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Freitag, November 8, 2024
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    Wie uns die Sozialpartnerschaft aus IG Metall, SPD und Waffenlobby in den Krieg führt

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    Die größte DGB-Gewerkschaft „IG Metall“ veröffentlichte ein Bittschreiben an die Bundesregierung, in dem sie gemeinsam mit der SPD und der Waffenlobby für den Ausbau der Kriegsindustrie eintritt. Woher kommen solche Positionen bei den DGB-Gewerkschaften? – Ein Kommentar von Phillipp Nazarenko.

    Am 8. Februar veröffentlichte die Industriegewerkschaft Metall (IG Metall) eine Pressemitteilung an die Bundesregierung, in der sie gemeinsam mit der SPD und dem Bundesverband der deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (BDSV) für den Ausbau der Kriegsindustrie eintritt. Die IG Metall ist die größte Einzelgewerkschaft innerhalb des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) und vor allem in den Industriebranchen stark vertreten. Der BDSV ist dagegen einer der wichtigsten Interessensvertreter der deutschen Kapitalist:innen der Rüstungsindustrie. Ein Widerspruch?

    Strategiepapier „Souveränität und Resilienz sichern“

    Die Pressemitteilung basiert auf dem am 9. Februar veröffentlichen Strategiepapier der SPD, IG Metall und des BDSV für eine „zukunftsfähige Sicherheits- und Verteidigungsindustrie“. Darin legen die Organisationen gemeinsam dar, wie die deutsche Kriegspolitik in Zukunft aussehen müsste, um im internationalen Konkurrenzkampf zu überleben.

    Anlass sei die fundamentale Veränderung der geopolitischen Lage seit der russischen Invasion in die Ukraine, die „Europa, die Nato und Deutschland mit seiner Bundeswehr vor neue Aufgaben“ stelle. Die „Wahrung eigenständigen nationalen Handelns“ durch Abschreckung müsse dabei im Fokus stehen.

    Die nationale Sicherheitsstrategie der Bundesregierung wird dabei als Grundlage für das eigene Handeln herangezogen. Für die IG Metall ergibt sich daraus die Notwendigkeit für „ein industriepolitisches Konzept zur Stärkung der SVI und zum Aufbau und zur Entwicklung eigener leistungsfähiger Verteidigungssysteme“ und eine strategische Ausrichtung, die „deutlich über eine Legislaturperiode hinausgeht“.

    Das Bittschreiben der IG-Metall

    Der Titel der Pressemitteilung Verteidigungsindustrie zukunftsfähig machen“ verdeutlicht, was das Bündnis aus Arbeiter:innen-Vertretung und Kapitalist:innen-Vertretung bereits vermuten lässt: einen ‚Burgfrieden‘ zwischen Kapitalist:innen und Arbeiter:innenklasse in Vorbereitung auf möglicherweise anstehende Kriege – eingefädelt mal wieder durch eine DGB-Gewerkschaft und die SPD.

    Diese Sozialpartnerschaft zugunsten von Krieg und Ausbeutung soll „die Leistungsfähigkeit der Industrie“ sichern, sowie ihre „Möglichkeiten zur Entwicklung und Produktion“ steigern.

    Der zweite Vorsitzende der IG Metall, Jürgen Kerner, meint, es brauche „endlich eine wehrtechnische Industriepolitik.“ Die Arbeiter:innen bräuchten daher „Berechenbarkeit und Planungssicherheit (…) in Beschaffung und Produktion, in Wartung und Modernisierung von Systemen.“ Die einheimische Waffenindustrie (und damit einhergehend Arbeitsplätze und Wohlstand) seien gefährdet, weil der deutsche Staat sonst im Ausland einkaufe, statt vor Ort sein Kriegsgerät zu erwerben.

    Was hier von der Führungsriege der größten deutschen Gewerkschaft propagiert wird, ist der vermeintliche Einklang von den Interessen der Arbeiter:innen und der Kapitalist:innen. Ihre Logik: Geht es den Konzernen gut (was es ja durchaus bereits tut), gehe es auch den Arbeiter:innen gut.

    Selbst außerhalb von so offensichtlich menschenfeindlichen Wirtschaftszweigen wie der Kriegswirtschaft geht diese Rechnung nicht auf: Steigende Profite bei den Kapitalist:innen – gleich welcher Industrie und Nation – bedeuten nicht gleichzeitig steigende Löhne oder sich verbessernde Arbeitsbedingungen.

    Eher das Gegenteil scheint der Fall zu sein. Trotz massiv steigender Profite sinken im Durchschnitt die Reallöhne. Damit beweisen die Spitzenfunktionär:innen der IG Metall – währenddessen sie vorgeben, die legitimen Vertreter:innen der beschäftigten Arbeiter:innen zu sein – jedes Jahr aufs Neue, wessen Interessen sie eigentlich vertreten.

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    Die Waffenindustrie – Ein Säule der deutschen Wirtschaftsmacht

    Der BDSV ist die wichtigste Lobbygruppe der deutschen Waffenkonzerne. Obgleich sie es tunlichst vermeiden, von sich als ‚Kriegsindustrie‘ oder von ihren Waren als ‚Waffen‘ zu sprechen. Die Worte „Nachhaltigkeit“ und „Sicherheit“ auf ihrer Homepage ändern nichts an der Realität, dass diejenigen, die ihr Geld mit Waffen und der dafür notwendigen Infrastruktur machen, nun mal von Kriegen profitieren.

    Deutschland als Staat inklusive der darin sitzenden Monopole wird unter den Top 5 der Waffenexporteure weltweit geführt. Konzerne wie Thyssen Krupp, Airbus oder Rheinmetall gehören dabei zu den größten und profitabelsten Unternehmen. In gewisser Weise ist der deutsche Staat also von dem Reichtum abhängig, den die Rüstungsindustrie ins Land holt.

    In diesem Zusammenhang dürfte es Niemanden verwundern, dass diese wirtschaftlichen Schwergewichte aufs Engste mit der Politik verwoben sind. Die höchsten Profite der BRD werden mit dem Export von Waffen an Kriegsparteien wie Israel und Saudi-Arabien gemacht, abgesegnet durch die Bundesregierung.

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    Wie uns die Sozialpartnerschaft zwischen Kapitalist:innen und Arbeiter:innen in den Krieg führt

    Deswegen braucht auch das gemeinsame Auftreten von SPD und BDSV nicht zu überraschen. So ist es doch die Ampelregierung, die in Zeiten der sich global verschärfenden ökonomischen und politischen Konkurrenz eine „Zeitenwende“ ausgerufen hat, mitsamt 100 Milliarden Euro Sondervermögen für die Bundeswehr.

    Damit bilden die drei Regierungsparteien jedoch keine Ausnahme. Auch die Linke, noch mehr die CDU/CSU und insbesondere die AfD scheinen auf Krieg aus zu sein. Mit dem kriselnden Kapitalismus, der auch die deutsche Wirtschaft erfasst hat, treten früher oder später alle bürgerlichen Parteien für einen zunehmend aggressiven und militarisierten deutschen Imperialismus sowie für Repressionen im Landesinneren ein.

    Dass in diesem Fall die Kriegsindustrie, eine Regierungspartei und eine gelbe Industrie-Gewerkschaft zusammenkommen, ist nur eine logische Konsequenz der ‚Sozialpartnerschaft‘ und der laufenden Kriegsvorbereitungen. So lange die IG Metall (und die anderen DGB-Gewerkschaften) noch einen relativen, wenn auch sinkenden Einfluss in der Arbeiter:Innenklasse hat, ist sie ein wertvoller Partner fürs Kapital.

    Eine Gewerkschaft, die aber die Interessen der Ausbeuter:innen vertritt, kann nicht gleichzeitig die Interessen der Arbeiter:innen vertreten, die von ihnen ausgebeutet werden. Dazu brauch es wahrhafte, eigene Gewerkschaften. Das wird uns immer deutlicher vor Augen geführt.

    „Wir“ sollen kriegstüchtig werden? – Nicht mit uns!

    • Sächsischer Perspektiveautor seit 2022 mit slawisch-jüdischem Migrationshintergrund. Geopolitik, deutsche Geschichte und der palästinensische Befreiungskampf Schwerpunkte, der Mops das Lieblingstier.

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