Diesen Samstag spricht der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj auf der Münchener Sicherheitskonferenz. Er führt ebenfalls Gespräche mit Bundeskanzler Olaf Scholz und dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron über weitere Militärhilfen. Die Bundesregierung will zeigen, dass sie es ernst meint mit Militarisierung und Aufrüstung. Doch das Militär schützt nicht die Interessen der Bevölkerung, sondern die des Kapitals. – Ein Kommentar von Jens Ackerhof.
So profitabel Kriege für Rüstungskonzerne sind, so kostspielig sind sie für Regierungen. Das zeigt sich in dem im November verabschiedeten Staatshaushalt der Ukraine. Dieser veranschlagte mit umgerechnet über 40 Milliarden Euro rund die Hälfte des Gesamthaushalts nur für Rüstung.
Diese aus Steuern und Privatisierungen erzielten Gelder reichen trotzdem bei weitem nicht aus, um den Krieg mit Russland um die Kontrolle der Ukraine weiter führen zu können. Daher trifft sich der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erneut mit westlichen Regierungsvertreter:innen. Diesen Freitag finden Treffen mit Bundeskanzler Olaf Scholz in Berlin und mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron in Paris statt.
Zugesagte und erhoffte Militärhilfen aus Frankreich, Deutschland, USA
Es ist bereits bekannt, dass ein bilaterales Sicherheitsabkommen zwischen der Ukraine und Frankreich verabschiedet wird. Auch soll über EU-Beitrittsverhandlungen gesprochen werden. Während es noch keine Details über das Treffen mit Scholz gibt, wird erwartet, dass es auch hier Zusagen für weitere Militärhilfen geben wird. Am Samstag reist Selenskyj dann weiter zur Münchener Sicherheitskonferenz((MSC)), wo er auch Gespräche mit US-Vizepräsidentin Kamala Harris führen wird.
Die finanzielle Unterstützung der USA ist für die Ukraine besonders wichtig, aber auch zunehmend unsicher. Während ein Teil der amerikanischen herrschenden Klasse die Rolle der USA als „Weltpolizei“ und somit die militärische Unterstützung der Ukraine aufrechterhalten will, sieht ein anderer Teil den russischen Imperialismus als ausreichend geschwächt an.
Dieser Teil, in etwa repräsentiert durch die Republikanische Partei, fordert, alle Kräfte auf die imperialistischen Auseinandersetzungen mit China zu konzentrieren. So plant die Republikanische Partei, das vom Senat gebilligte Hilfspaket für die Ukraine im Repräsentantenhaus zu blockieren.
Mehr Geld für Aufrüstung, Forderungen nach Wiedereinführung der Wehrpflicht
Bei allen Geldern, die nun seit knapp zwei Jahren vom westlichen und russischen Imperialismus in den Krieg gepumpt werden, ist ein klarer Sieg einer Seite weiterhin nicht in Sicht. Seit Oktober letzten Jahres haben sich die Fronten kaum verändert.
Der Konflikt ist in eine Art „Zermürbungskrieg“ übergegangen. Zermürbt werden hierbei nicht nur die Zivilist:innen in der Ukraine, sondern auch die Soldat:innen beider Seiten, die für die Interessen des Kapitals an die Front geschickt werden.
Doch auch die deutsche Bevölkerung soll zunehmend bereit dafür gemacht werden, für die geopolitischen Interessen des deutschen Imperialismus in den Krieg zu ziehen. Der deutsche Kriegsminister Boris Pistorius (SPD) betonte dahingehend kürzlich, dass das Aussetzen der Wehrpflicht seiner Meinung nach ein Fehler war. Der Bevölkerung sei nicht mehr bewusst, dass deutsche Soldat:innen „unser Land“ schützen würden. Auch die CDU/CSU und die AfD sprechen sich für eine Wiedereinführung der Wehrpflicht aus.
Und täglich grüßt das Murmeltier: Pistorius offen für Wiedereinführung der Wehrpflicht
Darüber hinaus fordert Pistorius, langfristig höhere Ausgaben für die Bundeswehr im Bundeshaushalt festzusetzen. Dabei erreichen die Militärausgaben Deutschlands schon 2024 die von der NATO vorgeschriebenen 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts – was etwas mehr als 70 Milliarden Euro entspricht. Das Ziel soll, wie Finanzminister Christian Lindner bald festschreiben will, auch bis in die 2030er Jahre eingehalten werden.
Diese „Zeitenwende“ wird größtenteils durch die Steuereinnahmen aus den Löhnen der Arbeiter:innenklasse finanziert. Unser Geld fließt dabei in die Taschen von Rüstungskonzernen wie Rheinmetall und ThyssenKrupp, die durch die Aufträge der Bundesregierung immer mehr Profite erzielen.
Gegen Militarisierung und Kriegspropaganda
Pünktlich zur Münchener Sicherheitskonferenz kann sich die Bundesregierung also als hervorragender Kriegspartner inszenieren. Ganz pflichtbewusst investiert sie immer mehr Steuergelder in Aufrüstung, anstatt in Krankenhäuser, Schulen oder sozialen Wohnungsbau.
Die Propaganda des deutschen Imperialismus ist dabei nicht nur nach außen, sondern auch nach innen gerichtet. Um mehr Menschen für den Krieg zu rekrutieren, führt die Bundeswehr immer wieder aggressive Image-Kampagnen. Auf der Gamescom, der weltweit größten Messe für Computerspiele, versuchte die Bundeswehr 2022 Cyberspezialist:innen, Kampf- und Drohnenpilot:innen mit Slogans wie „Mehr ‚open world’ geht nicht“ anzulocken. Auf Plakaten prangte der Spruch „Was zählt, wenn wir wieder Stärke zeigen müssen?“.
Doch die Stärke, die die Arbeiter:innenklasse tatsächlich zeigen muss, darf nicht dem Kriegswahn gelten. Vielmehr müssen wir Stärke in unserem Widerstand gegen die zunehmende Militarisierung der Gesellschaft zeigen. Denn die Interessen der Arbeiter:innenklasse werden weder durch den deutschen noch den amerikanischen oder russischen Imperialismus vertreten. Ein menschenwürdiges Leben und ein Ende der Kriege können wir nur selbst erkämpfen.