Nachdem im Verlauf der letzten Jahre die Inflation die Kaufkraft der Arbeiter:innen in Deutschland schon erheblich gemindert hat, werden nun auch die Gaspreise wieder teurer. Die gesamte Wirtschaftskrise mitsamt der kapitalistischen Umverteilung von unten nach oben wirkt sich dermaßen auf die Arbeiter:innen aus, dass Proteste und Streiks immer häufiger auf der Tagesordnung stehen.
Die Wiederanhebung der Mehrwertsteuer auf 19 Prozent steht zum 1. April an. Sie wurde im Zuge des russischen Angriffs auf die Ukraine und der damit einhergehenden Energiekrise 2022 auf 7 Prozent gesenkt. Von vornherein war allerdings geplant, sie am 1. April 2024 wieder zu erhöhen. Laut dem Vergleichsportal „Verivox” habe diese Maßnahme eine drei- bis vierköpfige Familie um durchschnittlich 426 Euro jährlich bei den Heizkosten entlastet.
Die Erhöhung wird bei einer ebenso großen Familie nun zu Extrakosten von 220 Euro jährlich und bei der Grundversorgung von 291 Euro pro Jahr sorgen. Die Grundversorgung sei im Vergleich zu den günstigen Gastarifen derzeit „im Schnitt doppelt so teuer“, sagt Thorsten Storck, Energieexperte bei Verivox. Dem Vergleichsportal zufolge wird der durchschnittliche Gaspreis von 9,8 Cent pro Kilowattstunde auf 10,9 Cent ansteigen, was die Heizkosten bei Gas um 11 Prozent steigen lässt.
Wiederanhebung laut bürgerlicher Wirtschaft und Politik vertretbar
Begründet wird diese Lastenerhöhung gegenüber den Arbeiter:innen zum einen mit den zuletzt gesunkenen Gas-Preisen. Laut Kerstin Andreae, Hauptgeschäftsführerin des „Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft”, sei es deshalb nun vertretbar, dieses Entlastungsinstrument auslaufen zu lassen.
Zum anderen hatte u.a. Finanzminister Christian Lindner (FDP) schon zum Jahreswechsel wieder die volle Steuer gefordert, da der deutsche Staat in den letzten drei Monaten 2,1 Milliarden Euro für die Weiterführung der Senkung hinblättern musste, so ein Sprecher des Finanzministeriums.
Gaspreise erneut angezogen – Heizkosten für Arbeiter:innen steigen
Proteste und Streiks halten Schritt
Zuletzt gab es Senkungen der Gaspreise für Neukunden, sodass diese nahezu auf Vorkriegsniveau waren. Das brachte eine leichte Entlastung für die Arbeiter:innen, die jetzt durch die Mehrwertsteuererhöhung wieder gekippt wird.
Die Wiedererhöhung reiht sich ein in die Umverteilungspolitik zu Lasten der arbeitenden Klasse, wie sie von Seiten des Kapitals und seinem Staat spätestens seit Beginn der Wirtschaftskrise 2019 verfolgt wird. Die Reallöhne sind daraufhin in Deutschland seit 2020 unter dem Strich gefallen.
Diese Kombination macht sich im Alltag vieler Arbeiter:innen in den letzten Jahren bemerkbar und facht eine Wiedergeburt des Klassenkampfes von unten an. An viele Orten dieses Landes finden vermehrt Proteste und Streiks statt. Die meisten Arbeitsniederlegungen stehen aktuell unter sozialdemokratischer Führung, beispielsweise durch die DGB-Gewerkschaften. Es macht sich zugleich bemerkbar, dass auf Seiten der Arbeiter:innenklasse eine zunehmende Bereitschaft zum Klassenkampf erwachsen ist.
Zum Frauenkampftag am 8. März protestierten dieses Jahr z.B. hundertausende Arbeiterinnen gegen die kapitalistische Krise, die patriarchale Unterdrückung und die Kriege, welche die Krise mit sich zieht. Die Klassenwidersprüche hatten sich auch in der Urabstimmung der GDL bemerkbar gemacht, in der die Arbeiter:innen sogar bereit waren, in einen unbefristeten Streik zu treten, was von Seiten der sozialdemokratischen Führung jedoch nicht weiter verfolgt wurde.