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Montag, April 29, 2024
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    Hessen: Kein Mindestlohn für Inhaftierte

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    Häftlinge sollen in Zukunft mehr Geld für ihre Arbeit in hessischen Gefängnissen verdienen. Mindestlohn soll es allerdings nicht geben, wie das Justizministerium kürzlich entschieden hat. Dieser Beschluss folgte auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Juni 2023, wonach Stundenlöhne von zwei Euro oder weniger für Gefangene verfassungswidrig sind.

    Kein Mindestlohn für Häftlinge. Das hat das Justizministerium Hessen unter Justizminister Roman Poseck (CDU) vergangene Woche bekannt gegeben. Nachdem das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) im Juni 2023 entschieden hatte, dass Gefangene mehr als 2 Euro pro Stunde verdienen müssen, war eine Nachjustierung nötig geworden. Alle Länder, so auch Hessen, müssen die Gefangenenvergütung nun selbst neu regeln, sodass sie den Grundsätzen der Entscheidung des Bundesverfassungsgericht genügen. Die Linkspartei hatte im hessischen Landtag gefordert, dass sich die Gefangenenvergütung am gesetzlichen Mindestlohn orientieren müsse.

    Gefangene in hessischen Gefängnissen bekommen momentan zwischen 1,57 Euro und 2,60 Euro pro Stunde für ihre Arbeit. In Bayern wurden gering qualifizierte Arbeiten bis zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts mit 1,33 Euro pro Stunde vergütet. Bei höher qualifizierten Jobs, beispielsweise in der Schreinerei, lag die Vergütung jedoch ebenfalls nur bei 2,22 Euro pro Stunde. In vielen Gefängnissen gibt es zudem eine Arbeitspflicht, was auch durch das Grundgesetz gedeckt ist: In Artikel 12 ist Zwangsarbeit in Gefängnissen ausdrücklich erlaubt.

    Bundesverfassungsgericht setzt keine Standards für die Vergütung von Gefangenen

    Im Juni hatten zwei Häftlinge, die als Kabel-Zerleger in dem Betrieb eines nordrhein-westfälischen Gefängnisses und in der Druckerei eines bayerischen Gefängnisses arbeiteten, Verfassungsbeschwerde gegen die Höhe ihrer Vergütung erhoben. Das Bundesverfassungsgericht entschied, dass die bisherige durchschnittliche Entlohnung von 1,37 Euro bzw. 2,30 Euro der Inhaftierten mit der Verfassung nicht vereinbar sei. Eine solche Vergütung verstoße gegen das Resozialisierungsgebot aus dem Grundgesetz: So könnten keine Unterhaltszahlungen oder Zahlungen zur Schadenswiedergutmachung geleistet werden, und eine zu geringe Vergütung könnte sich auch negativ auf die Resozialisierung der Gefangenen auswirken. Eine konkrete Vergütung hatten die Richter:innen des Bundesverfassungsgerichts jedoch nicht festgelegt. Auch eine rückwirkende Anpassung der Vergütung wurde ausgeschlossen, um Kosten für die Länder zu vermeiden.

    Obwohl das Urteil des Bundesverfassungsgerichts rechtlich zugunsten der Beschwerdeführer ausging, wurden keine konkreten inhaltlichen Vorgaben zur Vergütung von Gefangenen gemacht hat. Stattdessen stärkte das BVerfG – wie schon in den Urteilen von 1998 und 2002 – den weiten Ermessensspielraum des Gesetzgebers.

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    Justizministerium Hessen: Gefangene nicht mit Arbeitnehmer:innen vergleichbar

    Das Justizministerium Hessens lehnt die Angleichung der Gefangenenvergütung an den gesetzlichen Mindestlohn, der seit Jahresbeginn bei 12,41 Euro liegt, mit folgender Begründung ab: Die Arbeit der Gefangenen in den Justizvollzugsanstalten sei „öffentlich-rechtlicher Natur“. Zudem bestehe „keine Vergleichbarkeit“ mit Arbeitnehmer:innen, denn Gefangene würden Unterkunft, Verpflegung und medizinische Versorgung gestellt bekommen.

    Vor allen Dingen aber würde eine Angleichung der Gefangenenvergütung an den gesetzlichen Mindestlohn nach Schätzungen Mehrkosten „in zumindest niedriger zweistelliger Millionenhöhe” bedeuten.

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