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Dienstag, September 17, 2024
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    Über die Kriminalisierung von Klimaprotesten und westliche Doppelstandards

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    Die kapitalismusgemachte Klimakrise regt sowohl in Deutschland als auch international immer mehr Menschen zu Widerstand an. Die staatliche Antwort hierauf lautet oft Repression. Hierbei sticht besonders der westliche bzw. deutsche Doppelstandard hervor. – Ein Kommentar von Phillipp Nazarenko.

    Die letzten Jahre sahen eine Wiederbelebung von Umwelt- und Klimaprotesten in Deutschland, aber auch auf der ganzen Welt. Spätesten seit den weitläufigen Klimastreiks und Demonstrationen, welche ab 2019 von „Fridays  for Future“ initiiert wurden, sind die Themen wieder im Alltag präsent. Auch als Politisierungsfaktor, vor allem für viele Kinder und Jugendliche, spielten und spielen diese Proteste eine bedeutende Rolle.

    Die Wiederbelebung der Bewegung begann durchaus nicht im fundamentalen Widerspruch mit der in Deutschland und der EU herrschenden kapitalistischen Politik. Forderungen wie die praktische Umsetzung und die Verpflichtung internationaler Abkommen (wie z.B. die Einhaltung des sog. „2-Grad-Ziels“) waren und sind teilweise heute noch die Hauptforderungen der Bewegung. Dass die Zerstörung der natürlichen Umwelt durch Klimakrise, Vermüllung, Artensterben und viele weitere ökologische Probleme kapitalismusgemacht ist, wird heutzutage immer offensichtlicher.

    Kapitalismus bedeutet Klimakatastrophe!

    Wandel im Klimakampf

    Recht früh begann die Begrenztheit der bürgerlich geprägten Proteste und ihrer reformistischen Losungen einen Erkenntnisprozess bei immer mehr Demonstrierenden auszulösen. Die Losungen wurden konsequenter. Heute wird das kapitalistische System von immer mehr Menschen zunehmend als Feind erkannt.

    Auch „radikalere“ Formen des Widerstandes, wie die Besetzung von Kohlegruben, Pipelines oder der zivile Ungehorsam wurden erprobt. Beispielhaft sei in Deutschland dafür die Gruppe „Ende Gelände“ zu nennen, welche die Verbindung von z.B. der Kohle- und Ölindustrie und der imperialistischen Politik immer wieder herausstellte und eine konsequentere Kritik an den politischen Verhältnissen übte.

    Eine weitere Form, welche die „Radikalisierung“ der Bewegung angenommen hat, wird durch die Organisation „Letzte Generation“ verdeutlicht. Die oft aufopferungsvollen Blockaden trafen zwar eher selten die Schuldigen in diesem System, für eine erhöhte Aufmerksamkeit sorgten sie aber allemal.

    Die “Letzte Generation” lässt das Kleben sein – Wie geht´s weiter?

    Globale Tendenz, europäische Heuchelei

    Keiner dieser Protestbewegungen konnte erreichen, dass die Herrschenden in Deutschland und Europa ihre Politik konsequent in ihrem Sinne veränderten. Gleichzeitig ist jedoch ein beunruhigender Trend zu beobachten: Die Einschränkungen demokratischer Grundrechte, Repression und Hetze gegen Menschen, die sich für den Erhalt von Klima und Natur einsetzen, haben massiv zugenommen.

    Die NGO „Climate Rights International“ kommt in ihrer neuen Untersuchung über die Unterdrückung gegenüber der Klimabewegung in sog. „demokratischen Ländern“ zu dem Ergebnis, dass diese rasant zunehme und immer neue Grenzen sprenge. So verzeichnen Länder wie die USA, das Vereinigte Königreich, Australien oder auch ganz vorne mit dabei die BRD eine wachsende Anzahl und Qualität an Repressionen gegenüber Klimaaktivist:innen.

    Dies reicht von Polizeigewalt auf Demonstrationen und Aktionen wie bei der Räumung von Lützerath, über die präventive Festnahme und Festhaltung von Aktivist:innen, damit diese sich nicht an Demonstrationen oder Blockaden beteiligen, bis hin zu Kriminalisierung ganzer Organisationen. Letzteres erlebten wir bei der „Letzten Generation“, gegen die es einen Versuch gab, sie als „kriminelle Vereinigung“ zu verbieten. Hierbei kam es zu Verhaftungen, Ausspähung privater Haushalte und Hausdurchsuchungen.

    Heftige Polizeigewalt bei Großdemonstration – #LützerathUnräumbar

    In die staatliche Repression reiht sich die ebenfalls umfassende mediale Hetze gegen die Aktivist:innen ein, in der diese wahlweise als Wahnsinnige oder Terrorist:innen betitelt werden. Dass dies eine Ursache für die vielen Fälle von gewalttätigen Angriffen von Passant:innen auf die Aktivist:innen war, liegt ebenso nahe.

    Ein weiterer Punkt der bei dieser Entwicklung beachtenswert ist, ist die konsequente Doppelmoral, mit der die Herrschenden und Politiker:innen in Deutschland ihre eigenen Repressionen rechtfertigen und gleichzeitig die Repressionen in anderen Ländern verurteilen. Dem Widerstand der Bevölkerung im eigenen Land gegen die kapitalistische Ausbeutung von Mensch und Natur wird mit Hetze und Gewalt begegnet. Wenn dieser Widerstand sich in konkurrierenden Ländern (wie China, dem Iran, etc.) ereignet, wird er gerne mal für die eigenen Zwecke missbraucht.

    Einordnen muss man die zunehmende Repression auch hier als Teil des Rechtsrucks, angetrieben durch die Kapitalist:innen, für die der Umweltschutz kurzfristig nicht profitabel ist. Der Erhalt und Schutz der menschlichen Umwelt ist ohnehin letztlich unvereinbar mit der kapitalistischen Ausplünderung. Der Widerstand gegen das System als Ganzes ist daher legitim – und angesichts des Klimawandels inkl. Umweltkatastrophen weltweit auch bitter nötig, trotz der Repressionen auch hierzulande.

    Was tun bei Extremwetter und Umweltkatastrophen?

     

    • Sächsischer Perspektiveautor seit 2022 mit slawisch-jüdischem Migrationshintergrund. Geopolitik, deutsche Geschichte und der palästinensische Befreiungskampf Schwerpunkte, der Mops das Lieblingstier.

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