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Montag, September 16, 2024
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    VW: Droht die erste Werkschließungen der Konzerngeschichte?

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    Der größte Autohersteller Deutschlands plant einen massiven Sparkurs. Grund sei die internationale Konkurrenz. Die Belegschaft protestiert gegen die Zukunftsunsicherheit.

    Das deutsche Weltmonopol VW plant, die globalen Gesamtausgaben bis 2026 auf 10 Milliarden Euro zu reduzieren. Damit soll die Gewinnmarge auf 6,5 Prozent gesteigert werden. Bereits vor ein paar Tagen wurde bekannt, dass im letzten Halbjahr die Gewinnmarge nur bei 2,3 Prozent lag. VW würde sein Ziel für den aktuellen Zeitraum damit verfehlen. Im internationalen Konkurrenzkampf wäre das zu wenig, um mit anderen Konzernen mitzuhalten.

    Darum kündigte das Management an, den Sparkurs deutlich anzuziehen. Dies soll sich vor allem im Senken von Personalkosten niederschlagen. Das heißt, dass VW die Beschäftigungsgarantie in sechs Standorten (Wolfsburg, Hannover, Braunschweig, Kassel, Emden, Salzgitter) aufkündigen könnte, die ursprünglich bis 2029 gelten sollte. Dadurch würden auch Kündigungen deutlich einfacher werden. Ein Novum, denn die Beschäftigungsgarantie existiert seit 30 Jahren und gab den Arbeiter:innen bei VW stets eine Sicherheit. Diese wird nun angegriffen.

    Und mit noch einer anderen, drastischeren Maßnahme wollen die Kapitalist:innen bei VW Geld einsparen: Die Schließungen von Produktionsstätten (sowohl Komponenten- als auch Fahrzeugwerke). Von mindestens einer Schließung ist die Rede und es sollen nicht nur kleinere Werke wie Osnabrück und Dresden betroffen sein, auch größere wie z.B. Baunatal im Landkreis Kassel. Außerdem sollen die Personalkosten im „indirekten Bereich“, d.h. alle Bereiche außerhalb der Produktion, um 20 Prozent gesenkt werden. Laut Insidern sei eine Schließung unter diesen Zielvorgaben unvermeidlich.

    „Ihr wollt Ärger? Ihr kriegt Ärger.“

    Die Arbeiter:innen im Banautal reagierten schnell auf die Ankündigung des Managements. In einer Betriebsversammlung versammelten sich rund 7.000 Arbeiter:innen und drückten ihren Unmut mit Bannern und Auspfeifen des Technik-Vorstands Thomas Schmall aus. Auf einem Banner war zu lesen: „Ihr wollt Ärger? Ihr kriegt Ärger.“ Der nordhessische Standort Banautal beschäftigt 15.500 Arbeiter:innen und ist das weltgrößte Komponentenwerk des Volkswagen-Konzerns. Der Standort, der weite Teile des elektrischen Antriebsstrangs herstellt, gilt als größter Arbeitsgeber Nordhessens. Ein Wegfall hätte schwere wirtschaftliche Folgen für die derzeit Angestellten und die gesamte Region.

    Gleichzeitig begibt sich die VW-Führungsriege auf die Suche nach billigen Arbeitskräften im Ausland. Sowohl in Brasilien, Tschechien als auch in der Ukraine wittern sie die Möglichkeit, für geringere Kosten als in Deutschland produzieren zu können. Die Suche dreht sich um geringere Lohnkosten, Steuern, Energiepreise und Sonstiges. Dabei müssen Produktionsstätten dem Konzern nicht direkt gehören. Viele sind aber als spezialisierte Zulieferer vom Weltmonopol der Marke VW abhängig und werden darüber kontrolliert.

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    Sozialdemokratie und Gewerkschaft

    Die Ankündigung kommt zu einer brisanten Zeit im Arbeitskampf, denn VW steht kurz vor den nächsten Tarifverhandlungen mit der IG Metall. Die Gewerkschaft fordert sieben Prozent mehr Lohn und 170 Euro mehr Ausbildungsvergütung. Betriebsratschefin Daniela Cavallo sprach von einem Versagen des Managements und kündigte an, dass sich die Belegschaft „erbittert zur Wehr setzen“ werde.

    Währenddessen versucht Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) zu beschwichtigen, stellt sich aber auch nicht konsequent gegen die Konzernpläne. Der Ministerpräsident ist selbst im VW-Aufsichtsrat, die meisten Werke stehen in Niedersachsen. Das Land hält 11,8 Prozent der Aktien und 20 Prozent der Stimmrechte bei VW. So sprang über die Dividende des Konzerns allein 2023 mehr als 500 Millionen Euro für das Bundesland heraus. Zwar spricht Weil davon, dass eine Werkschließung das allerletzte Mittel sei, betonte aber gleichzeitig, „die Wettbewerbsfähigkeit“ von Volkswagen müsse „garantiert sein.“

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