#fragendiefehlen – ein Kommentar von Tim Losowski
Das TV-“Duell” zwischen der amtierenden Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und dem “Herausforderer” Martin Schulz (SPD) hat gezeigt: diese Politiker haben mit uns nichts zu tun. Zentrale Themen, die unsere Lebensbedingungen direkt betreffen, kamen nicht vor:
- 50 % der Menschen besitzen 0% – Null Prozent! – des Vermögens in Deutschland. Am Ende des Monats ist unser Konto leer und wir müssen auch noch aus unseren Vierteln wegziehen. Was ist mit der ständig wachsenden Ungleichheit in diesem Land?
- Der Staat entwickelt Videoüberwachung, die uns quer durchs Land verfolgen kann, und das Internet wird zensiert. Was tun gegen den Abbau demokratischer Rechte?
- Immer extremere Wetterveränderungen und eine Autoindustrie, die uns über Jahrzehnte mit ihren manipulierten Diesel-Autos vergiftet und tötet. Wie retten wir unsere Erde vor dem Klima-Kollaps?
- Psychische Krankheiten, die sich immer mehr verbreiten, eine Gesellschaft, in der man sich mit dem Ellbogen durchsetzt. Wie kann ein solidarisches Miteinander aufgebaut werden?
- Schüler, die aus Arbeiterfamilien kommen und nur schwer Zugang zu höherer Bildung haben. Was ist mit unserem maroden Bildungssystem?
- Rechtsterroristische Netzwerke mitten im Staatsapparat, ganze Gebiete in Deutschland, in denen die Rechten das öffentliche Leben diktieren. Was tun gegen die faschistische Bewegung?
Viele weitere Fragen finden sich unter dem Twitter-Hashtag #fragendiefehlen .
Wer hätte diese Fragen stellen können? Wenigstens eine/r der vier (!) JournalistInnen. Warum taten sie es nicht? Claus Strunz (SAT.1, l-r), Sandra Maischberger (ARD), Maybrit Illner (ZDF) und Peter Kloeppel (RTL) gehören zur gleichen Kaste wie Merkel und Schulz auch. Es ist davon auszugehen, dass jeder mehr als eine Million Euro im Jahr verdient [1, 2 ,3] – und damit mehr als zwanzig Mal soviel wie ein/e durchschnittlicher Deutsche/r. Sie kennen unsere Probleme genauso wenig wie Schulz und Merkel.
Diese Filter-Blase können wir nur selbst zum Platzen bringen – mit einer eigenen Presse, die wir selbst – für uns selbst – schaffen.