`
Freitag, November 8, 2024
More

    Die Demonstrationen „Demokratie verteidigen, Faschismus bekämpfen“: Gegen Rechts mit Scholz und Co.?

    Teilen

    In Reaktion auf das geheime Treffen von faschistischen Politiker:innen und Kapitalist:innen, auf dem Abschiebepläne geschmiedet wurden, finden nun zahlreiche Demonstrationen statt. Unter dem Motto „Demokratie verteidigen, Faschismus bekämpfen“ beteiligte sich auch Bundeskanzler Scholz – konsequenter Antifaschismus oder Heuchelei? – Ein Kommentar von Marlon Glaiß

    Gegen die AfD und den Faschismus versammelten sich am Sonntag rund 25.000 Berliner:innen zu einer Großdemonstration am Brandenburger Tor. Zahlreiche Organisationen hatten zu den Protesten aufgerufen, daunter Fridays for Future, Omas gegen Rechts oder die Jusos. Auf Schildern der Demonstrierenden waren Sprüche wie „Bunt statt braun“ und „Stoppt die Brandstifter. Stoppt die AfD“ zu lesen. So schlossen sich auch in Potsdam 10.000 Menschen zusammen, unter ihnen auch Annalena Baerbock (Die Grünen) und Olaf Scholz (SPD). In Potsdam hatte zuvor im November 2023 im Landhaus Adlon ein geheimes Treffen von faschistischen Politiker:innen und Kapitalist:innen stattgefunden, bei dem diskutiert wurde, wie man Deutschland durch „Remigration“ von nichtdeutschen Menschen säubern wolle.

    In anderen Städten sind für die nächsten Tage ebenfalls zahlreiche Veranstaltungen geplant, bisher sind über 15 Demos angemeldet. Womöglich werden sich auch an ihnen wieder Politiker:innen der Ampelregierung oder anderer Parlamentsparteien beteiligen. Doch kann man so glaubwürdig gegen die rechten Hetzer und Strategen kämpfen?

    Ampelregierung: Wirklich so bunt?

    Sich in Zeiten von wachsendem Faschismus, Höchstwerten an prognostizierten Wahlergebnissen für die AfD und medialer und politischer Hetze auf Migrant:innen gegen Rechts zu stellen, ist wichtig und auf den ersten Blick für gut zu befinden. Auf einer Kundgebung in Potsdam taten das neben tausenden Bürger:innen auch Bundeskanzler Olaf Scholz, Außenministerin Annalena Baerbock und weitere Politiker:innen der Ampel. Auf der Plattform „X“ teilte Scholz am Montag folgenden Post: „Wer hier lebt, hier arbeitet und sich zu den Grundwerten unserer Demokratie bekennt, gehört zu uns. Unabhängig von Herkunft oder Hautfarbe. Punkt.“

    „Gemeinsames Europäisches Asylsystem“: Abschaffung der letzten Reste des Rechts auf Asyl

    Noch im September hatten die Parteien von Baerbock und Scholz sowie die FDP, CDU und AfD für eine neue EU-Asylreform gestimmt. Mit dem Gemeinsamen Europäischen Asylsystem (GEAS) können Geflüchtete an EU-Außengrenzen nun bis zu einem halben Jahr in gefängnisähnlichen Zuständen gehalten werden. Familien mit Kindern sind davon nicht ausgeschlossen. Dass die CDU und die AfD für ein solches Gesetz stimmten, dürfte insbesondere nach dem Geheimtreffen, bei dem beide Parteien vertreten waren, wenig überraschen. Über die Zustimmung der „liberalen Ampel“ waren jedoch einige Bürger:innen erschrocken. Dabei ist ein allgemeiner Rechtsruck der Parteien schon länger deutlich zu erkennen.

    Zur künftigen Asylpolitik sagte Scholz im Spiegel: „Wir müssen endlich im großen Stil diejenigen abschieben, die kein Recht haben, in Deutschland zu bleiben“. Letztendlich sind es also die Ampelparteien, die die Forderungen, die die AfD noch vor Jahren erhoben hatte, heute umsetzen. Damit bereiten sie auch gleichzeitig den gesellschaftlichen Nährboden, auf dem die Rechten ihre menschenverachtenden Vorhaben in der Asylpolitik noch weiter radikalisieren können.

    Was wir brauchen: Antifaschismus von unten!

    Aus dem scheinheiligen Antifaschismus gemessen an dem tatsächlichen politischen Tun der Ampel wird eines klar: Im Kampf gegen Rechts können wir uns auf sie nicht verlassen. Zwar geben sich die Regierungsparteien durchweg menschenfreundlich und konsequent gegen rechte Politik. Im nächsten Moment aber beweisen sie, dass sie mit ihrem Image brechen, wenn der Druck des Kapitals zu hoch wird. Annalena Baerbock z.B. stimmte Anfang des Jahres trotz viel Kritik dem Liefern von Kampfjets nach Saudi-Arabien zu.

    Hiervon erwarten sich deutsche beteiligte Unternehmen hohe Profite. Gleichzeitig wird mit diesen Waffen Krieg im Jemen geführt – sowie es auch andernorts schon mit deutschen Waffen geschieht. Die Menschen, die dadurch fliehen müssen, sehen sich dann mit der unmenschlichen Politik der Ampel konfrontiert. Sollte ihnen die Flucht nach Deutschland dann überhaupt noch gelingen, leben sie in einem Klima der rechtlichen Unsicherheit mit immer schärferen Forderungen nach ihrer Abschiebung durch die faschistischen Hetzer von AfD und Co.

    Warum ein AfD-Verbot keine Lösung ist

    Wenn vorgeblich progressive Politiker:innen nach rechts rücken, dürfen wir nicht enttäuscht dabei zusehen. Ein Versprechen gegen eine Politik für das Kapital wird uns von der AfD bis zu den Linken keine Partei geben: Die Frage ist nur, wann der Vorhang fällt.

    Es liegt an uns Arbeiter:innen von jung bis alt, klare Kante gegen Rechts zu zeigen. Dabei müssen wir uns eigenständig zusammenschließen und organisieren. Denn hinter uns stehen im Gegensatz zu den Parteien im Parlament keine Interessen von Unternehmen, für die wir einen Kurswechsel hinlegen müssen. Wir können uns dagegen stark machen, dass man uns und unsere Nachbar:innen, Kolleg:innen und Freund:innen gegeneinander ausspielt, und wir können gemeinsam gegen die Mächtigen in diesem Land kämpfen. Denn sie sind es, die von der Spaltung und Verhetzung profitieren, die sowohl von der Ampel und der CDU/CSU als auch der AfD betrieben werden.

    • Perspektive-Autor seit 2023 aus dem Brandenburger Osten. Schwerpunkte sind Antifaschismus und Repression. Motto: "Menschen die verrückt genug sind, zu denken sie könnten die Welt verändern, sind diejenigen die es auch tun" - Steve Jobs

    Mehr lesen

    Perspektive Online
    direkt auf dein Handy!

    Weitere News