden muss, auch Wärmepumpen ziemlich dreckig sein können.

    Mogelpackung „Wärmewende“

    Wie realitätsfern diese Wende ist, wird auch immer mehr Leuten klar. Bis Ende August wurden nur etwa 90.000 neue Wärmepumpen installiert. Das ist weit entfernt vom Ziel, ab 2024 jährlich 500.000 neue Pumpen zu installieren, und ist derzeit etwa zurück auf dem Niveau von 2021. Vor dem Hintergrund, dass etwa nur 12 Prozent der globalen Maßnahmen gegen die Klimakrise tatsächlich Emissionen sparen, zeigt dies erneut: Der Kapitalismus ist nur „grün“, wenn es Profite bringt.

    Was tun bei Extremwetter und Umweltkatastrophen?

    Ohne zu zucken, faselt die Ampel was von „Klimagerechtigkeit“ und kuschelt im nächsten Moment mit Auto- und Rüstungskonzernen. Außerdem spart die Regierung schon seit Jahren bei Sozialleistungen und ruft aus eigenen Reihen nach Kürzungen im Bürgergeld. Stark ansteigende Preise, vor allem bei Lebensmitteln, treffen Arbeiter:innen besonders, jedoch erwartet die Regierung gleichzeitig von uns, (Zehn-)Tausende von Euro in eine Wärmepumpe zu stecken. Das ist so absurd, dass viele gar kein Bock mehr auf diese Diskussion haben. Was soll uns eine Wärmepumpe und die Förderung für Eigenheime interessieren, wenn wir kaum die Wohnung in Stand halten können?

    Diese Fehlpolitik macht sich auch die Union zunutze. Jens Spahn erklärte die Wärmepumpe in einem Tweet zur „Zwangs-Ideologie“ der Ampel. Dabei sind sich aber selbst die Konservativen gar nicht sicher, ob sie sich nun für oder gegen die Wärmepumpe positionieren. Kurz vor dem Tweet eröffneten Spahn und Merz noch eine „Wärmepumpen-Akademie“ beim Energieunternehmen Enpal und sprachen sich für die Wärmewende aus.

    Dies führte zu einer kurzen Krise innerhalb der Partei, bei der erst einmal klargestellt werden musste, von welcher Industrie sie denn jetzt am meisten profitieren könnten, denn eine ehrliche Kritik und eine Alternative zum Heizungsgesetz haben sie natürlich auch nicht anzubieten. Man sieht: Es ging nie um fortschrittliche Klimapolitik, immer um das Abwägen von ökonomischen sowie politischen Interessen. Klimafreundlichkeit und das Wohlergehen der Arbeiter:innen haben weder in der CDU noch in der Ampelregierung Platz.

    Die Grünen, ein Vorzeige-Lobbyverein

    Wirklich überraschen sollte uns das Ganze nicht. Dass die Ampelregierung weder eine klimafreundliche noch arbeiter:innenfreundliche Politik verfolgt, hat sie schon oft demonstriert. Vor allem profitieren von den Wärmepumpen-Deals Energiefirmen und grüne Lobbyvereine wie dem Grünen Wirtschaftsdialog, in dem sich auch bp, Airbus, die Deutsche Bank, Allianz und viele andere Konzerne wiederfinden. Alles wohl eher kaum am Klimaschutz interessierte Firmen – befürworten tun sie die Gesetze der Ampel aber dennoch, bedeuten diese für sie nämlich nicht zuletzt eine Umsatzsteigerung auf Kosten der Mieter:innen.

    Vetternwirtschaft statt Klimaschutz bei den Grünen

    Auch der Fall von Patrick Graichen (Grüne), der ehemalige Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, macht eines klar: Auch die Grünen besetzen Posten im Staatsapparat nicht nach Fähigkeit der Politiker:innen, sondern anhand freundschaftlicher Beziehungen oder mit denjenigen, von denen sie selbst profitieren können. Klimaschutz und soziale Politik wurden erfolgreich aus dem Fenster geworfen und die Grünen haben sich erfolgreich vollständig dem Lobbyismusapparat unterworfen. Hinter der Maske des Klimaschutzes lebt der grüne Kapitalismus zusammen mit Ölgiganten weiter.

    • Perspektive-Autorin seit 2024. Sie lebt und studiert in Freiburg und schreibt besonders über Frauen- und LGBTI+ Kämpfe. Photographie-Fan und Waschbären-Liebhaberin.

    Mehr lesen

    Perspektive Online
    direkt auf dein Handy!

    Weitere News