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Sonntag, April 28, 2024
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    Deutsche Kriegsvorbereitungen laufen weiter heiß: 4 Mrd. Euro-Deal für Raketensystem aus Israel

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    Kurz nach der Veröffentlichung der “Nationalen Sicherheitsstrategie” folgt der nächste Paukenschlag: Der Haushaltsausschuss nickt 4 Milliarden Euro für ein Raketensystem aus Israel ab sowie 1 weitere Milliarde Euro für Flugabwehr aus der deutschen Kriegsindustrie. Die mehreren Milliarden stammen derweil zwar aus Steuergeldern, können jedoch über die 100 Mrd. Euro “Sondervermögen” für die Bundeswehr abgerechnet werden. Mit dem Deal soll Deutschlands militärischer Einfluss auf Osteuropa sowie die deutsch-israelische Partnerschaft gestärkt werden kommentiert Ahmad Al-Balah. 

    Am Mittwoch stimmte der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestags dem Kauf moderner Flugabwehrsysteme zu. Neben dem von der Regierung langersehnten 4 Milliarden Euro-Deal mit Israel bewilligte der Ausschuss rund 950 Millionen Euro für den Kauf von sechs Flugabwehrsystemen aus der eigenen deutschen Kriegsproduktion. 

    Erst wenige Stunden vorher hatte die Bundesregierung die erste „Nationale Sicherheitsstrategie“ Deutschlands vorgestellt. Als Konsequenz aus verschärften Konflikten sowohl im Ausland als auch im Innern soll sie die neue Leitlinie für die Sicherheit des deutschen Imperialismus sein und ist eine Konsequenz aus Deutschlands Kriegsvorbereitungen seit dem aggressiven Politikwechsel der “Zeitenwende” letzten Februar.  

    Bundesregierung beschließt Nationale Sicherheitsstrategie – Rüsten nach Außen und Innen

    Speziell seit letztem August bemühte sich die Bundesregierung, den leistungsfähigen Raketenschirm von Israel in die Hände zu bekommen, der sowohl Deutschland als auch die Einflussgebiete im Osten Europas verteidigen kann. Mit dem Kauf des “Arrow-3”- Raketensystems zusammen mit dem deutschen “IRIS-T SLM” (Infrarot-System für Mittelstreckenraketen) am Mittwoch konnte somit eine “Fähigkeitslücke der Bundeswehr” geschlossen werden, so der FDP-Bundestagsabgeordnete Karsten Klein. 

    Steuergelder für die Kriegsführung statt für die Bevölkerung 

    Das Bundesfinanzministerium weist in seiner Vorlage für den Ausschuss jedoch auch auf die finanziellen Risiken hin: Für den Fall, dass der Vertrag mit Israel nicht zustande käme, müsse Deutschland den israelischen Partnern Kosten von bis zu 560 Millionen Euro erstatten.

    Währenddessen gibt der Bundesrechnungshof zu bedenken, dass der abgeschlossene Vorvertrag von über 560 Mio. Euro Steuergeldern bedenklich sein könnte. Denn: Ein verbindlicher Vertragsabschluss wird erst für Ende 2023 angepeilt, da die israelischen Produktionskapazitäten noch gar nicht bereit sind und 6 Monate Vorlauf brauchen. 

    Auch die Baumaßnahmen für den Einsatz von Arrow-3 in Deutschland seien noch nicht beendet. Der vorgesehene Standort in Brandenburg könne wegen des “sandigen Untergrunds” Probleme bereiten, so der Bundesrechnungshof. 

    Die riskante, nicht rückerstattbare Vorauszahlung von 560 Mio. Euro an Israel zeigt, wie die deutsche Kriegspolitik derzeit mit allen Mitteln versucht, innerhalb kürzester Zeit aufzurüsten. Das System soll bereits bis Ende 2025 in Deutschland einsatzbereit sein. 

    Deutsch-Israelische “Partnerschaft”

    Das Arrow-System wurde von dem Unternehmen “Israeli Aerospace Industries (AIA) in Zusammenarbeit mit dem US-Flugzeugbauer Boeing entwickelt und hergestellt. Dabei finanzierte die USA die Forschung, um ihren israelischen Verbündeten im Nahen Osten einen militärischen Vorteil zu garantieren. 

    Rechtsentwicklung in Israel – wie soll man die Haltung der USA und Deutschlands verstehen?

    Aufgrund der dadurch geopolitisch erzeugten militärischen Übermacht Israels wird sowohl der Freiheitskampf der Palästinenser:innen erstickt, als auch regionale Mächte wie der Iran in Schach gehalten werden. Auf israelischen Luftwaffenstützpunkten kommt Arrow 3 seit 2017 zum Einsatz. Es wird dort für den Raketenschutzschild “Iron Dome” eingesetzt. 

    Deutschland musste mit den USA lange darüber verhandeln, ob und unter welchen Bedingungen die Bundeswehr das Raketensystem direkt aus Israel erwerben darf. In Perspektive schrieb Mohannad Lamees damals, dass die USA gar eine Absage an Deutschland erwogen hätten, um eine eigenständige und lukrative deutsch-israelische Bündnisarbeit zu verhindern. Am Ende der Verhandlungen stimmte die US-Regierung dem Deal zwar zu, nähere Informationen über die Verhandlungen und mögliche Zugeständnisse sind jedoch natürlich nicht öffentlich einsehbar. 

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    Aufrüstung für Deutschlands “schützende” Hand über Osteuropa 

    Die Arrow-Raketen haben eine deutlich höhere Reichweite als das bisher in Deutschland eingesetzte “Patriot”-Luftabwehrsystem und das System “IRIS-T”. Arrow 3 wäre also eine Ergänzung der bestehenden deutschen Raketenabwehr. Das System besteht aus einem Führungsgefechtsstand, Radargeräten, Startgeräten und Lenkflugkörpern. Das System könnte einen entscheidenden Beitrag zum europäischen Luftverteidigungsprojekt “Sky Shield” (ESSI) leisten. 

    ESSI ist eine gemeinsame Beschaffungsinitiative von 15 europäischen NATO-Staaten (Deutschland, Belgien, Bulgarien, Estland, Finnland, Großbritannien, Lettland, Litauen, Niederlande, Norwegen, Rumänien, Slowakei, Slowenien, Tschechien und Ungarn). Beabsichtigt sei es, die ausgebauten oder neu geschaffenen Fähigkeiten in die – vom NATO-Befehlshaber für Europa geführte Luftverteidigung des NATO-Gebiets – einzubinden. Mit dem Kauf modernster Technologie versucht Deutschland, dabei an erster und führender Stelle zu stehen. 

    Zu diesem Zweck haben die deutschen Kriegsminister das bodengebundene Luftverteidigungssystems IRIS-T SLM  zuzüglich zugehöriger Lenkflugkörper für insgesamt bis zu 950 Millionen Euro aus Mitteln des Sondervermögens der Bundeswehr in Auftrag gegeben. Die Lieferung der Systeme beginnt  bereits 2024. 

    IRIS-T wird gegen Bedrohungen aus der Luft wie zum Beispiel Drohnen, Flugzeuge, Hubschrauber oder Marschflugkörper eingesetzt. Es kommt bereits jetzt in der Ukraine zum Einsatz, soll zukünftig aber flexibel als Teil der Bundeswehr einsetzbar sein. 

    Die deutsche Geostrategie könnte versucht sein, damit das erfolgreiche israelische Vorgehen in den besetzten palästinensischen Gebieten zu kopieren. Israel setzt dort seine militärische Überlegenheit durch modernes Kriegsgerät zur Eindämmung der Lage vor Ort ein. Damit wird seit langem eine Beherrschung der palästinensischen Gebiete durchgesetzt, die als Ressource, Absatzmarkt und billige Arbeitskräfte ausgebeutet werden. 

    Unter dem Deckmantel der Diplomatie: Deutsche Konzerne greifen nach der Ukraine

    Gerade mit dem Erwerb von Arrow-3 dem Herzstück dieser israelischen Militärstrategie ist ein ähnliches Vorgehen in Osteuropa möglich. Zwar schützt es die Menschen dort vor russischen Raketen, letztlich geht es dem imperialistischen deutschen Staat jedoch ebenfalls vorrangig darum, mit dem Krieg die eigenen Interessen zu schützen. Denn ginge es nach den Kapitalist:innen hier, sollten die Ukraine und die Ukrainer:innen langfristig am liebsten unter deutscher Fuchtel stehen. Wer die größeren Raketen hat, gewinnt.

    • Ahmad Al-Balah ist Perspektive-Autor seit 2022. Er lebt und schreibt von Berlin aus. Dort arbeitet Ahmad bei einer NGO, hier schreibt er zu Antifaschismus, den Hintergründen von Imperialismus und dem Klassenkampf in Deutschland. Ahmad gilt in Berlin als Fußballtalent - über die Kreisliga ging’s jedoch nie hinaus.

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